Benzin im Blut und hohlraumversiegelt in der Birne… sie sind zurück: Nachdem Vin Diesel nach The Fast And The Furious die Fortsetzungen 2 Fast 2 Furious und The Fast And The Furious: Tokyo Drift aus finanziellen Gründen ausließ und sich auch Co-Star Paul Walker zumindest den Trip nach Japan sparte, wird das Krawall-Krachwumm-Vehikel nun mithilfe der Originalbesetzung kommerziell wieder auf Kurs gebracht. Denn eines ist sicher: Der Diesel-Vin ist der einzige Hollywoodstar, der die beinharten Machoposen des „The Fast And The Furious“–Universums voll ausleben kann, ohne dass es peinlich wirkt. Damit „Fast & Furious“ auch insgesamt eine runde Nummer wird, durfte erneut Regisseur Justin Lin die Zügel in die Hand nehmen. Denn auch wenn dessen „Tokyo Drift“ in Sachen Besetzung schwer lahmte, gefielen doch zumindest seine abgefahrenen Gaga-Actionsequenzen. Im Endeffekt ist der vierte Anlauf eigentlich die erste echte Fortsetzung des Originals, erreicht aber nicht ganz dessen Qualität.
Vor acht Jahren ließ FBI-Agent Brian O’Connor (Paul Walker) seinen kriminellen Kumpel Dominic Toretto (Vin Diesel) absichtlich entkommen. Daraufhin setzte sich Dominic, ein Speed-Fanatiker mit dem Hang zu krummen Dingern, aus den USA ab. Mittlerweile überfällt er mit Freundin Letty (Michelle Rodriguez) in der Dominikanischen Republik Tanklaster im ganz großen Stil. Aber das FBI sitzt ihm im Nacken, so dass er sich genötigt sieht, seine Braut zu verlassen, um sie zu schützen. Als Letty kurz darauf in Los Angeles ermordet wird, schwört Dominic Rache und kehrt in die Staaten zurück, um ihren Mörder aufzuspüren. Die Spur führt zu dem mexikanischen Drogenbaron Braga, dessen wahre Identität jedoch niemand zu kennen scheint. Das FBI ist seinerseits Braga dicht auf den Fersen. So arbeiten die alten Freunde/Rivalen Dominic und Brian bei der Jagd nach dem Drogenboss plötzlich Hand in Hand – jedoch auf verschiedenen Seiten des Gesetzes…
Wer wissen will, wo bei „Fast & Furious“ der Hammer hängt, wird gleich in der Eröffnungsszene aufgeklärt: Dominic und sein Team wollen einen fünfspännigen Tanklastzug klauen. Den Laster einfach zu stoppen und den Fahrer aus seiner Kabine zu ziehen, ist den Benzinräubern jedoch zu simpel. Die hochgezüchteten PS-Monster von Dominics Truppe umkreisen den Mega-Laster wie die Motten das Licht und Letty hüpft flugs auf den Sattelzug, vereist die Kupplung und trennt Anhänger für Anhänger ab. Das macht zwar überhaupt keinen Sinn, sieht aber spektakulär aus – auch wenn die CGI-Effekte nicht ganz astrein und die Handkamerabilder eine Spur zu verwackelt sind. Das ist kinetisches Kino, das sich um Nebensächlichkeiten wie Logik und physikalische Gesetze eben keinen Kopf zu machen braucht. Damit ist die Stoßrichtung bereits eindeutig vorgegeben.
Nach diesem knackigen Opener kommt "Fast & Furious" erst mal nur schwer in Tritt. Die pomadige Einführung der Charaktere täuscht nicht darüber hinweg, dass die Wiedervereinigung der Ur-Crew arg erzwungen daherkommt. Dazu gesellt sich hier und da ein Hauch unfreiwilliger Komik, etwa wenn sich Dominic in Aragorn-Manier als Fährtenleser versucht. Zum Glück nimmt der Actioner mit der Zeit dann aber immer mehr Fahrt auf, was auch daran liegt, dass er überraschenderweise einen halbwegs stringenten Plot aufbietet. Der ist zwar nichts Besonderes, liefert aber zumindest ebenso bewährte wie solide Handlungsmuster à la Hollywood. Als Dreingabe gibt es eine spannungsfördernde Konstellation: Der Gangster mit Herz Dominic und FBI-Outlaw Brian arbeiten notgedrungen Seite an Seite, um den Oberschurken zur Strecke zu bringen. Diesen Konflikt nutzt Lin zwischenzeitlich erstaunlich gut aus, um dann am Ende aber doch wieder beim gewohnten Buddy-Konzept zu landen. Der Weg dorthin offenbart aber nichtsdestotrotz Kurzweil in bester Popcorn-Manier. Das Prunkstück sind dabei selbstverständlich die Over-the-Top-Actionsequenzen. Illegale Autorennen und wild-wüste Verfolgungsfahrten bieten ausreichend Testosteronfutter für jeden Speedjunkie. Als rasende Höhepunkte fungieren dabei zwei stark motorisierte Hetzjagden durch einen Stollen, den die Drogenschmuggler als improvisierten Grenzübergang zwischen Mexiko und den USA nutzen.
