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    Der Womanizer - Die Nacht der Ex-Freundinnen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Der Womanizer - Die Nacht der Ex-Freundinnen
    Von Daniela Leistikow

    Seit die Bilder vor mehr als 100 Jahren laufen lernten, sind Charles Dickens‘ Werke ein reicher Inspirationsquell für Filmschaffende. „A Christmas Carol“, Oliver Twist und „Große Erwartungen“ wurden zahlreiche Male verfilmt, adaptiert oder zitiert. Einzig der inflationäre Gebrauch der Werke Shakespeares ist wohl noch exzessiver. Dass dabei nicht nur filmische Meisterwerke herausspringen, überrascht niemanden. In Mark Waters‘ „Der Womanizer“ überträgt das Drehbuch-Duo Jon Lucas und Scott Moore (Mein Schatz, unsere Familie und ich) Dickens‘ „A Christmas Carol“ auf einen langsam in die Jahre gekommenen Playboy, den die Geister seiner Ex-Freundinnen heimsuchen. Während dem Frauenheld eingebläut wird, dass der schnelle Spaß mit multiplen Mädels ihn auf Dauer nicht glücklich machen wird, dämmert es auch dem Zuschauer: Diese 08/15-Komödie ist ein cineastischer One-Night-Stand, dessen Schenkelklopfer-Dialoge und kitschige Story kurzfristig erfreuen, aber bald wieder vergessen sind.

    Freiheit, Fotos, Frauen – auf diese drei Fs fokussiert Mode-Fotograf Connor Mead (Matthew McConaughey, Sahara, Ein Schatz zum Verlieben) sein Leben. Eiskalt serviert er drei Damen per Videochat-Konferenz ab, während sein nächstes Betthupferl vom Sofa gegenüber aus amüsiert zusieht. Endlos könnte es so weiter gehen, doch dieses Wochenende rufen familiäre Pflichten. Connors kleiner Bruder Paul (Breckin Meyer, Garfield) heiratet die perfektionistische Sandra (Lacey Chabert, Girls Club) auf dem Anwesen des mittlerweile verstorbenen Onkels Wayne (Michael Douglas, Wall Street, Basic Instinct), von dem Connor als Teenager einst das Womanizen lernte. Während Connor auf der Feier von einem Fettnäpfchen ins nächste stolpert, ist seine Ex-Freundin Jenny Perotti (Jennifer Garner, Juno, 30 über Nacht) ständig darum bemüht, das entstehende Chaos einzudämmen. Als Connor von Onkel Waynes Geist auf eine nächtliche Odyssee geschickt wird, bei der er den Geistern seiner bisherigen, gegenwärtigen und zukünftigen Beziehungen begegnet, droht die Hochzeit zu platzen...

    Regisseur Mark Waters scheint eine Vorliebe für Geistergeschichten zu entwickeln. Nachdem Reese Witherspoon in Solange du da bist in Mark Ruffalos Wohnung spukte, schlägt er diesmal einen moralischeren, aber deshalb nicht weniger kitschigen Ton an. Sein Womanizer wandelt sich von der lüsternen Larve zum sensiblen Schmetterling, ganz so als habe der Protagonist nur darauf gewartet, dass die richtige Frau daherkommt und seine emotionalen Wunden heilt. Einmal mehr wird der Mythos untermauert, Aufreißer seien selbst einmal verletzt worden und würden nur deswegen ihren weichen Kern unter einer harten Schale aus Alkohol-Exzessen und schnellem Sex verbergen. Das weibliche Bedürfnis, einen emotionalen Grund für solches Verhalten zu konstruieren, wird vollauf befriedigt. Damit erweist sich „Der Womanizer“ als das genaue Genenteil von Er steht einfach nicht auf dich, der solchen Filmklischees den Kampf ansagte. Connors sehr viel naheliegendere Frage, seit wann unverbindlicher Sex eigentlich ein Verbrechen ist, verhallt hingegen fast ungehört.

