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    Eternals
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Eternals

    Die MCU-Formel stößt an ihre Grenzen

    Von Julius Vietzen

    Fast alle Filme des Marvel Cinematic Universe (MCU) haben bislang davon profitiert, dass sie in den Kontext einer größeren Erzählung eingebettet waren. Das beste, aber längst nicht einzige Beispiel dafür ist die Portal-Szene am Ende von „Avengers: Endgame“, in dem plötzlich alle möglichen weiteren Superhelden und -heldinnen auftauchen, um den Kern-Avengers im Kampf gegen Thanos beizustehen. Das wäre längst kein derartiger Gänsehautmoment geworden, wenn zuvor nicht 21 andere MCU-Filme erschienen wären, die all diese Figuren überhaupt erst vorstellen und dem Finale so ein ganz anderes Gewicht verleihen. Bei „Eternals“ erweist sich die Einbettung in den größeren Marvel-Kosmos hingegen in vielen Momenten eher als Ballast.

    Mit dem nun insgesamt 26. Film der Reihe stößt die oft bewährte MCU-Formel nun nämlich an ihre Grenzen. Die frisch mit zwei Oscars für „Nomadland“ ausgezeichnete Regisseurin und Co-Drehbuchautorin Chloé Zhao erzählt hier zwar eine berührende, epische und hervorragend inszenierte Superhelden-Geschichte über Liebe, Verrat und nicht weniger als den Kern der Menschlichkeit. Aber wann immer das 7.000 Jahre umspannende Comic-Epos „Eternals“ auch ein MCU-Film sein soll, bremst das die Handlung nur unnötig aus und droht sie stellenweise sogar ganz entgleisen zu lassen. Ohne dieses ganze Drumherum wäre „Eternals“ sicherlich der noch rundere Film geworden.

    Die Eternals treffen auf der Erde ein.

    Im Jahr 5.000 vor Christus treffen die Eternals auf der Erde ein. Die Aufgabe der gottgleiche Wesen vom Planet Olympia: Sie sollen die hilflosen Menschen vor der raubtierhaften Alien-Rasse der Deviants beschützen. Einige Hundert Jahre, nachdem Ajak (Salma Hayek), Druig (Barry Keoghan), Gilgamesh (Don Lee), Ikaris (Richard Madden), Kingo (Kumail Nanjiani), Makkari (Lauren Ridloff), Phastos (Brian Tyree Henry), Sersi (Gemma Chan), Sprite (Lia McHugh) und Thena (Angelina Jolie) ihre Widersacher endlich besiegt haben, tauchen in der Gegenwart auf einmal doch wieder Deviants auf. Haben die mysteriösen Erdbeben etwas damit zu tun, die zur selben Zeit überall auf der Erde aufgetreten sind?

    Chloé Zhao beweist in „Eternals“ immer wieder, dass sie berührende Momente und packende Actionszenen inszenieren kann, selbst wenn die (vielen neuen) Figuren dem Publikum nicht schon über viele Jahre und mehrere Filme hinweg ans Herz gewachsen sind. Allerdings beißt sich ihr sphärischer Stil mit der üblichen MCU-Formel, die nun mal humorvolle Kabelleien und die Einbindung in eine übergeordnete, zusammenhängende Handlung vorsieht. Selten hat es sich so erzwungen und einfach falsch angefühlt, wenn die Helden und Heldinnen auch in ärgster Not oder größter Trauer noch Witze reißen oder neben der episch angelegten Handlung mit allerlei Anspielungen zugleich auch schon die nächsten MCU-Filme und -Serien vorbereitet werden.

    Das MCU-Problem von "Eternals"

    Die an mehreren Stellen eingestreuten Hinweise auf die Zukunft sind dabei noch das geringere Problem, auch wenn Zhao in „Eternals“ eine vom restlichen MCU (noch?) sehr losgelöste Geschichte erzählt, die genauso gut (beziehungsweise sogar noch besser) für sich stehen könnte. Die den Menschen zugewandte Eternal Sersi etwa führt eine Beziehung mit Dane Whitman (Kit Harington). Wer die Marvel-Comics kennt (oder die Berichterstattung bei FILMSTARTS verfolgt hat), weiß natürlich sofort, dass sich hinter diesem Namen noch mehr verbirgt – aber in „Eternals“ wird eben nur die mühevolle Vorarbeit geleistet, während es die Auflösung dann vielleicht in ein paar Jahren woanders gibt. Das ist im MCU nicht neu, stört hier aber besonders, weil die kleinen Easter Eggs nicht zur epischen Größe der Erzählung passen – und sich der Film mit einer Laufzeit von 157 Minuten auch so mitunter schon etwas hinzieht.

    Noch irritierender fallen allerdings die Versuche aus, „Eternals“ den typischen MCU-Humor zu injizieren. Ein eher müder Running Gag im Film dreht sich etwa um die süchtig machende Wirkung von Smartphones und sozialen Medien, der sich auch einige Eternals nicht entziehen können. Das ist weder besonders einfallsreich noch besonders witzig. Auch dass der Bollywood-Star-Eternal Kingo fast den ganzen Film über von seinem persönlichen Kammerdiener und Kameramann begleitet wird, ist ein sehr offensichtlicher Versuch, den im Kern vor allem tragischen Film irgendwie lustiger zu machen. Aber die Figur Karun (Harish Patel) trägt nicht nur nichts zu „Eternals“ bei, sie bremst die Handlung aber immer wieder aus und schmälert die tragische Wucht, wenn die Eternals wiederholt vor kaum auszuhaltende moralische Dilemmata gestellt werden.