Filmstarts.de-Star-Porträt: Vin Diesel
Ansonsten bleibt alles beim Alten: „Fast & Furious“ ist ein Harte-Männer-Film, der seine Protagonisten posen lässt, bis der Arzt kommt - beziehungsweise kommen müsste. Schließlich ist Dominic Toretto so hart, dass jeder Doktor überflüssig ist. Selbst eine Kugel in der Schulter ist für ihn kein Problem. Ein Kerl wie er merkt das nicht einmal. Schon gar nicht, wenn sich der Treffer als glatter Durchschuss herausstellt. Da benötigt es schon größerer Kaliber, um so einen aus der Reserve zu locken. Mit Ausnahme von Bruce Willis trägt wohl niemand weiße Feinripp-Unterhemden mit so einer Selbstverständlichkeit wie Vin Diesel (Babylon A.D., Pitch Black). Seine grotesken Muskelberge wirken bei ihm eben nicht grotesk. Die gehören da einfach hin. Selbst das simple Trinken eines Bieres wird hier so in Szene gesetzt, dass ein unwissender Zuschauer auf die Idee kommen könnte, dass auch das nur etwas für ganz harte Burschen und ohne ein Tattoo eigentlich kaum zu stemmen ist. Und darum ist Vin Diesel so wichtig für das Franchise – es bedarf schon eines Kerls mit seiner Präsenz, um die offensiv zur Schau gestellten Männlichkeitsrituale und den zelebrierten Körperkult nicht absurd wirken zu lassen.
Beau Paul Walker (Into The Blue, Running Scared, Flags Of Our Fathers) harmoniert erneut bestens mit Diesel und darf sich zwischenzeitlich auch mal von seiner harten Seite zeigen. Der Rest ist kaum der Rede wert: John Ortiz (Das Gesetz der Ehre, American Gangster, Aliens Vs. Predator 2) gibt den Bösewicht von der Stange, Michelle Rodriguez (Blue Crush, Resident Evil) endet gleich zu Beginn als Kanonenfutter und Jordana Brewster (Faculty, Texas Chainsaw Massacre: The Beginning) bleibt blass und kommt sowieso nur vor, um die Reunion-Quote möglichst hoch zu halten. Besser schlägt sich da schon Jack Conley (Harold And Kumar 2, L.A. Confidential, Traffic) als Brians Vorgesetzter beim FBI. In seinen kurzen Auftritten reißt er einen knochentrockenen Spruch nach dem anderen - durchaus vergleichbar mit J.K. Simmons als zynischer Zeitungsverleger in den Spider-Man-Filmen.
Fazit: Die Tuner schrauben wieder, als gäbs kein Morgen mehr. Es wird gerast, bis die Nockenwelle bricht. Und zum Sterben ist noch genug Zeit, wenn man erst tot ist. Insgesamt bleibt „Fast & Furious“ im Rahmen der Erwartungen: Er übertrifft den lahmen zweiten Teil um Längen und ist dank des Charismas seines Hauptpersonals auch besser als der Vorgänger „Tokyo Drift“. Trotzdem kommt er nicht ganz an das Original heran, weil „Fast & Furious“ eben doch nur ein Aufguss bleibt. Eine Daseinsberechtigung hat der vierte Anlauf trotzdem. Bombige Schauwerte, bös' getunte Boliden und knackige, spärlich bekleidete Chicks bis zum Abwinken: So war es früher, so ist es heute. Sonderlich originell ist „Fast & Furious“ sicherlich nicht, aber Spaß macht’s irgendwie trotzdem.