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    Susos Turm
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Susos Turm
    Von Martin Thoma

    Der Turm steht hier nicht nur im Titel, sondern sowohl im konkreten als auch im übertragenen Sinne im Zentrum des Films. Der Gedanke dahinter ist überdeutlich: Es geht darum, dass der Blick von einem höheren Standpunkt neue Perspektiven eröffnet. Debütregisseur Tom Fernández hat die pädagogische Botschaft seines eigenen Films leider selbst auf ziemlich zweifelhafte Weise beherzigt, denn er betrachtet die Protagonisten der Komödie vor allem von oben herab. Der wahrlich nicht originelle Plot von „Susos Turm“ ist viel zu schematisch auf die vermeintliche Läuterung seiner Figuren zu lebendigeren, besseren Menschen hin angelegt. Fernández wagt an keiner Stelle einen etwas freieren Umgang oder gar ein Spiel mit den Konventionen, die das „Genre“ tragikomische Arthouse-Komödie mit sich bringt. Stattdessen erfüllt er brav jedes seiner Klischees im Übermaß, was das Vergnügen an diesem rein handwerklich überraschend guten Film spürbar mindert.

    Suso ist tot, aber seine vier besten Kumpels, mit denen er große Teile seiner Jugend im gemeinsamen Alkohol- und Drogenrausch verbrachte, leben noch. Der Verstorbene hat seinen Weggefährten von einst ein schwieriges Vermächtnis hinterlassen: Gemeinsam sollen Fernando (Gonzalo de Castro), Mote (César Vea, Pans Labyrinth), Pablo (José Luis Alcobendas) und Cundo (Javier Cámara, Sprich mit ihr, Das geheime Leben der Worte) auf Susos ehemaligem Grundstück einen Turm errichten, um „die Dinge einmal von oben zu betrachten“. Merklich älter geworden sind die Freunde, erwachsener dagegen kaum. Drei von ihnen wohnen noch immer im selben trostlosen Ort im Kohlerevier in Asturien. Nur Cundo hat es nach Argentinien zu Ehe, Vaterschaft und erfolgreicher Leitung mehrerer Pizzerien gebracht – das behauptet er wenigstens. Tatsächlich ist er auf der Flucht vor seiner Vergangenheit. Doch zu Susos Beerdigung kehrt er in seinen Heimatort zurück und beginnt sich ihr zu stellen.

    Regisseur und Autor Fernández stellt die erstarrten, fast schon toten Beziehungen zwischen den Protagonisten und ihre Probleme in einen weiteren Zusammenhang, als prägenden Hintergrund skizziert er das perspektivlose Leben im Kohlerevier. Depression in der Bar und im Bordell, lebensgefährliche Arbeit, mieser Umgang mit Gastarbeitern – das sind die angedeuteten Themen, die die Folie bilden, vor der die Handlungen der Figuren zu verstehen sind. Das Setting ist durchaus glaubwürdig, es wäre aber übertrieben, dem Film atmosphärische Dichte nachzusagen. Das liegt auch an dem nichtssagenden Soundtrack, der sich gelegentlich unangenehm in den Vordergrund schiebt.

    Auch die Zeichnung der Charaktere ist nicht gerade überkomplex geraten. Die klaren Gegensätze zwischen den schlicht gehaltenen Figuren treiben die Handlung voran. Cundos bester Freund Fernando ist der Vernünftige, hat aber ein Problem mit Frauen. Ausgerechnet mit einer Ex-Freundin von Cundo führt er eine unglückliche Beziehung und wartet seit der Rückkehr des besten Freundes nur darauf, dass ihn die beiden betrügen werden. Mote ist der ungehobelte Mistkerl, der immer gleich auf den Tisch haut, Pablo (José Luis Alcobendas) dagegen der Sensible, der alles in sich reinfrisst. Auch Cundos Eltern kommen kaum über den Status von Stereotypen hinaus: Die Mutter ist in der Küche verbittert, der Vater in Kneipe und Puff abgestumpft.

    Und schließlich ist da Marta (Malena Alterio), eine Frau, die seitdem sie von Cundo entjungfert wurde, überzeugt davon ist, dass sie beide füreinander bestimmt sind, obwohl dieses Ereignis viele Jahre zurückliegt und sich der Rückkehrer allein schon wegen seines Alkoholkonsums an nichts mehr erinnern kann. Martas hervorstechende Eigenschaft ist die Beharrlichkeit, und die zeigt schließlich Wirkung. So wird am Beispiel von Cundo, der zentralen Figur, ein erbaulich-lehrreiches Programm abgespult: Ein Mann, der sein Leben ändern will, der aber letztlich immer nur geflohen ist, lernt sich zu stellen und kann sich so erst weiterentwickeln. Darüber hinaus baut er sehr schön symbolisch etwas auf, das ihm neue Perspektiven eröffnen wird.

    Die konzeptlastige Erzählung wird immer wieder durch das humorvolle Ausspielen der Macken ihrer Figuren aufgelockert. Da es Fernández gelungen ist, einen sehr passenden Cast zusammenzubekommen, funktioniert das durchaus. Aus dem durch die Bank guten Ensemble ragen neben Javier Cámara, der Cundo mit brüchiger Coolness spielt, noch Malena Alterio als leicht abgedrehte und zugleich strahlende Marta sowie Mariana Cordero als Mutter des Protagonisten, deren Energie sich in Bitterkeit verwandelt hat, heraus.

    Insgesamt bietet „Susos Turm“ kaum Bemerkenswertes, allerdings macht Fernández innerhalb des gewählten engen Rahmens auch wenig grobe Fehler. „Susos Turm“ unterhält trotz ernster Themen auf leichte Weise und wirkt trotz seiner schematischen Anlage fast nie verkrampft oder angestrengt. Nur im recht zuckrigen Happy-End sind alle Beziehungsprobleme so schön sauber aufgelöst, dass man fast glaubt, den Schweiß des Drehbuchschreibers riechen zu können.

    Fazit: Tom Fernández hat mit seinem Spielfilmdebüt „Susos Turm“ unter Beweis gestellt, dass er ein guter Handwerker ist. Den Nachweis eigener Ideen bleibt er noch schuldig.

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