Ende 1999 löste ein kleiner Film eine monströse Welle aus. Die Gross-Out-Komödie American Pie bestach als völlig respektlose, unverkrampfte Unterhaltung mit einem gigantischen Witzpotenzial. Der Film wurde ein Blockbuster, zog zwei ebenso erfolgreiche wie gute Sequels nach sich und „inspirierte“ Herscharen von Filmproduzenten dazu, die Kinos mit mittelmäßig bis schlechten Epigonen zuzumüllen. Um nun aber auch noch den Zuckerguss von der Apfeltorte zu kratzen, musste das ausgereizte „American Pie“-Konzept neu ausgelegt werden. „American Pie 4 - Die nächste Generation“ ist kein weiteres Sequel, sondern streng genommen ein Spin Off, das konsequenterweise gleich als Direct-To-Video-Produktion in die Läden kommt. Doch Regisseur Steve Rash setzt die harmlose Komödie mit Anlauf in den Sand.
Steve Stiflers kleiner Bruder Matt (Tad Hilgenbrinck) will unbedingt in die Fußstapfen seines großen Vorbilds treten. Somit ist die Dichte an Geschmacklosigkeiten, die der Junior-Stifmeister ausheckt, recht hoch. An seiner High School tyrannisiert er das Schulorchester und ruiniert durch eine Pfeffersprayattacke auf die Mundstücke der Instrumente einen Auftritt der Truppe. Doch Matt wird als Übeltäter entlarvt, allerdings fliegt er nicht von der Schule. Als Strafe muss der Rowdy mit ins Band Camp, bei dem das Orchester an einem wichtigen Wettbewerb teilnimmt. Matt soll sich als Wiedergutmachung und zum Zwecke der Resozialisierung mit der Band anfreunden. Er denkt aber nicht daran, sich einzufügen und stellt einen Blödsinn nach dem anderen an – womit er das ganze Camp gegen sich aufbringt. Ganz besonders jedoch die Orchesterleaderin Elyse (Arielle Kebbel), die sich für ein Stipendium empfehlen will. Schnell landet Matt beim Manieren- und Konfliktregelungs-Officer des Camps. Und das ist Jim Levensteins Dad (Eugene Levy)... Um seinem Bruder so richtig zu imponieren, will Matt einen Real-Pornofilm über das Sexleben im Band Camp drehen. Mit allerlei Kamera-Gadgets bewaffnet, macht er sich auf die Jagd...
In dieser Produktionskonstellation waren die Erwartungen an „American Pie 4 - Die nächste Generation“ von Haus aus sehr gering. Neue Darsteller, ein kleines Budget (zehn Mio Dollar) und dann gleich ab in die Videotheken. Vom künstlerischen Standpunkt aus ist das Spin Off höchst überflüssig. Aus der alten Crew sind lediglich Eugene Levy als Jims Dad sowie Chris Owen als Chuck „Sherminator“ Sherman noch dabei. Levy, grandios komisch in Teil eins bis drei, hat’s offenbar bitter nötig. Er wandelt derart lustlos durch den Film, dass jeder merken kann, wie wenig er hinter dem Projekt steht. Der Auftritt des „Sherminators“ ist ebenso unnötig und wirkt wie die Rolle von Levy in die Story gepresst.
Woran krankt „American Pie 4“? Nicht unbedingt an den neuen Hauptdarstellern. Newcomer Tad Hilgenbrinck ist selbstverständlich nicht halb so lustig wie Seann William Scott, der Stifmeister aus den Originalen, kann aber auch nicht als Totalausfall gewertet werden. Seine Leinwandpartnerin Arielle Kebbel (Soul Plane, Be Cool, „Gilmore Girls“) wird als schnuckeliges Eye Candy serviert, ihr schauspielerisch jedoch nichts abverlangt. Aber der Nachwuchsstar Jahrgang 1985 wirkt sympathisch und dürfte eine Karriere vor sich haben. Was den Film mit zunehmender Dauer ärgerlich macht, ist das schwache Drehbuch von Debütautor Brad Riddell. Gerade die Erfolgszutaten des „American Pie“-Konzepts werden so inspirationslos zusammengerührt und am Ende der Lächerlichkeit Preis gegeben, dass es schmerzt. Zunächst setzt der drittklassige Regisseur Steve Rash, dessen Karriere-Highlight die Pauly-Shore-Komödie „Schwiegersohn Junior“ markiert, auf derbe Gross-Out-Scherze, die zwar nicht ansatzweise so originell sind wie erhofft, aber immerhin passabel unterhalten. Doch als der Chaot Matt Stifler auf den Pfad der Tugend zurück findet, moralisch bekehrt wird und auch noch in der Liebe zum Softies mutiert, schlägt der „American Pie“-Fan endgültig die Hände über dem Kopf zusammen. What the hell...
Das alles ist in der Konsequenz viel zu brav und hat mit den Stärken und dem Charme, die „American Pie“ berühmt, berüchtigt und erfolgreich gemacht haben so gar nichts mehr zu tun. Schlimmer: Es ist ein Verrat und eine räudige Rückkehr zur political correctness - und eine Empfehlung für das Nachmittagsprogramm im Kinderkanal.
Was bleibt unter dem Strich: Einige nette Gags, ein paar frische Gesichter, eine bemühte, aber schwache Story und kein Mumm zu etwas Respektlosig- oder Rotzigkeit. Das ist zu wenig – selbst für die geringen Erwartungen. Von der Ur-Crew wollte kaum jemand etwas mit diesem Projekt zu tun haben. Zu recht, wie sich herausgestellt hat. Bleibt zu hoffen, dass die Produzenten das Franchise jetzt ruhen lassen, um weitere Rufschädigung zu vermeiden.