Neale Donald Walsch ist einer der Vorreiter der modernen spirituellen Bewegung. Allein in Deutschland wanderten seine Bücher mehr als 1,5 Millionen Mal über den Ladentisch, seine Bestseller-Trilogie „Gespräche mit Gott“ wurde in 34 Sprachen übersetzt. Dabei zieht Walsch den Stoff für seine mittlerweile 15 Werke regelmäßig aus einer ungewöhnlichen Begegnung, die ihm zuteil wurde, als er ganz unten angekommen war. Aus lauter Verzweiflung richtete er wütende Briefe an Gott, woraufhin dieser mit ihm in regen Kontakt trat. Diese spirituellen Diskussionen rund um den Sinn des Lebens brachte Walsch zu Papier und machte damit Millionen. Heute arbeitet er als erfolgreicher Autor und hält begehrte Vorträge überall auf der Welt. Die Kinoversion von „Gespräche mit Gott“ ist nun keine Eins-zu-Eins-Verfilmung der Bücher, sondern vielmehr eine biographische Erzählung von Walschs Lebensgeschichte. Doch statt seine Erlebnisse mit der gebotenen Distanz auf die Leinwand zu bringen, versucht Regisseur Stephen Deutsch (aka Stephen Simon) einfach zu oft, seinen Protagonisten in ein Messias-ähnliches Licht zu rücken – und dies sollte zumindest Nicht-Walsch-Fans sauer aufstoßen.
Nach einem Autounfall, bei dem er sich auch noch unglücklich einen Halswirbel gebrochen hat, verliert Journalist und Verleger Neale Donald Walsch (Hernry Czerny) seine Arbeit, sein Haus, seine Gesundheit - also einfach alles. Sein gesammeltes Hab und Gut passt nun in eine einzige Reisetasche. Walsch kommt auf einem Campingplatz für Obdachlose unter, die geringe Miete verdient er sich durch das Sammeln von Blechdosen. Irgendwann ist für ihn nicht einmal mehr das Essen aus der Mülltonne ein Tabu. Ganz unten angekommen, bewirbt er sich bei einem Radiosender als DJ – und bekommt den Job. Doch gerade als es wieder bergauf geht, er sich eine feste Wohnung leisten kann, folgt der nächste Rückschlag. Eines Morgens findet er an der Pforte des Senders nur noch einen Zettel mit der Aufschrift „Bankrott!“ vor, wieder ist er arbeitslos. Walsch hatte schon immer die Angewohnheit, seiner Wut auf Menschen in Form von Briefen, die er natürlich nie abschickte, Luft zu machen. Diesmal richtet er seine anklagenden Briefe direkt an Gott höchstpersönlich. Und bekommt eine Antwort...
Nach Walschs eigener Aussage handelt es sich bei dem Film zu 98 Prozent um die reine Wahrheit, lediglich zwei Prozent sind dem künstlerischen Ausdruck des Regisseurs geschuldet. Dabei gestaltet sich vor allem Walschs Niedergang als überraschend ergiebig. Hier werden stimmig die Probleme aufgezeichnet, die das Fehlen eines anständigen sozialen Netzes in den USA nun einmal mit sich bringt. Das harte Leben als Obdachloser, die mitleidigen und verächtlichen Blicke all jener etablierten Menschen, zu denen sich Walsch nur kurz zuvor noch selbst zählen durfte. Thematisch liegt dieser Abschnitt von „Gespräche mit Gott“ ganz nah an dem diesjährigen Will-Smith-Hit Das Streben nach Glück. Doch dann nehmen die unnötig kitschigen Momente immer mehr Raum ein. Dabei sind es gar nicht mal unbedingt die arg naiven Wunder, die negativ auffallen: So gibt beispielsweise der Presslufthammer eines Bauarbeiters auf der anderen Straßenseite genau in dem Moment den Geist auf, in dem es bei Walsch klingelt und er einen wichtigen Anruf entgegennehmen muss. Vielmehr stört die zunehmend distanzlose Glorifizierung Walschs, die Regisseur Deutsch durch einfachste inszenatorische Taschenspielertricks erreicht. Und am Ende, wenn Walsch nach seinem lukrativen Buch-Deal einer allein erziehenden Kellnerin mit bedeutungsschwangerem Blick ein üppiges Trinkgeld liegen lässt, sind wir endgültig bei einer hohlen Vom-Tellerwäscher-zum-Millionär-Moral angekommen.
Parallel zu der Geschichte von Abstieg und Comeback werden immer wieder Ausschnitte eingestreut, in denen Szenen aus Walschs Vorträgen und Lesungen nachgespielt werden. Bei der Auswahl sind die Autoren zumindest „geschickt“ vorgegangen. Sie lassen absichtlich zu Beginn all jene kritischen Fragen stellen, die sich auch das Kinopublikum stellen würde: Hat er wirklich mit Gott gesprochen? Wie passt das zu seiner vorherigen, alles andere als gottesfürchtigen Lebensweise? Geht es ihm in Wahrheit doch nur ums Geld? Natürlich werden all diese Fragen durch Walschs einnehmende Schlagfertigkeit, die Henry Czerny (Mission: Impossible, Fido, Der Exorzismus von Emily Rose) eindrucksvoll auf die Leinwand hievt, schnellstens vom Tisch gefegt. Und nach jedem kritischen Einwurf kommt eine amerikanische Hausfrau und Vorzeigemutter zu Wort, die Walsch dafür dankt, wie sehr er ihr Leben doch zum Besseren gewandt hat. Wie gesagt, die Macher haben sich hier keinesfalls dumm angestellt, nur ist diese Herangehensweise natürlich hochgradig manipulativ. Ein imdb-User hat „Gespräche mit Gott“ in seiner Kritik als „verdammtes Werbefilmchen“ bezeichnet. Zumindest mit dem zweiten Teil seiner Aussage liegt er nicht allzu weit daneben.
Fazit: „Gespräche mit Gott“ ist nur für Fans von Autor Neale Donald Walsch und seiner Bestseller-Trilogie empfehlenswert. Neueinsteiger dürften sich hingegen an der schwachen filmischen Qualität und den übertrieben kitschigen Selbstdarstellungen stoßen.