Mal ehrlich, eigentlich hat doch niemand wirklich auf den zweiten Teil von Wrong Turn gewartet, oder? Zwar war der erste Teil für seine Zeit noch ungewöhnlich hart und schaffte mit wenigen Mittel und einigen guten Ideen aus einem übersichtlichen Szenario einige Spannung herauszuholen. Keine Meisterleistung, aber immerhin. Doch eigentlich war damit auch alles gesagt. Wald, missgebildete Waldbewohner mit einem Hang zu Kannibalismus, eine Handvoll jugendlicher Opfer, diverse Tötungsszenen. Und jetzt dasselbe noch mal in grün? Mitnichten. Im Vergleich zum Vorgänger fällt die Fortsetzung des Regie-Dilett- und Debütanten Joe Lynch auf so rapide Weise ab, dass man kaum merkt, es mit einer Fortsetzung zu tun zu haben.
Die Story: Für eine Survival-Fernsehshow („The Ultimate Survivalist“) fahren ein TV-Team und eine Gruppe aus jungen Leuten in die Wälder West Virginias. Dort, im spärlich besiedelten Dickicht, müssen die sechs Kandidaten diverse Aufgaben erfüllen. Nur einer kassiert am Ende die Prämie. Doch nicht nur die Wildnis steht zwischen den Kandidaten und dem Sieg – auch untereinander will keiner dem anderen etwas schenken. Ach ja, und dann wären da noch die im Wald hausenden deformierten Kannibalen, die auch noch mal den Schwierigkeitsgrad erhöhen…
Was auf dem Papier noch nach ganz solider Genrekost aussieht, erweist sich in der Praxis leider all zu schnell als Rohrkrepierer. Warum? Außer bei den Gore-Effekten, die noch recht ordentlich gemacht sind, versagen die Macher des Films auf nahezu jeder Ebene. Das fängt bei der unterentwickelten Regie an, zieht sich durch das grauenhaft einfallslose Drehbuch von Turi Meyer - den Fernsehshow-Gundplot hat man nicht erst einmal gesehen, Klischee reiht sich an Klischee, müde Referenzen zu Filmen wie The Texas Chainsaw Massacre turnen noch zusätzlich ab - bis hin zu den unterirdischen schauspielerischen „Leistungen“. Gar nicht so leicht zu sagen, wem für das Ergebnis die Hauptschuld zu geben ist. Jedenfalls sieht man die Darsteller nicht selten von der Regie allein gelassen in der Gegend rumstehen oder unmotiviert durch den Wald hasten, allerlei dummes Zeug von sich gebend. Und wenn es denn mal blutig wird, ist das meistens so unspannend in Szene gesetzt oder sogar lachhaft, dass von Horror kaum die Rede sein kann. Das ist nicht gut für einen Film dieses Genres. Zwischen dem thematisch ähnlich gelagerten The Hills Have Eyes und sogar noch zwischen dessen unterdurchschnittlicher Fortsetzung The Hills Have Eyes 2 und „Wrong Turn 2“ liegen Welten.
Trotzdem. Ein paar gute Ekel-Einlagen und zwei, drei atmosphärische Momente sind in der ungekürzten Fassung schon dabei. Wenn eine Figur, von der man es nebenbei gesagt nicht erwartet hätte, den Kannibalen zum Opfer fällt und dann von denselben vor ein durch den Wald preschendes Auto geschnallt wird, ist das schon ziemlich derb. Leider sorgt der (unfreiwillige) Komikfaktor auch dafür, dass die wenigen guten Momente nicht so recht greifen. Zum Glück ist es dann auch die Komik, die den gewillten Zuschauer bei der Stange hält. Da kann man, wenn man sich schon nicht vor Angst die Fingernägel abkaut, wenigstens das Ganze mit einem gewissen Schmunzeln betrachten (Hätte man bei „Wrong Turn 2“ wie z.B. bei Severance konsequent auf tiefschwarzen Humor gesetzt, wäre der Film in den Händen fähiger Filmschaffender vielleicht sogar was geworden.).
Das größte Schmunzelpotenzial liegt bei den Schauspielern. Eine Mischung aus Nichtkönnen und wirklich richtig schlechten Dialogen sorgen für eine durchaus amüsante Melange, die manchmal sogar über den fehlenden Horror hinwegtröstet. Im Falle von Henry Rollins (Lost Highway, Heat) vergrößert es allerdings eher die Trauer. Dass der Musiker kein wirklich guter Schauspieler ist, dürfte den meisten schon vorher klar gewesen sein. Die undankbare Rolle des Haudegens Dale Murphy bohrt unangenehm in der Wunde. Rollins ist schon ein ziemlich sympathischer Typ, so dass man fast ein bisschen mitleidet, so wie er sich in dieser Quasihauptrolle zum Trottel macht. Auch hier hilft wieder nur, die Sache so gut es geht mit Humor zu nehmen. Sein Charakter könnte – wäre der Film nicht an jeder anderen Stelle so dürftig – fast als beabsichtigte Karikatur auf diverse Filmtypen durchgehen. Leider geht der Schmunzel- allzu schnell in einen Nerveffekt über. In diesem Zusammenhang vor allem erwähnenswert sind die holzschnittartigen Charaktere – von denen Rollins Figur nur eine ist. Jeder ist mit lediglich einer Eigenschaft ausgestattet, die sie – bis zu ihrem Tod, wenn der Zuschauer denn das Glück hat – permanent zum Besten geben. Typ „nerviger Plapperer“ (Steve Braun) plappert die ganze Zeit und – genau: Er nervt. Typ „missmutige Vegetarierin mit Geldschulden“ (Erica Leerhsen) hat auch nicht mehr zu bieten als ihre Kurzbeschreibung. Typ „biederer Gutmensch“ (Texas Battle) ist die ganze Zeit nett und freundlich, lehnt es aber strickt ab, bei einem kleinen Sexvideo, das im Schatten der Survival-Show entstehen soll, die Hauptrolle zu übernehmen. Von einer Metaperspektive mit Kenntnis der Genreregel kann man da nur sagen: „Richtig so, das erhöht deine Überlebenschancen.“ Sein Komplementär ist die blonde Bitch, die es vermutlich nicht ins Ziel schafft. Insgesamt kann man nur bedauern, dass nicht die Figuren, die am wenigsten nerven, am längsten durchhalten.
Fazit: „Wrong Turn 2“ ist ein Film ohne nennenswerte Ideen, schlecht inszeniert und ebenso gespielt. Allein die – gelegentlich harten – Effekte und der versehentliche Humor (Hosenbombe) bieten einen gewissen trashigen Unterhaltungswert. Für den oft als Beispiel herangezogenen lustigen Videoabend, bei dem Alkohol im Spiel ist, kann man „Wrong Turn 2“ unter Vorbehalt also empfehlen. Wobei man sich lieber vorher noch mal vergewissern sollte, ob die Videothek nicht vielleicht doch noch einige – im Zweifel bessere – Alternativen zu bieten hat.