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    Die rote Zora
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Die rote Zora
    Von Andreas Staben

    Die Buchvorlage ist ein Dauerbrenner der Jugendliteratur und die Fernsehserie aus den späten 70er Jahren ein nostalgisch verklärter Kultklassiker: Eine Kinoversion von „Die Rote Zora“ scheint da nur eine Frage der Zeit gewesen zu sein. Für die nun unter der Regie von Peter Kahane („Bis zum Horizont und weiter“, „Stubbe – Von Fall zu Fall“) entstandene Neuverfilmung wurden keine Kosten und Mühen gescheut, vor Ort in Montenegro gedreht, man verpflichtete Prominenz für die Nebenrollen und setzte sogar recht aufwändige digitale Effekte ein. Akribisch wurde das Jugend-Abenteuer in die Zeit der Originalhandlung entrückt. So entsteht zwar ein glaubhafter historischer Rahmen für die in den 1930ern spielende Geschichte, aber der gesellschaftkritische Impetus von Kurt Helds 1941 veröffentlichtem Roman verwässert zu unverbindlicher Rhetorik. Dieser Effekt wird durch die Überspitzung der komischen Elemente noch verstärkt, gerade das junge Publikum soll mit oberflächlicher Action und Slapstick geködert werden. Das mag stellenweise durchaus vergnüglich sein, die Chance heute immer noch aktuelle Probleme sozialer Ungerechtigkeit aufzugreifen, wird hingegen leichtfertig vertan.

    Irgendwo an der kroatischen Küste: Nach dem Tod seiner Mutter begibt sich der Jugendliche Branko (Jakob Knoblauch in seinem Schauspieldebüt) auf die Suche nach seinem Vater, einem fahrenden Musikanten. In einem Städtchen auf seinem Weg hört er, wie der Bürgermeister (Dominique Horwitz) und der reiche Fischhändler Karaman (Ben Becker) Pläne schmieden, die dem gierigen Kaufmann auf Kosten der örtlichen Fischer ein Monopol sichern sollen. Auf dem Markt lässt Karaman Branko als vermeintlichen Dieb verhaften. Auch die Fürsprache des alten Fischers Gorian (Mario Adorf) hilft dem Jungen nicht. Das rothaarige Mädchen Zora (Linn Reusse) befreit Branko wenig später listig aus dem Gefängnis und führt ihn in ihre Bande von Waisenkindern ein, die in einer Burgruine ihr Hauptquartier hat. Die Kinder, die aus Not Essen stehlen müssen, werden als Kriminelle verfolgt. Schließlich helfen Gorian und die Bande sich gegenseitig in ihrem Widerstand gegen Karamans Machenschaften und obrigkeitliche Willkür. Erschwert wird die Lage allerdings durch Eifersüchteleien innerhalb der Gruppe und durch Brankos Gefühle für Zlata (Nora Quest), die Tochter des Bürgermeisters.

    Im Roman des Exil-Kommunisten Kurt Kläber, der das Buch unter Pseudonym herausbrachte, lassen sich klare politische Ziele und propagandistische Absichten erkennen. Diese klassenkämpferische Haltung machen sich Kahane und seine Co-Autoren nicht zu Eigen, aber sie übernehmen das Handlungsgerüst und das Figurenarsenal der Vorlage weitgehend. Was in Helds lehrstückhaftem Panorama gesellschaftlicher Missstände als gezielte Bloßstellung angelegt ist, verkommt in der Verfilmung immer wieder zu kaum nachvollziehbarer Denunziation. Die Boshaftigkeit und Brutalität der mit Zoras Bande rivalisierenden Gymnasiasten ist nur noch irritierend, zumal sonst nicht mit Albernheiten gespart wird. Besonders die Missgeschicke der beiden tollpatschigen Dorfpolizisten erinnern an unlustiges Kasperle-Theater. Die bedauernswerte Bonzentochter Zlata wird vollends zum Spielball dieser unentschiedenen Dramaturgie, muss sie doch in der Filmversion einen schwer verständlichen Verrat begehen. Auf ähnliche Weise misslingt auch die Integration einer übermütigen verschwenderischen Fischschlacht, die sich auf dem Markt in comichafter „Asterix“-Manier entspinnt, in die nicht zuletzt von Hunger und Armut handelnde Geschichte.

    Dominique Horwitz (Rennschwein Rudi Rüssel 2, Shooting Dogs) und vor allem Ben Becker (Ein ganz gewöhnlicher Jude, „Comedian Harmonists“) chargieren fröhlich vor sich hin und bieten leichte Zielscheiben für Häme und Spott. Die Gefährlichkeit der von ihnen dargestellten Typen als Repräsentanten von Profitgier, Korruption und Ausbeutung vermittelt sich nicht. Wenn Karaman einen Hund erschießt, ist das hier nur noch die singuläre Tat eines idiotischen Psychopaten. Einzig durch die Figur des Fischers Gorian kommt in Mario Adorfs (Winnetou I, Die verlorene Ehre der Katharina Blum, Rossini) Darstellung ein wenig Warmherzigkeit in diese „Rote Zora“. Für Momente lässt der Routinier Ideen von Gemeinsinn und Gerechtigkeit zu angemessener Wirkung kommen, während in der Darstellung der Binnendynamik der Bande wenig positive Aspekte zu finden sind. Die jugendlichen Akteure sind zwar spürbar bemüht, aber während sie in den äußerlich bewegten Sequenzen wie dem auch technisch gelungenen Kampf mit einer Riesenkrake durchaus überzeugen können, lässt ihnen die holzschnittartige Anlage ihrer Figuren kaum eine Chance, innere Konflikte glaubhaft umzusetzen. Duros (David Berton) düster-brodelnde Eifersucht ist genauso überdeterminiert wie Zoras Versuch, sich mit neuem Kleid und schicken Schuhen in ein besseres Leben hineinzuträumen.

    „Die Rote Zora“ ist produktionstechnisch einwandfrei umgesetzt und mag in einigen komischen Momenten gerade ein sehr junges Publikum erreichen, das wiederum durch die Gewaltdarstellung verschreckt werden könnte. Das ständige Schwanken zwischen Ernstem und Albernem entschärft das kritische Potential des Stoffes fast bis zur Unkenntlichkeit. Leider fehlt auch das Einfühlungsvermögen in die jugendlichen Protagonisten, durch das sich etwa Die Wilden Hühner und die Liebe in besonderer Weise auszeichnete. Die Rote Zora bleibt trotz Unterwasserszenen in jeder Hinsicht an der Oberfläche.

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