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    A Perfect Getaway
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    A Perfect Getaway
    Von Björn Becher

    Drei Pärchen touren durch die wunderschöne, beinahe menschenleere Landschaft Hawaiis. Doch eines von ihnen streift mordend durch die Lande. Eigentlich eine perfekte Ausgangssituation für einen aufreibenden Psycho-Thriller. Doch Autor und Regisseur David Twohy (Pitch Black, Below - Da unten hört dich niemand schreien, Riddick) weiß mit dieser Idee rein gar nichts anzufangen. 90 Prozent der Laufzeit ist „A Perfect Getaway“ ein einfach nur langweiliger, viel zu berechenbarer Twist-Thriller. Dass Twohy zwischendrin immer mal wieder mit dem Medium Film spielt, geschickt Fäden zur übrigen Filmwelt spinnt und sich am Ende gar kurzzeitig als Funsplatter austobt, hilft da nur noch bedingt.

    Cliff (Steve Zahn) und Cydney (Milla Jovovich) befinden sich auf Hochzeitsreise. Die langweiligen Großstadtbewohner wollen endlich einmal etwas erleben und reisen in ihren Flitterwochen deshalb durch die hawaiianische Wildnis. Allerdings wird der Trip gleich zu Beginn von einem grausamen Ereignis überschattet. Zwei andere Honeymooner wurden von einem Killerpärchen umgebracht. Da laufen Cliff und Cydney dem bedrohlichen Kale (Chris Hemsworth) und seiner flippigen Freundin Cleo (Marley Shelton) über den Weg. Zum Glück tauchen gerade rechtzeitig auch noch der stämmige Nick (Timothy Olyphant) und seine nette Freundin Gina (Kiele Sanchez) auf. Cliff und Cyndey beschließen, von nun an gemeinsam mit den beiden lebenslustigen Abenteurern zu reisen. Doch nach und nach reift in Cliff ein Verdacht, dass vielleicht der Messer schwingende Elitesoldat Nick und die schöne Gina die Killer sein könnten…

    Alfred Hitchcocks Die rote Lola ist vor allem aus einem Grund bekannt. Der Meister des Suspense belog sein Publikum und zwar auf ganz perfide Weise. Er signalisiert dem Zuschauer in den ersten Minuten durch einen Off-Kommentar eine subjektive Perspektive, die dann aber - deutlich bemerkbar - in eine objektive Sicht überzuwechseln schien. In Wahrheit und vom Zuschauer nicht erkennbar ist die ganze Szene aber weiterhin subjektiv erzählt - und entpuppt sich schlussendlich als Lüge. Hitchcock hat diese Maßnahme später bereut, ungemein wirkungsvoll ist sie trotzdem. David Twohy wandelt zwar nicht direkt auf Hitchcocks Spuren, aber auch „A Perfect Getaway“ beginnt mit subjektiven Einstellungen, nämlich den Aufnahmen einer privaten Handkamera. Mit einem Schockmoment wechselt er dann vom Zusammenschnitt eines Hochzeitsvideos sowie Cliffs und Cydneys ersten Erlebnissen auf Hawaii in eine objektive Kameraperspektive, die von nun an die Frischvermählten bei ihrer Wanderung begleitet. Twohy belügt den Zuschauer nicht über die Perspektive, sondern über den Inhalt der Videobänder. Das ist vom Ansatz ähnlich problematisch wie bei Hitchcock. Doch auch wenn man von Hitchcocks Lüge halten kann, was man will, so ist sie doch auf jeden Fall schwer zu entlarven. Twohy schwindelt dagegen so plump, dass nach rund einer Viertelstunde der Twist so offensichtlich vor einem liegt, dass „A Perfect Getaway“ damit eigentlich schon ein Stück weit verloren hat.

