Jeder kennt sie, diese Tage, an denen plötzlich alles möglich scheint. Auf einmal weiß man genau, was man will und wie man es erreichen könnte. In „Ohne Limit" ist eben jenes Hochgefühl in einer Wunderpille konzentriert und kann jederzeit abgerufen werden. Das in der Regel nur zu einem Bruchteil ausgelastete Gehirn arbeitet nach der Einnahme mit voller Leistung und eröffnet ungeahnte psychische und physische Höhenflüge. Diese Ausgangslage nutzt Regisseur Neil Burger („The Illusionist", „The Lucky Ones") nicht für eine fundierte Auseinandersetzung mit den vage dystopischen Motiven, sondern als Steilvorlage für einen rasanten und kurzweiligen Thriller, dessen thematischer Unterbau zuweilen arg marode scheint. Als stets unterhaltsamer, bisweilen hyperaktiver Kinohit taugt „Ohne Limit" trotzdem.
Seit einer halben Ewigkeit arbeitet Eddie (Bradley Cooper) erfolglos an seinem ersten Roman. Kurz nachdem ihn seine Freundin Lindy (Abbie Cornish) verlassen hat, trifft er zufällig auf seinen ehemaligen Schwager Vernon (Johnny Whitworth). Der überreicht Eddie eine Kostprobe des experimentellen Medikaments NZT, das jedes Gehirn in wenigen Augenblicken auf Hochtouren laufen lässt: Jede noch so kleine Information und Erinnerung kann verlustfrei abgerufen werden. In der Tat ist Eddie schnell von der Wirkung der Pille überzeugt und ordert Nachschub. Als Vernon in seinem Apartment erschossen wird, beeinflusst das Eddies Höhenflug zunächst nicht: Innerhalb von vier Tagen stellt er seinen Roman fertig, lernt rasend schnell verschiedene Fremdsprachen und betätigt überaus erfolgreiche Finanzgeschäfte. Doch dauert es nicht lange, bis sich die ersten Nebenwirkungen bemerkbar machen...
Die berauschende Wirkung der Droge NZT vermittelt Regisseur Neil Burger vor allem via MTV-Clip-Ästhetik. Sobald Eddie eine der Pillen schluckt, weichen die trist-ausgeblichenen Alltagsbilder einer farbig-hellen Optik, die Eddies ekstatischen Enthusiasmus verbildlicht: So leuchten seine Augen, die normalerweise gerötet und übernächtigt aussehen, dann in strahlendem Blau. Mit schnellen Schnitten und treibender Musik wird die Visualisierung der Rauscherfahrung intensiviert – und mit rasanten Kamerafahrten durch New Yorks Straßenschluchten auf einen Höhepunkt getrieben, der an Google-Street-View-Bilder erinnert. Rein ästhetisch ist „Ohne Limit" ein packender Lifestyle-Thriller, in dem – der Wirkung des NZT entsprechend – oft mehrere Dinge gleichzeitig passieren. Leider vergisst Neil Burger eine tiefergehende Auseinandersetzung mit seinem Protagonisten und verschenkt damit Potential. In unabhängigen Handlungssträngen heften sich gleich mehrere Bad Guys an Eddies Fersen und lenken das Augenmerk auf eine Verschwörung, die lange im Unklaren bleibt und schließlich eine verdächtig beiläufige Auflösung erfährt. Dramaturgisch ungelenk erscheint auch eine Wendung im letzten Drittel, die den Fortgang der Ereignisse noch einmal verlängert. Symptomatisch für die mangelnde Tiefe des Films ist der Umstand, dass zentrale Fragen jederzeit vom Thriller-Plot überlagert werden und letztlich unter den Tisch fallen: Welche Auswirkungen hat der NZT-Konsum auf Eddies Selbstverständnis? Was passiert, wenn ihm der Nachschub an Pillen ausgeht? Diese und andere Fragen wirft Drehbuch-Autor Leslie Dixon zwar auf, zeigt aber kein großes Interesse für deren Beantwortung.
Ein Glücksfall ist derweil die Besetzung des Newcomers Bradley Cooper, der in der Erfolgskomödie „Hangover" nachhaltig auf sich aufmerksam machte. Cooper ist der absolute Fixpunkt des Thrillers, hält die verschiedenen Erzählstränge mit seiner Präsenz zusammen und überzeugt in seiner „Doppelrolle" als motivationsloser Slacker und tatkräftiger Macher. Cooper besteht sogar neben Schauspiel-Legende Robert De Niro, der in einer größeren Nebenrolle als Finanzmogul Carl Van Loon auftritt. Auch die übrige Besetzung agiert überzeugend: Tomas Arana („The Roommate") und Andrew Howard („Revolver") verleihen ihren dürftig charakterisierten Figuren Persönlichkeit – Abbie Cornish hat als Eddies Ex-Freundin zwar wenige, dafür aber markante Auftritte.
Mit „Ohne Limit" legt Neil Burger einen schnellen Thriller vor, der zwar nie stagniert, thematisch aber arg oberflächlich geraten ist. Die Inszenierung ist voll und ganz darauf ausgerichtet, die Wirkung der Wunderdroge filmisch auszugestalten. Dabei entwirft Neil Burger Szenen, die interessante visuelle Tricks und spannende Unterhaltung bieten. Durch die Konzentration auf Schauwerte übergehen Regisseur Burger und Autor Dixon jedoch die faszinierenden Implikationen ihrer Geschichte – ein ambitionierterer Filmemacher hätte „Ohne Limit" philosophische Aspekte abringen können. Dennoch, als cineastischer Rausch funktioniert der leicht zerfahrene Zeitgeist-Thriller bestens.