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    Dragonball Evolution
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Dragonball Evolution
    Von Christoph Petersen

    Für Amerikaner ist nicht nur die weibliche Menstruation, sondern offensichtlich auch die japanische Kultur eine Geschichte voller Missverständnisse. Und um das festzustellen, muss man sich nicht einmal zwingend Sofia Coppolas Lost In Translation zu Gemüte führen. Es reicht vielmehr, kurz Revue passieren zu lassen, welche verheerenden Blüten die Amerikanisierung japanischer Kulturwerte bereits hervorgebracht hat. Das beginnt mit dem katastrophalen Versuch, die fernöstliche Populärkultur mit der Prügelserie „Power Rangers“ ins amerikanische Kinderfernsehen zu transportieren, und endet mit neueren Asia-Horror-Remakes wie Pulse, Der Fluch oder Tödlicher Anruf, die nun wirklich kein Mensch braucht, auch wenn sich die Amis noch so sehr dagegen sträuben, im Kino Untertitel zu lesen. „Dragonball Evolution“ des Final Destination-Regisseurs James Wong, mit dem die Produzenten den schnellen Dollar machen wollten, der an den amerikanischen Kinokassen aber grandios scheiterte, ist nun nicht mehr als ein weiteres Kapitel in dieser offenbar unendlichen Geschichte gescheiterter Adaptionen.

    An seinem 18. Geburtstag bekommt Goku (Justin Chatwin) von seinem Großvater Gohan (Randall Duk Kim) einen Dragonball geschenkt. Die Legende besagt, dass derjenige, der alle sieben Dragonballs zusammenbringt, einen Drachen beschwört, der einen beliebigen Wunsch erfüllt. Doch für solchen mythologischen Krempel hat Goku keine Zeit. Er will bei einer Party die asiatische Schulschönheit Chi Chi (Jamie Chung) beeindrucken, indem er den Attacken zweier arroganter Rowdys in Gandhi-Manier politisch korrekt aus dem Weg geht, weshalb diese dummerweise ihr eigenes Auto verschrotten. Wieder daheim muss sich Goku dann wohl oder übel doch der Dragonball-Problematik annehmen. Sein Haus ist zerstört, der Großvater tot und der magische Orb verschwunden. Dahinter steckt Lord Piccolo (James Marsters), der mit Hilfe der Dragonballs einen alten Monsterkumpel wiedererwecken und so seine private Hölle auf Erden erschaffen will. Doch Goku hat Glück, er muss sich der Herausforderung nicht alleine stellen. Die Kämpferin Bulma (Emmy Rossum), der Kung-Fu-Meister Roshi (Chow Yun-Fat) und der Dieb Yamcha (Joon Park) greifen ihm bei seiner Mission unter die Arme…

    Es mag Nicht-Eingeweihte erstaunen, aber das Dragonball-Universum erreicht eine Komplexität, die es problemlos mit Mittelerde und Konsorten aufnehmen kann. Allein die Manga-Serie des Zeichners Akira Toriyama umfasst mehr als 8.000 Seiten. Dazu kommen noch vier Fernsehserien und 17 (!) Kinofilme. Kein Wunder also, dass Hollywood sein Stück vom Kuchen des erfolgreichen Franchises abhaben möchte. Doch schon der Angang ist fatal. Anstatt in der ersten Real-Life-Umsetzung zunächst einmal ein kleines Abenteuer aus der umfangreichen Manga-Welt zu erzählen, um diese dann in eventuellen Sequels weiter zu vertiefen, überfrachtet Drehbuchautor Ben Ramsey den gerade einmal 85 Minuten langen Film gleich mit der kompletten Saga. In der TV-Serie erstreckt sich ein einzelner Kampf schon mal über mehrere Folgen, die Reise von einem Dragonball zum nächsten nimmt mitunter eine ganze Staffel in Beschlag. Im Film liegen zwischen zwei Drachenbällen maximal drei Minuten, für Spannung und Atmosphäre, ja, nicht einmal für ein Fitzelchen Sinn bleibt da Platz. Trotzdem kommen alle wichtigen Charaktere vor, die Macher wollten eben alles oder nichts, sie haben nichts bekommen: Zuschauer, die die Figuren nicht bereits aus dem Effeff kennen, sind auch, wenn dann der Abspann dann endlich rollt, kein bisschen schlauer.

    Die Darsteller reißen den Karren auch nicht aus dem Dreck. Justin Chatwin (Krieg der Welten, Unsichtbar) ist ein Schönling mit toller Frisur, aber ohne Ausstrahlung und Charisma. Von Emmy Rossum hatte man vor ein paar Jahren, als sie in teuren Filmen wie The Day After Tomorrow oder Poseidon spielte und für Das Phantom der Oper sogar eine Golden-Globe-Nominierung kassierte, noch etwas erhofft. Diese Erwartungen hat sie nach dreijähriger Schauspielabstinenz nun herzlich enttäuscht. Einzig Chow Yun-Fat (A Better Tomorrow, The Killer, Tiger und Dragon) begegnet seinem Charakter mit einem gewissen Grad an Selbstironie, aber was bleibt ihm auch anderes übrig, ernst nehmen kann man die krude Ballhatz ja nun mal leider nicht.

    Hätten dann zumindest die Kämpfe und Produktionsmittel gestimmt (der Film war mit einem geschätzten Budget von 45 Millionen Dollar ja nun auch nicht gerade billig), wäre vielleicht noch eine Einordnung als netter Spaß für Zwischendurch möglich gewesen. Doch auch hier versagt „Dragonball Evolution“, immerhin sieht das grünliche Antlitz Piccolos aus, als wäre der ach so furchterregende Teufel gerade auf dem Weg zum Kinderfasching. Zumindest beim ersten Fight, ein Kampf zwischen Goku und seinem Lehrmeister/Großvater auf zwei Seilen, versucht Regisseur James Wong noch, die Prügelei comichaft zu überhöhen. Doch das Ergebnis sieht einfach nur schäbig aus. Es fehlt jeglicher Drive und die Effekte erinnern an 90er-Jahre-Kinderfernsehen. Dabei hat Stephen Chow mit seinem meisterhaften Kung Fu Hustle vor einigen Jahren doch herrlich aufgezeigt, wie man comichafte Actionsequenzen ebenso kunstvoll wie effektiv auf die Leinwand hievt.

    Fazit: Bei der gurkigen Fantasy-Prügelorgie „Dragonball Evolution“ kommen schmerzhafte Erinnerungen an den grottigen RTL-Vormittagsschmarrn „Power Rangers“ wieder hoch – und darauf kann doch nun wirklich niemand ernsthaft scharf sein.

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