Ein reiches It-Girl verliebt sich in einen Nerd mit leeren Taschen – das ist nun wirklich keine neue RomCom-Prämisse. Matt Aselton wählt für sein Regiedebüt „Gigantisch" dennoch nicht den Pfad abgedroschener Klischees und längst vertrauter Handlungsdreher. Seine unkonventionell erzählte Liebesgeschichte ist mit so vielen skurrilen Figuren und abgedrehten Subplots ausstaffiert, dass es gleich für eine Handvoll Indie-Streifen gereicht hätte. Im Gegensatz zu einem ähnlich gelagerten Erfolgsfilm wie „(500) Days of Summer" fehlt es derweil an narrativer Stringenz und stimmigen Figuren.
Brian Weathersby (Paul Dano) verdient seinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf von exklusiven Betten. Seine Leidenschaft gilt jedoch der Adoption eines chinesischen Babys. Da der 28-jährige Single aus dem Raster für die komplizierte Bewilligung fällt, muss er sich mit einem Platz auf der schier endlosen Warteliste begnügen. Dann wird er auch noch von einem Obdachlosen (Zach Galifianakis) überfallen und verprügelt. Immerhin, an den Geschäftsmann Al Lolly (John Goodman) wird Brian sein teuerstes Gestell los. Besser noch: Lollys hübsche Tochter Harriet (Zooey Deschanel), genannt „Happy", soll die 14.000 Dollar teure Luxus-Schlafstätte für ihren Vater abholen. Auf Anhieb schwimmen Brian und Happy auf einer Wellenlinie - die beiden völlig verschiedenen Menschen stürzen sich Hals über Kopf in eine Affäre. Ihre fragile Beziehung wird allerdings auf eine harte Probe gestellt, als Brian seinen Adoptionsantrag bewilligt bekommt...
Fast zwei Jahre nach dem US-Start kommt „Gigantisch" jetzt in Deutschland; trotz einer veritablen Starriege und einer massentauglichen Prämisse allerdings nur auf DVD – und das nicht ohne Grund. „Gigantisch" zeigt, dass gute Ideen noch keinen guten Film machen. Regisseur Matt Aselton verzettelt sich in Zustandsbeschreibungen zweier wenig glaubwürdiger Milieus. Zum einen ist da die Lebenswelt von Brian, ein träger junger Mann ohne Eigenschaften, der im Sitzen fast einzuschlafen droht. Der Vater könnte sein Urgroßvater sein, die älteren Brüder sind grenzdebile Sprücheklopfer, die gerne in der Wildnis jagen und sich an eingekochten Pilzen berauschen. Diese überzeichnete „Naturburschenwelt" kontert Aselton mit „Happys" Designer-Großstadtkosmos. In aseptischen weißen Räumen schwätzt man Belanglosigkeiten, wirklich Arbeiten tut hier kaum einer mehr.
Einen Zugang zu diesen überzeichneten Lebensentwürfen stellt Aselton nie her. Das betrifft auch das Herz des Films, die Liebesgeschichte. Da können Dano und Deschanel noch so souverän auftreten, ein noch so leises Funkensprühen zwischen ihren antagonistischen Figuren lässt sich nicht ausmachen. Pluspunkte fährt „Gigantisch" über nette Running Gags – Zach Galifianakis Brutalo-Penner scheint omnipräsent zu sein – und den starken Cast ein. Das Hauptdarstellerduo spielt routiniert: Paul Dano variiert den unverstandenen Träumer aus „Little Miss Sunshine", Zooey Deschanel die undurchschaubare Unerreichbare aus „(500) Days of Summer". Herausragend ist dagegen John Goodman. Das Schauspiel-Schwergewicht überzieht seine Vaterfigur derart, dass es eine wahre Freude ist. Herrlich sind die Bösartigkeiten, die er vom Kofferraum seines Vans aus absondert. Auch Brian Avers als Forscherkumpel Larry hat witzige Auftritte, besonders wenn er sich chemische „Energy-Cocktails" mixt.
Die dramaturgisch ziellose Bombardierung mit schrägen Szenen und abstrusen Dialogen lässt derweil den Verdacht aufkommen, Matt Aselton hätte darüber längst vergessen, was er eigentlich erzählen wollte. Weder die Endzwanziger-Sinnkrise seines Protagonisten, noch die Sehnsüchte steinreicher Großstädter werden hier vertieft, obwohl die Handlung eine Steilvorlage für ernstere Untertöne bietet. Wenigstens einen hippen Indie-Pop-Soundtrack versagt sich der Regisseur, obwohl die Filmmusik phasenweise dennoch an „Little Miss Sunshine" erinnert. In seinem Regie-Debüt berauscht sich Matt Aseltons an den eigenen schrägen Einfällen, ohne eine sonderlich glaubwürdige oder ergreifende Geschichte zu erzählen. Nur die prominenten Darsteller, allen voran der spielfreudige John Goodman, bewahren „Gigantisch" vor dem völligen Absturz in die Belanglosigkeit.