Wenn eine Single-Mutter über vierzig in eine Disco geht, einen über den Durst trinkt und mal so richtig die Sau rauslässt, gilt sie nach heutigen Maßstäben bestenfalls als peinlich. Wenn ein Mann im gleichen Alter hingegen eine Teenagerin schwängert, wird er dafür von seinen Geschlechtsgenossen mit unverhohlener Bewunderung geehrt. Ein verqueres Gesellschaftsbild, das es – auch durchaus im Kino! – auf jeden Fall anzuprangern und aufzubrechen gilt. Ob man dies jedoch in Form einer Anti-Männer-Powerfrauen-Komödie, wie sie uns nun mit Colin Nutleys schwedischem „Heartbreak Hotel“ vorgesetzt wird, tun muss, ist dann schon eine andere Frage, auf die wohl nur die weiblichen 51 Prozent der Weltbevölkerung mit „Ja“ antworten würden.
„Mein Sohn nannte mich ´tenil´. Einen senilen Teenager.“ – Elisabeth
Das erste Aufeinandertreffen zwischen der Politesse Gudrun (Maria Lundqvist) und der Falschparkerin Elisabeth (Helena Bergström) endet mit wüsten Beschimpfungen. Gudrun ist verwitwet und unternimmt seit dem Tod ihres Mannes kaum noch etwas, Kreuzworträtsel und Kühlfächer abtauen sind zu ihren liebsten Hobbys geworden. Elisabeth, die auf dem Weg zur Hochzeit ihres Sohnes ist, hat gerade ihre Scheidung hinter sich, genießt ihre neu gewonnene Freiheit in vollen Zügen. Einige Wochen später treffen sich die beiden grundverschiedenen Streithähne in Elisabeths Praxis, sie verdient ihren Lebensunterhalt als Gynäkologin, zufällig wieder. Nicht nur läuft diesmal alles friedlich ab, obwohl mit Gudrun alles in Ordnung ist, beschließt Elisabeth auch, mit ihrer Patientin weiter in Kontakt zu bleiben. Gemeinsam besuchen sie die Disco „Heartbreak Hotel“. Zunächst gibt sich Gudrun noch extrem schüchtern und zurückhaltend, doch nach einigen Tequillas taut sie langsam auf und die beiden Vierzigerinnen machen fortan die schwedische Clubszene unsicher. Ein Umstand, der nicht bei allen Seiten auf Verständnis trifft…
„Heartbreak Hotel“ – aus der Sicht einer Frau:
Mitfühlen bei der Kleiderwahl, die mit den ersten Falten nur noch schwieriger wird. Mitlästern, wenn der Ex-Ehemann nach seinem Seitensprung wieder angekrochen kommt und einen eiskalten Korb kassiert. Und mitfeiern, wenn die beiden Vierzigerinnen gegen jeden Widerstand nicht nur beim Langsamen Walzer das Tanzbein schwingen. „Schwedisch für Fortgeschrittene“ bietet eine stimmige Mischung aus mitfühlendem und bissigem Humor, die einfach mitreißt und reichlich gute Laune verbreitet. Dazu verschafft der Film auch noch all den Müttern Gehör, von denen man ganz natürlich erwartet, dass sie sich streng gesittet und am besten noch in den heimischen vier Wänden amüsieren. Er propagiert ein Leben nach Ehe und Kindern, das heute – zumindest für Frauen – beileibe noch immer keine Selbstverständlichkeit ist. Eine ausgelassene Stimmung, mutige, ihr Leben in die Hand nehmende Protagonistinnen und die Männer bekommen auch noch ordentlich ihr Fett weg – welche Kinobegeisterte würde bei diesem verlockenden Angebot nicht schwach werden?
„Heartbreak Hotel“ – aus der Sicht eines Mannes:
Nestbeschmutzer ist noch eines der harmloseren Wörter, Verräter würde es wohl noch um einiges besser treffen. Regisseur Colin Nutley, selbst von Geburt an ein Junge und mit Hauptdarstellerin Bergström verheiratet, rechnet in „Schwedisch für Fortgeschrittene“ eiskalt und erbarmungslos mit der chauvinistischen Männerwelt ab. An keiner der männlichen Figuren lässt er auch nur ein gutes Haar, „Die Ärzte“ hatten scheinbar doch Recht, als sie vor der wild um sich ballernden Lara Croft flüchteten und dabei Männer als Schweine titulierten. Aber kann man als Mann wirklich Spaß an einem Film haben, wenn er einem das Mannsein ohne Rücksicht auf Verluste andauernd um die Ohren haut? Wohl eher nicht! Und auch wenn Elisabeth und Gudrun strunzbesoffen durch die Fußgängerzone taumeln und dabei die aufmerksam gewordenen Polizisten als One-Night-Stands mit nach Hause zerren wollen, halten sich die Identifikationsmöglichkeiten für ein männliches Publikum stark in Grenzen. In der ersten Stunde kann man zwar auch als Mann über den einen oder anderen ganz netten Gag schmunzeln, aber spätestens in der letzten halben Stunde, die dann aufgrund dramaturgischer Schwächen auch noch etwas dröge daherkommt, kippt ein eventuell vorhandenes vorsichtiges Interesse dann in Langeweile um.
„Heartbreak Hotel“ ist eine Mut machende, intolerante Konventionen aufbrechende und dabei auch noch meist unterhaltsame Komödie – kurz: das perfekte Stück Kino für den nächsten Prosecco-reichen Frauenabend. Männer sollten hier jedoch lieber draußen bleiben - zum einen sind weite Phasen ohne die Möglichkeit zur Identifikation einfach dröge, und zum anderen kommt die Männerwelt in dem Film auch noch extrem schlecht weg. Fazit: Starke sieben Punkte für das angepeilte weibliche Zielpublikum, schwache drei für die mitgeschleiften männlichen Begleiter. Das ergibt, den Frauenüberschuss in der Weltbevölkerung großzügig mit eingerechnet, knappe sechs Punkte insgesamt.