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Thomas Z.
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4,5
Veröffentlicht am 28. September 2022
Der österreichische Regisseur Michael Haneke zählt erklärtermaßen zu meinen Lieblingsregisseuren. Umso verwunderlicher, dass ich "Das weiße Band" erst jetzt, 13 Jahre nach Veröffentlichung, bestaunen durfte. Thematisch wird eine norddeutsche Dorfgemeinschaft kurz vor Ausbruch des ersten Weltkriegs 1913 unter die Lupe genommen, stilistisch passend in Schwarz/Weiß. Obrigkeitsdenken und Gottesfurcht bestimmen den Alltag, bis einige "Unfälle" den vermeintlichen Dorffrieden in seinen Grundfesten erschüttern und die kranken Strukturen schonungslos offenlegen. Zwischen Neid, Mißgunst, Gehorsam und Rache entsteht ein Strudel, der auf kleinster Ebene den Krieg vorbereitet. Haneke zeigt in drastischen, unglaublich präzise und scharf fotografierten Szenen die allgegenwärtige Lieblosigkeit und das Entstehen von Gewalt, die zumindest in ihrer physischen Ausprägung meist hinter verschlossenen Türen stattfindet. Ob Mißbrauch von Kindern, Masturbationsverbot mittels Fesselung, häusliche Gewalt und Suizid; die Auswüchse einer widerwärtigen Doppelmoral werden gnadenlos in atemberaubenden Kontrasten offengelegt. Setting und Casting hätten nicht besser sein können. Das wirkt bis ins kleinste Detail absolut authentisch und wird durch die grandiosen schauspielerischen Leistungen perfekt abgerundet. "Das weiße Band" ist keine leichte Kost und trifft etwas tiefer in die Magengrube, insbesondere in der Nachwirkung. Dass die FSK hier 12 Jahre für angemessen erachtet, zeigt einmal mehr, dass man hingeschaut aber nichts gesehen hat.
Wieder gelingt es Michael Haneke ein extrem bewegendes Drama zu kreieren, welches den Vorabend des ersten Weltkriegs schildert und eine Generation durchleuchtet, die später zum Nationalsozialismus gehört. Außergewöhnlich und spannend. Bewegend und tief gehend. Eine wunderbare Perle, der der großartige Look in Schwarz/Weiß zu gute kommt.
Bemüht um das Aufzeigen gesellschaftlicher Spannungen, vermag "Das weisse Band" letztlich keine glaubwürdigen und komplexen Figuren zu entwerfen, sondern lediglich Stellvertreter für historische Tendenzen. Dieses Panorama bewegt sich dabei eher auf dem Niveau eines Fernsehfilms, der recht halbgare historische Analysen kolportiert, indem er Stereotype aufeinander losgehen lässt. Zudem garniert Haneke das Ganze mit einem recht unnötigen Mystery-Plot, der wohl verunsichernd wirken und die Arthouse-Ambitionen des Films beweisen soll.
Fazit: Ein Meisterwerk der deutschen und österreichischen Filmgeschichte. Packende Bilder, Spannung und exzellente Darsteller. Zudem eine ernstzunehmende Thematik.
Kein Film für jedermann. Man fragt sich die ganze Zeit "was soll das eigentlich?" Warum bekommt der Film so gute Kritiken? Die meiste Zeit ist der Film nicht sonderlich interessant, im Gegenteil, das Szenario ist ein deutsches Dorf in dem zahlreiche sonderbare Dinge geschehen. Aber eigentlich fehlte mir jederzeit die Spannung. Erst als ich am Ende den tieferen Sinn des Films verstanden hatte konnte ich ihn als wahres Meisterwerk bezeichnen. Und genau aus diesem Grund ist der Film eher was für Menschen mit Geduld und Tiefgang. Wer diesen Film sieht sollte nicht davon ausgehen das der Film, wie heutzutage üblich, den Zuschauer das denken abnimmt.
Haneckes neuester Film ist, wie all seine Werke kein klassisches Unterhaltungskino, keine leichte Kost die man mal eben so nebenher schaut. Seine Filme haben stets eine wichtige Message und lasten oft noch nach dem Abspann tonnenschwer auf den Schultern ( z.B.Bennys Video, Chronologie des Zufalls etc...) und so ist auch das weisse Band ein Film, den man aufmerksam schaurn sollte. Perfekt ausfotografiert erzählt Hanecke in ruhigen Bildern die Geschichte eines Dorfes, und deren Bewohnern, die sich den schwierigkeiten des Alltags stellen müssen. Zwiachen Verrat und Betrug, falschen Wertvorstellungen und Vertrauensbruch erleben die Hauptprotagonisten ihren Untergang auf verschiedene Weise. Ein wahnsinnig intensiver Film, sofern der Zuschauer in der Lage ist sich auf dieses sehr ruhige Erlebnis eintulassen.
Ein großartiger Film ohne reißerische Elemente. Hier wird einer trostlosen Dorf-Gesellschaft von 1914 gnadenlos der Spiegel vorgehalten: im Kleinen pedantisch das angeblich Richtige tun, nicht den geringsten Widerspruch duldend, hierbei ganz und gar rücksichtslos, lieblos, brutal und in großen entscheidenden Augenblicken (aber nicht nur hier) heuchlerisch und verlogen auf der ganzen Linie.
Wohl jedes Kind, welches schutzlos in diesem Umfeld aufwächst und zwangsläufig durch seine Kindheit geprägt wird, muss den aufkeimenden Hass sein ganzes Leben schultern und wird ihn an seine Mitmenschen weitergeben – moralische Bedenken werden unter diesen Umständen den Erwachsenen von morgen quasi „abtrainiert“.
Ja, ziemlich düster und für den Zuschauer, der Zeit und Stimmung mitbringt, sehr bewegend, bedrückend und nachdenklich machend.
Diesem Film muss man „zuhören“ können, wer Actionszenen mit viel Bumms und Plautz erwartet, wird enttäuscht werden.
Dieser Film bringt sehr authentisch das Leben einer Dorfgemeinschaft, Anfang des 20. JH's zum Ausdruck. Immerwaehrend praesent im Subtext ist die Gewaltbereitschaft der Dorfbewohner, provoziert durch die damalige gesellschaftliche und kirchliche Moral. Hier werden die Kinder fuer die Greueltaten des 1. Weltkrieges vorbereitet. Auch deutlich ist die gesellschaftliche Enge: nicht nur die Kirche sondern auch materielle Gruende konservieren den Stats quo im Dorf, kaum Einer vermag aus seinen Rollen auszubrechen.
Ein durchgaengig spannender Film, der versucht perpetuierende Gewalt zu erlaeutern. Schlimm fand ich Verarbeitung des Themas des sexuellen Mißbrauchs, aber auch dieses Thema gehoert in den Kontext.