    Mitunter wirkt es so, als sei dem Regisseur das Risiko seines Aufgeflogenseins durchaus bewusst. Dann kommt es nämlich zu Momenten, in denen Twohy sein Schema F aufbricht. Cliff ist etwa ein Drehbuchautor, der gerade sein erstes Skript verkauft hat und nun darunter leidet, dass dieses gerade überarbeitet (sprich: umgeschrieben) wird. So wird ein Bezug zum Filmschaffen hergestellt, der auch später immer wieder aufgegriffen wird. Ein Großteil der Dialoge dreht sich um Filme, immer wieder erinnert Twohys Thriller das Publikum an seine eigene Herkunft. Cliffs Gegenüber Nick ist hingegen eine Figur, die auch direkt aus einem Film stammen könnte. Ein breitschultriger Elitesoldat à la John Rambo, der scheinbar alles kann und sogar bei der Erstürmung von Saddam Husseins Palast vorne weg gerannt ist. Nun soll Cliff aus Nicks Geschichte ein Drehbuch zimmern, wobei auch munter über den Begriff „Red Herring“ (sprich: falsche Fährte) und Storytwists philosophiert wird. Wenn der Thriller nur aus diesen Zwischensequenzen bestehen würde, wäre das Konzept wohl aufgegangen. Doch mit seinen bedeutungsschwangeren Kameraeinstellungen und den Hinweisen auf die Auflösung im Minutentakt verbaut sich Twohy vieles. Es bleibt die Frage: Was will der Filmemacher eigentlich? Den Zuschauer lange an der Nase herumführen oder ihm früh die Wahrheit unter dieselbige reiben? Er weiß es wohl selbst nicht so genau. Besonders peinlich dabei: Twohy sieht sich schließlich auch noch genötigt, seinen eh offensichtlichen Twist in einer ewig langen Schwarz/Weiß-Rückblende zu erklären.

    „A Perfect Getaway“ ist leidlich spannend. Rund eine Stunde lang passiert fast nichts. Twohy versteht es nicht, aus seiner vielversprechenden Konstellation bedrohliche Momente zu kreieren. Stattdessen stapfen die Paare durch den Dschungel, reden über Filme und Beziehungsprobleme und alle fünf Minuten bekommt der Zuschauer noch einmal verdeutlicht, dass hier mit Cliff und Cydney zwei konservative Spießbürger auf zwei lebenslustige Abenteurer treffen. Selbst nach Auflösung des Twists geraten die finalen Minuten Existenz- und Überlebenskampf eher flau. Einzig ein schräges Bad Taste-Zitat, megatrashig und doch amüsant, durchbricht kurzzeitig den Fluss. Der immer noch unterschätzte Steve Zahn (National Security, Sahara) und sein Gegenpart Timothy Olyphant (Hitman, Stirb langsam 4.0) dürfen dabei viel zu lange nur Stereotypen darstellen und können erst in den letzten Minuten etwas mehr zeigen. Daneben ist Kiele Sanchez (serie,Lost, Insanitarium) fürs Gutaussehen gebucht und Milla Jovovich (Das fünfte Element, Resident Evil-Reihe) verkörpert zwar den interessantesten Charakter, bekommt vom Drehbuch jedoch fast nie die Gelegenheit, die inneren Gräben ihres Charakters offen zu legen. Der zukünftige Comic-Held Thor Chris Hemsworth (Star Trek - Die Zukunft hat begonnen) und seine Partnerin Marley Shelton (Planet Terror, Schrei, wenn du kannst) erfüllen lediglich die altbekannte Horror-Formel: andersartige Außenseiter = bedrohlich.

    „Nothing bad ever happens in Hawaii.”

    Fazit: Trotz interessanter Idee und vielversprechendem Cast liefert David Twohy mit „A Perfect Getaway“ einen recht schwachen Thriller ab. Durchwachsende Drehbücher wie dieses landen, wenn sie mit dem Namen eines weniger bekannten Autoren versehen sind, wahrscheinlich täglich im Reißwolf der Studioverantwortlichen. Dort wäre auch das Skript von „A Perfect Getaway“ besser aufgehoben gewesen, zumal die Inszenierung nur selten etwas rausreißt. Einer dieser Filme, die sich zu sehr auf ihren Twist verlassen – und deshalb selbst verlassen sind.

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