Wenn man über die alten B-Movie-Recken redet und wie tief diese doch heute gefallen sind, dann kommt die Sprache natürlich auch irgendwann auf Jean-Claude Van Damme. Dabei tut man dem kleinen Belgier meist unrecht. Er wird oft in einem Atemzug genannt mit einem Mann wie Steven Seagal. Dabei hat der sich dank Übergewicht und ewiger Gutmenschenrollen schon lange der Lächerlichkeit preisgegeben, während sich Van Damme immer noch ein wenig Würde bewahrt hat. Auch er hat in den vergangenen Jahren viele schlechte Direct-To-DVD-Action-Gurken abgeliefert, doch einige seiner Filme waren noch ganz ertragbar, manchmal sogar ein wenig mehr. Im Gegensatz zu Leuten wie Seagal oder einem Wesley Snipes (der mittlerweile ganz tief und ausdauernd im osteuropäischen B-Movie-Gewerbe verstrickt ist), achtet er bei seiner Rollenauswahl deutlich mehr auf Glaubwürdigkeit. So kommt es, dass sein neuester Film „Until Death“ fast ein Comeback ist. Mit einem der ganz jungen Drehbuchstars hinter der Feder und gut besetzter Nebenrollen sowie einem Van Damme in einer seinem Alter angepassten Rolle überrascht das Action-Drama und zeigt auf, wie die Zukunft seines Stars aussehen kann: Zwar weiter in Filmen für die Videothek, aber dort auf so einem Niveau, dass man sie sich gerne anschaut, sie auch einem Direct-To-DVD sonst meidenden Publikum empfehlen kann. Nur der ein oder andere Action-Fan dürfte trotz des gelungenen Endprodukts ein wenig enttäuscht sein. Denn aufgrund vieler ruhiger Szenen, knallt es deutlich seltener als üblich.
Anthony Stowe (Jean-Claude Van Damme), ein Drogen-Cop, ist wie besessen von der Jagd auf Gabriel Callaghan (Stephen Rea), seinen Ex-Partner, der längst die Seiten gewechselt hat und in der Unterwelt von New Orleans eine große Nummer ist. Bei seinem Feldzug hat er die eigenen dunklen Flecken in der Vergangenheit vergessen und spielt sich nach außen als der große Vorkämpfer für Sauberkeit in der Polizei auf und schreckt auch nicht davor zurück, einen kurz vor der Pension stehenden Kollegen wegen einer Kleinigkeit ans Messer zu liefern. Doch der einsame Kampf hat aus Stowe ein paranoides Wrack gemacht. „Entspannung“ zwischen der Jagd sucht er in der Vergewaltigung von Prostituierten und im Heroin, welches er bekämpfen sollte, dem er aber verfallen ist. Dann steht er eines Nachts endlich Callaghan gegenüber, doch dieser jagt ihm eine Kugel in den Kopf…
Jean-Claude Van Dammes letzte Kinohauptrollen liegen nun schon lange zurück. Und über diese, in den aus dem Jahr 1999 stammenden Filmen „Universal Soldier – Die Rückkehr“ und „Der Legionär“, möchte man auch lieber den Mantel des Schweigens legen. Der Schritt ins Direct-To-DVD-Geschäft war die logische Folge und für ihn sogar ein Gewinn. Denn Werke wie zum Beispiel Ringo Lams Gefängnisreißer „In Hell“ schafften es wenigstens, auf eine charmant-trashige Art deutlich unterhaltsamer zu sein als viele seiner Kinogurken (man erinnere sich nur mit Grausen an Tiefpunkte à la „Double Team“ oder „Knock Off“). Nun geht er noch einen Schritt weiter. Denn „Until Death“ ist deutlich ernster, weiß aber trotz kleinerer Schwachstellen zu gefallen.
Seinem Alter angemessen spielt Van Damme keinen durch die Luft wirbelnden Kickboxer mehr. Er verzichtet völlig auf diesen Kampfstil, was – wenn man sich die peinlichen Actionszenen des Kollegen Seagal in Erinnerung ruft – schon ein erster Pluspunkt ist. Zusätzlich beschert das Drehbuch seinem Charakter sehr viele ruhigere, nachdenkliche und auch emotionale Szenen, in welchen schauspielerisches Talent gefragt ist. Entgegen einiger möglicher Erwartungen schafft Van Damme es, diese zu meistern, auch wenn er natürlich nach wie vor kein guter Schauspieler ist. Trotzdem gewinnt er den unterschiedlichen Facetten seiner Figur, die erst ein erbärmliches seelisches, später körperliches, Wrack ist, ungemein viel ab. Mit der V wie Vendetta-Darstellerin Selina Giles (als Ehefrau von Van Dammes Charakter) sowie vor allem dem perfekt in die Bösewichtrolle passenden Stephen Rea (The Crying Game, Stuck) hat der Cast einige Mimen von überdurchschnittlicher Qualität zu bieten.
Das Drehbuch befolgt im Wesentlichen zwar die Genreregeln, ist aber abgesehen von dem arg martialischen Showdown (allerdings mit einer schön überspitzten Version des „Mexican Standoffs“ aufwartend) überzeugend und ausgewogen in seiner Erzählweise und Charakterzeichnung. Es erweist sich hier als Glücksfall, dass neben dem bisher nicht positiv auffällig gewordenen James Portolese auch Drehbuch-Jungstar Dan Harris verpflichtet wurde. Der hat bei den großen Comicblockbustern X-Men 2 und Superman Returns sowie seiner eigenen Regiearbeit Imaginary Heroes bereits sein Talent gezeigt und erweist sich als seltene Bereicherung für eine B-Produktion. Da überrascht dann sogar Simon Fellows. Der fest im osteuropäischen Direct-To-DVD-Markt etablierte Regisseur (u.a. „Second In Command“ mit Van Damme, und „7 Seconds“ mit Wesley Snipes) fängt einige sehr stimmungsvolle Bilder ein. Vor allem der Verbrechenszug von Callaghan, erzählt in Collagen aus Zeitungsausschnitten, Schwarz-Weiß-Bildern und einigen wenigen Farbtupfern, überzeugt visuell. Auch die emotionalen Szenen funktionieren dank den klug gewählten, langsamen Kamerafahrten.
„Until Death“ könnte am Schluss nur vor einem Problem stehen. Die Hardcore-Fans des Belgiers, welche die alten Action-Gurken als Meisterwerke ansehen, könnten genauso wie der gemeine Actionvielseher, der sich schon Wochen vorher auf jedes neue Genre-Videothekenwerk freut, eine kleine Enttäuschung erleben. Denn auch wenn es einige, sehr blutige Shootouts gibt, steht dieser Part merklich im Hintergrund. „Until Death“ bietet zwar routinierte Action, doch vordergründig bekommt man ein Cop-Drama serviert. Dessen sollte man sich bewusst sein, dann wird man seinen Spaß mit dem besten Van Damme seit sehr langer Zeit haben.