Teresa ist immer irgendwie unglücklich. Ständig hat sie das Gefühl, dass ihr nie etwas Gutes geschieht, dass ihr ein glückliches Ende, wie sie es aus dem Kino kennt, nie beschieden sein wird. Also nennt sie sich in Tania Hermidas elegischem und zugleich hoffnungsvollem Road Movie erst einmal nur „Tristeza“ („Traurigkeit“). Doch – und das ist die wundervolle Moral des Spielfilmdebüts der ecuadorianischen Regisseurin und Drehbuchautorin – mit Happy Ends ist das so eine Sache: Wie der weise Schauspieler Jesús der viel zu verbitterten Studentin erklärt, kann ein Mensch selbst bestimmen, was für ein Ende seine Geschichte nimmt. Er muss nur den richtigen Schlusspunkt setzen. Wenn auch mal etwas schiefgeht oder eine Liebesgeschichte nicht vor den Traualtar führt, geht es doch immer weiter, und schon die nächste Begegnung kann die Wendung zum Happy End bringen. Diese Philosophie erfüllt Tania Hermidas Erstling von Anfang an. Aus ihr erwächst eine unwiderstehliche Neugier und Offenheit.
Der Zufall führt die spanische Touristin Esperanza (Tania Martinez) und die einheimische Studentin Teresa (Cecilia Vallejo) zusammen. Sie sitzen nebeneinander in einem Bus von Quito nach der im Süden Ecuadors gelegenen Stadt Cuenca. Esperanza ist mit ihren Reiseführern unterwegs und will möglichst viele Sehenswürdigkeiten auf Video bannen. Die Studentin muss unbedingt nach Cuenca, um ihren Freund zu retten, der in den nächsten Tagen – wie sie meint – gegen seinen Willen mit einer anderen verheiratet wird. Nur kommen die beiden nicht weit. Ein Streik der indigenen Bevölkerung Ecuadors ist ausgebrochen, und die Straßen sind blockiert. Also beschließen sie, die sich gerade erst kennen gelernt haben, gemeinsam zu Fuß weiterzugehen…
Ein ganz und gar unaufdringlicher, fast schon dokumentarischer Gestus prägt Tania Hermidas Road Movie. In ruhigen, der Natur wie ihren Figuren jeden Raum lassenden Bildern zeichnet sie ein eindringliches Porträt eines Landes im Umbruch. Meist gehen die beiden Frauen, zu denen später noch der Schauspieler Jesús (Pancho Aguirre) stößt, über nahezu menschenleere Straßen und Felder. Offenbar hat der Streik die meisten Ecuadorianer in die Zentren geführt, so dass nun die Provinz wie verlassen wirkt. Aber diese Leere sorgt für eine einzigartige Atmosphäre. Sie betont die Erhabenheit und die Zeitlosigkeit der Berge und des Meeres. Die Landschaft wird zu einem eigenen Charakter, der eine andere, größere Perspektive auf Esperanzas fast schon zwanghaftes, aber eigentlich zielloses Umherstreifen und Teresas Pessimismus eröffnet. Vor dem Hintergrund der ständig anwesenden, sich nur unmerklich wandelnden Natur lernen beide schließlich, was es heißt, dass das Leben selbst eine einzige Reise ist.
Tania Hermidas Gespür für das Land und seine Menschen ist unübersehbar. Auch ihr geradezu seismographisches Gespür für die Veränderungen, die Ecuador in den letzten Jahren so nachhaltig geprägt haben, offenbart sich recht schnell. Nur ist sie so sehr mit ihrem Land, seiner Vergangenheit und seiner Gegenwart verbunden, dass einem außenstehenden Betrachter wahrscheinlich viele Details gar nicht auffallen. Es ist zwar oft von Politik die Rede, von Unzufriedenheit und Streiks, von wechselnden Regierungen und massiven Umwälzungen. Doch all diese Andeutungen und Verweise erschließen sich einem Europäer nur bruchstückhaft. Diese Zurückhaltung und dieser ungeheuer feine Humor, mit denen Tania Hermida auf die Zustände und Entwicklungen reagiert, sprechen ohne Frage für ihr Debüt. Nur gehen eben zahlreiche Feinheiten verloren. Aber eins steht außer Frage. Für Ecuador gilt das Gleiche wie für ihre beiden Protagonistinnen: Ein Happy End ist alleine davon abhängig, wo der Schlusspunkt gesetzt wird. Und natürlich verweigert sich die Filmemacherin erst einmal einer solchen Setzung. Am Ende – und damit ist keineswegs zu viel verraten – bleibt das Meiste offen. Geschichten, die von Menschen wie die von Staaten und Nationen, gehen eben immer weiter. Selbst ein glückliches Ende muss längst nicht das Ende sein. Es können noch viele weitere Happy Ends folgen.