Hier haben wir es mit einem Film zu tun, bei dem nicht die unmittelbare, sondern die anschließende Wirkung ausschlaggebend ist. Er ist sicherlich grandios inszeniert (die Kameraführung ist eine cineastische Offenbarung), die Schauspieler sind allesamt überzeugend und die Atmosphäre dicht und düster. Aber er entfaltet sich erst im Nachhinein wirklich, dadurch, dass er auf die vielen Fragen keine klaren Antworten liefert, zwingt er den Zuschauer zu Reflektion: Was war das eben? Wer ist es gewesen? Wer ist der Böse - oder: Wer sind die Bösen? Und die Antwort ist niederschmetternd: Alle, bis auf den Lehrer und seine Freundin. Diese beiden sind die einzigen Lichtblicke, der Rest sorgt für einen kranken Magen. Diese Menschen sind am Ende und doch werden die Geschehnisse kein Ende finden. Die Hoffnung müsste in den Kindern liegen, doch hier sind die Kinder gewiss keine Hoffnungsträger. Die Gewalt, die ihre Eltern an ihnen ausüben, wird nicht in etwas Besserem enden, nein. Der Erste Weltkrieg beginnt und die Gewalt wird auf einer anderen Ebene weitergehen. Und danach werden die Kinder von gestern die Erwachsenen von morgen sein. Und sie werden sich nicht aus dem früheren Hass lösen. Sie werden weiterhin Gewalt an Schwächeren ausüben und sich verbissen an den Stärkeren rächen. Sie werden weitere Ideale erschaffen und ihre Kinder dazu zwingen, sich an diese zu halten. Sie werden ihren Hass an den Reichen auslassen und sie werden sich einer höherliegenden Ideologie verpflichten, weil sie nie eine Freiheit kannten. Sie werden schlagen und rauben, sie werden Unrecht tun, wie ihnen Unrecht angetan wurde. Sie werden den Krüppel hassen und den Wohlhabenden verleumdnen. Sie werden Häuser verbrennen und Menschen töten, das werden sie tun. Und sie werden kaum etwas dafür können: Sie kannten es nie anders. Gewalt mündet in Gewalt, Unterdrückung in Unterdrückung. Die alten Komplexe in neue Allmachtsfantasien. Die Opfer werden zu Tätern und dessen Opfer zu neuen Tätern und nichts wird diesen Fortgang aufhalten können. Ob nun in Deutschland oder sonstwo auf der Welt. Ein Film zum Verdauen und Nachdenken, großartig inszeniert, sehr subtil und sehr traurig.