Es gibt Filme, die der Umwelt schaden. Pixars Megaerfolg Findet Nemo zum Beispiel. Löste der vermenschlichte Protagonist doch in vielen Kindern den Wunsch aus, auch so einen süßen Clownfisch besitzen zu wollen. Dabei stellt gerade diese Warmwasserfischart, die mit Anemonen in einer engen Gemeinschaft zusammenlebt, besonders hohe Ansprüche an ihre Umgebung, denen ein Privathaushalt kaum gerecht werden kann. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Filme, die jeder aktive Umweltschützer griffbereit bei sich herumliegen haben sollte. Colin Egglestones „Long Weekend“ von 1978 ist so ein Kandidat. Ein Paar verbringt ein gemeinsames Wochenende in der freien Natur, wobei es sich gegenüber Flora und Fauna absolut rücksichtslos verhält. Doch Mutter Natur lässt das nicht so einfach auf sich sitzen und schlägt erbarmungslos zurück. Nach dem Kinobesuch lässt da bestimmt niemand seine Popcorntüte achtlos auf den Boden fallen, sondern sucht brav nach dem nächsten Mülleimer. Dreißig Jahre sind seitdem vergangen und die Thematik ist aktueller denn je. Deshalb kommt das gleichnamige Remake von Jamie Blanks, auch wenn es sich vom Original kaum abhebt, genau zum richtigen Zeitpunkt.
Das Yuppie-Paar Peter (James Caviezel, Der schmale Grat, Die Passion Christi, Outlander) und Carla (Claudia Karvan, Star Wars: Episode III - Die Rache der Sith, Aquamarine) kämpft mit tiefschürfenden Eheproblemen. Ein gemeinsames Camping-Wochenende an der australischen Küste soll Abhilfe schaffen. Während Peter sich auf das Back-to-the-Basics-Programm (natürlich inklusive einer standesgemäßen 10.000-Dollar-Campingausrüstung) freut, macht sich Carla in erster Linie Sorgen um ihre Maniküre. Am abgelegenen Ferienparadies angekommen, nehmen die Streithähne keine Rücksicht auf gar nichts. Tiere und Pflanzen werden aus Bequemlichkeit und nur so zum Spaß platt gemacht. Doch da hat die Natur auch noch ein Wörtchen mitzureden. Der Schrecken beginnt mit einer für tot gehaltenen Seekuhmutter, die sich über Nacht ins Lager schleppt...
Die Umweltverfehlungen, die das Paar auf seinem Kurztrip begeht, haben es in sich. Schon bei der Anreise werden Krabben und ein Känguru plattgefahren. Die krabbeligen Ameisen werden totgesprayt. Das Adlerei landet in der Pfanne. Ein Baum wird gefällt, nur weil Peter der Meinung ist, dass man das als echter, naturverbundender Bursche mal gemacht haben muss. Der Höhepunkt ist die Ermordung der Seekuh: Carla entdeckt einen dunklen Schatten unter der Meeresoberfläche, den Peter rein vorsichtshalber mit seinem Gewehr unter Beschuss nimmt. Dass dieses rücksichtslose Großstädtergehabe beim Zuschauen soviel Spaß macht, ist - neben den mitunter grandiosen Landschaftspanoramen - vor allem James Caviezel zu verdanken. Er gibt Peter als über alle Maßen egozentrischen Machoarsch, der so unfassbar schleimig ist, dass man ihn schon wieder lieb haben muss.
Während dieser Zeit lauert das Grauen nur unter der Oberfläche. Es gibt keine Schlangen oder anderes gefährliches Getier, das die Camper offen attackiert. Vielmehr schwingt stets eine Atmosphäre unterschwelliger Bedrohung mit. Irgendwann kippt der Film dann und nimmt plötzlich irreale Züge an - als ob die Handlung von einem Moment auf den anderen plötzlich in einer lynchesken Parallelwelt verortet wäre. Die vermeintlich tote Seekuh schleppt sich Zentimeter für Zentimeter vorwärts. Am Strand entdeckt Peter ein versunkenes Autowrack samt Leichen, ganz in der Nähe hat sich ein Familienvater an einem Baum aufgeknüpft. Fluchtversuche schlagen fehl, weil das Navigationsgerät den gutgläubigen Benutzer nur noch im Kreis herumführt. Außerdem ist das Verhältnis von Peter und Carla zusehends von Spannungen geprägt, die sich schließlich auch in Form von Gewalt entladen. Achtung Spoiler! Es ist eine Form bitterster Ironie, dass Peter am Ende nicht von Spinnen, Schlangen oder einem Adler dahingerafft wird. Es ist ein harmloser Spatz, der dem unsympathischen Protagonisten seinen - überraschend splattrigen - Abgang verschafft. Ende des Spoilers!
Fazit: Wer von „Long Weekend“ typischen Survival-Horror erwartet, wird bitter enttäuscht. Regisseur Jamie Blanks liefert vielmehr - genau wie das 1978er-Original - eine lyncheske Allegorie auf den immerwährenden Kampf Mensch gegen Natur. Und das ist eben weniger etwas für Freunde des gepflegten Gemetzels, als für Anhänger von ambitioniertem Intellektuellenkino.