    Zum Glück auch ein typischer Chloé Zhao

    Immer dann, wenn sich Zhao von den Zwängen eines MCU-Blockbusters frei machen kann, ist „Eternals“ hingegen ein wirklich starker Superheldenfilm – im Kleinen wie im Großen. Bereits im Vorfeld haben etwa MCU-Mastermind Kevin Feige oder Ayak-Darstellerin Salma Hayek betont, dass Zhao bei „Eternals“ ihre im Arthouse-Fach erprobte Arbeitsweise übernehmen durfte und viel mit einer relativ kleinen Crew an realen Drehorten und bei natürlichem Licht gedreht habe (anstatt vor Greenscreen im Studio).

    Das merkt man „Eternals“ auch an: Wenn sich die Eternals gleich zu Beginn des Films erstmals auf der Erde mit den Deviants messen, geschieht das vor der beeindruckenden Kulisse einer Küste mit steil aufragenden Klippen und schäumenden Wellen, die vom Licht der aufgehenden Sonne beschienen werden. Würden sich hier nicht gottgleiche Superheld*innen mit den monströsen Deviants prügeln, könnten diese atemberaubenden Bilder auch aus Zhaos vorherigen Filmen „Nomadland“ oder „The Rider“ stammen.

    Manche Einstellungen in "Eternals" könnten auch aus Chloé Zhaos "The Rider" stammen.

    Wenn es bei einem späteren Kampf zu einem überraschenden Tod kommt, sind Zhao und ihr MCU-erfahrener Kameramann Ben Davis (u.a. „Captain Marvel“) mit der Handkamera ganz nah dran am Geschehen: Sie fangen die Emotionen in den Gesichtern der Darstellerin*innen in Großaufnahmen ein – und es genügen nur wenige Minuten Leinwandzeit und eine Handvoll kleiner, zärtlicher Momente, um das ganze emotionale Ausmaß der Entscheidung zu begreifen, wenn der Tüftler-Eternal Phastos seinen menschlichen Ehemann und den gemeinsamen Sohn zurücklässt, um mit den anderen Eternals die Welt zu retten.

    Zehn Eternals plus eine Handvoll wichtiger Nebenfiguren in einem einzigen Film zu etablieren und auszuarbeiten, ist natürlich eine Mammutaufgabe. Aber Zhao, ihr Cast und ihre Co-Drehbuchautoren zeigen sich dieser Herausforderung über weite Strecken mehr als gewachsen. Selten hat man bei einem Superheldenfilm so unmittelbar die Trauer und den Schmerz der Figuren gespürt.

    Starke Action

    Dass Zhao sich auf solche zutiefst menschlichen Momente versteht, sollte angesichts ihrer bisherigen Filmographie niemanden überraschen. Aber sie stellt in „Eternals“ auch ihr Händchen für Actionszenen unter Beweis, die teilweise erstaunlich rabiat geworden sind, wenn Köpfe explodieren und Körper durchbohrt werden. Besonders Superman-Eternal Ikaris erweist sich hier als großer Trumpf: Zhao lässt das Publikum immer wieder mit ihm durch die Luft fliegen, während er Deviants durch die Gegend prügelt und mit seinen Laseraugen in Stücke schneidet. Das erinnert fast schon an „Man Of Steel“, nur ohne die Häuserschluchten von Metropolis.

    Der Eternal Ikaris (Richard Madden) erinnert mehr als ein bisschen an Superman.

    Gleichzeitig bereichern Zhao und ihr Team das Genre des Superheldenfilms auch hinsichtlich der Dramaturgie – und hier schließt sich der Kreis zum MCU: „Black Widow“ lebte vom tollen Cast und dem Humor, spulte abgesehen davon aber eine relativ routinierte Story ab. Und auch im direkten MCU-Vorgänger „Shang-Chi And The Legend Of The Ten Rings“ war irgendwann klar, wohin die Reise geht – und das Finale verkam dann sogar zu einer einer zwar gigantischen, aber wenig begeisternden CGI-Orgie.

    In „Eternals“ macht sich Zhao hingegen frei von solchen erprobten Abläufen. Sie unterläuft immer wieder geschickt die Erwartungen, die Handlung schlägt mehrere Wendungen und am Schluss steht – so viel sei verraten – ein Finale, das sich angenehm von typischen MCU-Showdowns wie in „Shang-Chi“ oder „Black Widow“ abhebt. Viel frischer Wind im MCU also eigentlich – noch erfrischender wäre es nur ohne den aufgesetzten Humor und die erzwungen Easter Eggs gewesen.

    Fazit: In Chloé Zhaos Blockbuster-Debüt „Eternals“ steckt ein starker Superheldenfilm, dem das Bedienen des üblichen MCU-Schemas aber mehr schadet als hilft.

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