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    Prinzipiell kann eine solche Läuterungsgeschichte in einer romantischen Komödie gut funktionieren. Aber Matthew McConaughey gelingt es nicht, die Entwicklung vom Frauenmagnet zum Monogamisten glaubhaft zu verkörpern. Den fiesen Frauenschwarm kauft man dem Texaner ohne weiteres ab. Sobald seine Figur jedoch Entschuldigungen und Liebesgeflüster vorbringt, setzt McConaughey sein charmantes, chlorfrei gebleichtes Lächeln auf und landet in einer schauspielerischen Sackgasse. Wenigstens stimmt die Chemie zwischen ihm und Jennifer Garner, die als sympathische Ex-Flamme überzeugt. Lazey Chabert stiehlt Garner mit ihrer überdrehten Hochzeits-Zwangsneurose von Bridezilla-Ausmaßen allerdings die eine oder andere Szene. Absolutes Highlight: Michael Douglas als Robert-Evans-Look-alike. Der legendäre Produzent von Rosemaries Baby und Der Pate war unter anderem für seinen Frauenverschleiß berühmt-berüchtigt. Onkel Waynes Samt-Jackett, die riesige getönte Brille, das Whiskey-Glas und die Zigarren dienten in den Sixties wohl auch Evans als Requisiten für seine zahllosen Eroberungen. Dank solcher Zoten wie „Women like to be screwed - they just don't like to be screwed over” oder „Spooning is nice, but not as fun as forking“ gibt es in den Szenen mit dem Aufreißer-Altmeister ordentlich was aufs Zwerchfell.

    Das von Dickens entliehen Story-Skelett ist solide, aber leicht zu durchschauen. Dass es bei Mode-Fotograf Connor früher oder später „klick“ machen wird, steht nie außer Frage. Dickens‘ Weihnachtshasser Scrooge drückt es in „A Christmas Carol“ etwas umständlicher aus: „Die Wege der Menschen deuten ein bestimmtes Ende voraus, auf das sie hinführen, wenn man auf ihnen beharrt. Aber wenn man von den Wegen abweicht, ändert sich auch das Ende.“ Da Waters und seine Autoren aber niemals die Genre-typischen Pfade verlassen und stattdessen lieber auf Altbewährtes setzen, bleibt „Der Womanizer“ hinter seinen Möglichkeiten zurück. Wie leicht wäre es gewesen, mit Insiderwitzen in Kenntnis der Buchvorlage das eine oder andere Rom-Com-Stereotyp ad absurdum zu führen.

    Spätestens wenn eine romantische Video-Collage zu „Time After Time“ das Kitsch-o-Meter sprengt, dürfte selbst der größte Fan von Liebeskomödien nach Abwechslung lechzen. Auch für McConaughey ist die Zeit gekommen, mal etwas Neues auszuprobieren: Die Tage, in denen er mit Sixpack und Schmalzlocke allein ein Millionenpublikum in die Kinosäle lockt, neigen sich dem Ende zu. Wenn Connor seiner Schwägerin in spe eindringlich ins Gewissen redet, sehen wir einen anderen, ernsteren McConaughey, den es zukünftig öfter aus der solariumbraunen Reserve zu locken gilt.

    Fazit: Viele Oneliner zünden, zwischen den Protagonisten sprühen einige Funken und in Sachen Story wurde bei einem der Besten geklaut. „Der Womanizer“ ist ein ebenso kitschiges wie kurzweiliges Rom-Com-Déjà-Vu, das mit Stereotypen nicht gerade geizt. Sollten die drei Geister der Rom-Com auf die Idee kommen, nun mal Mark Waters und Co. einen Besuch abzustatten, wäre das wohl ein ziemlich langweiliger Weihnachtsabend: Immerhin würden sich die Geschichten über das Genre der romantischen Komödie sowohl in der Vergangenheit, der Gegenwart als auch der Zukunft doch sehr stark ähneln.

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