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    Living & Dying
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Living & Dying
    Von Björn Helbig

    Gangster, Geiseln und Geballer. Jon Keeyes liefert mit „Linving & Dying“ einen Film ab, vor dem ein ganz großes B steht. Das gilt für die Schauspieler, die Inszenierung und das Drehbuch. „Jeder Floh hat seine Flöhe“ oder „Es gibt immer noch üblere Typen“ könnte das Motto des Films sein. Enthielte der Cast nicht immerhin zwei interessante Namen - Edward Furlong alias Little John Conner und Mad Michael Madsen – gäbe es eigentlich keinen Grund, einen Blick zu verschwenden.

    Zur Story: Nach einem Banküberfall flüchten sich drei von vier Räubern – einer wurde schon zuvor von der Polizei zur Strecke gebracht – in eine Bar. Blöd nur, dass dort zwei Typen abhängen, die noch ein gutes Stück gefährlicher sind als die Schutzsuchenden. Peng – und schon sind nur noch Sam (Edward Furlong) sowie seine Freundin Nadia (Ling Bai) übrig und genau wie die anderen Gäste der Bar plötzlich Geiseln der „Blutsbrüder“. Während in der Schenke ein gewalttätiger (Psycho-)Krieg zwischen den gemeingefährlichen Verbrechern, den beiden verbleibenden Bankräubern und den Gästen der Bar beginnt, versucht die Polizei unter der Führung von Det. Rick Devlin (Arnold Vosloo) das Geiseldrama zu beenden. Was sich als noch schwieriger herausstellt, als der schmierige Agent Lind (Michael Madsen) das Kommando übernimmt.

    Es dauert nicht lange und der Zuschauer wird bereits Zeuge der ersten von zwei Schießereien des Films, die zu dem Schlechtesten gehört, was man bisher auf Zelluloid zu sehen bekommen kann. Und spätestens nachdem sich Sam und Nadia in die Bar flüchten, die so rein gar nicht aussieht wie eine Bar, wird klar, dass man es bei „Living & Dying“ mit einer äußerst schlichten Produktion zu tun hat. Nach den recht schwungvollen Anfangsszenen in der Bank spielt sich die weitere Handlung eigentlich nur noch in der Bar, auf der Straße davor und im Polizeirevier ab. Von Ausstattung kann man fast gar nicht reden. Noch störender als der billige Look und die wirklich schlechten Sequenzen (deren Tiefpunkt sich der Film für den Schluss aufbewahrt) wirkt sich allerdings die äußerst simple, fast minimalistische Story aus. Sicherlich kann auch aus einem einfachen Szenario so allerhand rausgeholt werden, wenn es glaubwürdig ist, die zwischenmenschlichen Beziehungen genug Konfliktpotenzial bieten und das alles auch noch ordentlich gespielt ist. Leider ist dies kaum der Fall. Im Gegenteil: Es kommt leider zu oft vor, dass die an und für sich recht spannende Geiselsituation durch hanebüchene Maßnahmen der Polizei oder das antirationale Verhalten der Blutsbrüder torpediert wird. Was soll man davon halten, dass sich die Cops auf offener Straße vor der Bar ihre Strategien zubrüllen? Oder dass die beiden Geiselnehmer so ziemlich alles tun, um sowohl die Geiseln als auch die Polizei gegen sich aufzuhetzen, ohne auch nur eine vage Idee von etwas zu haben, das einem Fluchtplan ähnelt?

    Für alle diejenigen, die bis hierhin noch nicht abgeschreckt wurden, stehen die Chancen allerdings nicht schlecht, dass „Living & Dying“ vielleicht doch etwas für sie sein könnte. Zugegeben, der Trash-Faktor ist hoch. Doch seine spannenden Momente kann man dem gewaltbereiten, teilweise sogar sadistischen Film nicht absprechen. Auch wenn das Geiselszenario nicht wirklich originell ist, ist die Atmosphäre in der Bar dennoch bedrückend. Die Blutsbrüder schrecken weder vor Mord, Terror noch Vergewaltigung zurück, so dass bis zum Schluss nicht klar ist, wer am Ende des Films mit den Füßen zuerst den Ort des Geschehens verlässt. Würde Curtis Wayne („Idiocracy“), der den Oberpsychopathen Karl Schroder spielt, die Sache etwas weniger übertrieben angehen und Edward Furlong (Terminator 2) seinen Sam ein wenig mehr Enthusiasmus an den Tag legen lassen, dann wäre hier mehr drin gewesen. „Living & Dying“ wäre dann zwar immer noch kein guter Film, aber immerhin einer, der das Beste aus seinen Möglichkeiten macht. Ein wenig Boden macht Michael Madsen (Kill Bill Vol. 1) gut, der den zwielichtigen Agent Lind gewohnt routiniert spielt. Gleiches gilt für Arnold Vosloo (Die Mumie), den man vielleicht noch als Bösewicht aus der Serie „24“ in Erinnerung hat. Im Gegensatz zu vielen anderen Schauspielern findet er bei der Darstellung des Cops Rick Devlin einen Weg zwischen Overacting und Lethargie hindurch.

    Am Ende ist dann auf einmal alles anders. Als hätte Regisseur und Autor Jon Keeyes („Fall Down Dead“) gemerkt, dass seine Story doch etwas dünn ist, mischt er zum Schluss das Blatt neu und zaubert eine Handvoll nahezu gänzlich unvorbereiteter Twists aus dem Ärmel. Da sich der Zuschauer zu diesem Zeitpunkt aber immer noch im Schock, ausgelöst durch das unterirdische End-Shoot-Out, befinden dürfte, fällt die Sinnlosigkeit der Schlusspointe gar nicht mehr richtig auf. Was sollte „Living & Dying“ eigentlich für eine Sorte Film werden? Ein brutaler Actionfilm? Ein Psycho-Thriller? Etwas à la Verhandlungssache? Angesichts des halbgaren Ergebnisses wusste es der Macher wahrscheinlich auch nicht so genau.

    Fazit: „Living & Dying“ hätte ein solider Genre-Streifen werden können, aber es ist ihm nicht gelungen, seine Stärken besser auszugestalten. So erreicht er selbst im Bereich der B-Movies nicht einmal durchschnittliche Qualität.

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