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    WAZ - Welche Qualen erträgst du?
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    WAZ - Welche Qualen erträgst du?
    Von Christian Horn

    „Think of Saw and multiply it by Se7en.” - Nigel Andrews, Financial Times

    „Nach Sieben kommt nicht Acht, sondern Saw“ hieß es auf dem Kinoplakat, als der erste Teil des Jigsaw-Franchises in den deutschen Kinos anlief. Der immense Erfolg des Folterfilms beziehungsweise „Torture Porns“ inspirierte etliche Plagiatoren, die mit immer brutaleren Folterszenen Kasse machen wollten – die Hostel-Reihe und Wolf Creek gehören beispielsweise zu den erfolgreicheren unter den Nachahmern. Den Videotheken-Markt stürmt nun ein weiterer Trittbrettfahrer: der englische Psycho-Thriller „WAZ“, das Kinodebüt des Fernsehregisseurs Tom Shankland, der die wesentlichen Ingredienzien von Saw mit denen von David Finchers düsterem Thriller Sieben mischt. Heraus gekommen ist ein wenig inspirierter Noir-Thriller, der – vor allem gegen Ende – gut daran getan hätte, die (ohnehin wenig sensationellen) Folterkeller-Szenen außen vor zu lassen. Die guten Ansätze in der stilistischen Gestaltung und die dichte, geschickt etablierte Atmosphäre werden durch diese nämlich im Keim erstickt.

    Der abgebrühte New Yorker Cop Eddie Argo (Stellan Skarsgard) bekommt die junge Anfängerin Hellen Westcott (Melissa George) als neue Partnerin an die Seite gestellt. Kurz darauf beginnt eine unheimliche Mordserie: Unmittelbar hintereinander werden zwei stark verstümmelte Leichen, ein Gangmitglied und dessen schwangere Freundin, aufgefunden. Beiden wurden die Symbole WAZ (W-Delta-Z) in den Körper geritzt. Zunächst können sich die Cops auf diese Ritzereien keinen Reim machen und beginnen mit ihren Ermittlungen im Umfeld der New Yorker Gang-Landschaft. Als wieder zwei Leichen parallel auftauchen und Argo und seine Partnerin der rätselhaften Algebra-Gleichung näher kommen, wird deutlich, was es mit der Mordserie auf sich hat. Der Killer setzt seine Opfer einem perfiden Liebestest aus: Stirb oder der Mensch, der dir am nächsten steht, wird getötet! – so lautet die bestialische Aufgabe, vor die der Killer seine Prüflinge stellt. Dabei ist die Wahl der Opfer keinesfalls dem Zufall überlassen, denn das wesentliche Motiv für die brutalen Morde ist Rache…

    Regisseur Tom Shankland orientiert sich, wie eingangs erwähnt, nicht nur inhaltlich an David Finchers einflussreichem Vorzeige-Thriller Sieben. Wie in Finchers Serienmörder-Hatz herrscht auch in „WAZ“ eine düstere, bedrückende Atmosphäre vor. Der Schauplatz New York sah selten so heruntergekommen, dreckig und schlichtweg abgefuckt aus. Ebenfalls aus Sieben und unzähligen anderen Polizeifilmen abgeschaut scheint die Konstellation der beiden ermittelnden Detectives: Der alternde, erfahrene Eddie Argo und die junge, nervöse Hellen Westcott könnten gegensätzlicher kaum sein, was jedoch nur auf einem Seitenpfad der Story verhandelt wird. Neben der düsteren Atmosphäre ist der konsequente Einsatz von Handkameras das auffälligste stilistische Merkmal des Films. Die dadurch angestrebte Unmittelbarkeit wird auch tatsächlich erreicht und in Verbindung mit dem gelungenen Schnitt ergibt sich auf Seiten der formalen Gestaltung ein Bild, das sich durchaus sehen lassen kann und auf positive Weise an Krimiklassiker aus den Siebzigerjahren erinnert.

    Leider kann die Story nicht ganz mit dem Look mithalten. Das Drehbuch von Clive Bradley ist zu einfallslos und viel zu uneigenständig, beinahe alle Wendungen und Kniffe des Films hat man schon mehrfach anderswo gesehen. Hinzu kommt, dass die Ereignisse viel zu müde vor sich hin tröpfeln; so müde, dass der Zuschauer schon mal den gedanklichen Anschluss verpassen kann – da können auch ein paar spannende, auf den Punkt inszenierte Szenen mit Schockfaktor nicht mehr viel reißen. Bis zum finalen Höhepunkt plätschert die Geschichte vor sich hin – stilistisch interessant, inhaltlich schwach –, wobei „WAZ“ sich nie völlig ins Aus manövriert, aber eben auch nie völlig zufrieden stellt. Es liegt also am Finale, dem Film einen Stempel aufzudrücken – doch der Showdown ist in jeder Hinsicht ein Desaster: Offensichtlich konnte Tom Shankland sich nicht entscheiden, ob er die Auflösung besser an Saw oder Sieben anlehnen, oder gar mal was ganz Neues ausprobieren sollte. So liefert er einen inkohärenten Schluss, der ganz klar die falsche Perspektive wählt und die verkehrten Schwerpunkte setzt.

    Zuletzt scheitert der Film auch an der Zeichnung seiner beiden Protagonisten. Während Melissa George als Helen Westcott zu sehr im Hintergrund bleibt und in der immer gleichen Mimik verharrt, erscheint Stellan Skarsgards Figur Eddie Argo zu abgebrüht, zu resigniert und alles in allem zu kaltschnäuzig und oberflächlich. Auch hierin liegt ein Schwachpunkt des Drehbuchs, der aber zumindest von Skarsgards schauspielerischer Leistung ein wenig verdeckt wird.

    Fazit: Insgesamt ist „WAZ“ ein recht beliebiger Thriller, der bekannte Genrevertreter schamlos plagiiert und sich dabei heillos verheddert. Die gelungene stilistische Umsetzung hilft nicht, die Tristesse der Geschichte zu kaschieren, welche Tom Shanklands Erstlingswerk – von zwei, drei spannungsreichen Szenen abgesehen – jeglicher Originalität beraubt. Ein bisschen weniger Saw, ein bisschen mehr Sieben und wenigstens ein Quäntchen Mut zur Eigenständigkeit – so hätte „WAZ“ ein kleiner, schmutziger Thriller werden können, und nicht das schale Endprodukt, das sich nicht ohne Grund außerhalb der Kinos in den Neuheiten-Regalen der Videotheken sein Publikum suchen muss.

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