Mein Konto
    The Signal
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    The Signal
    Von Julian Unkel

    Portable MP3-Spieler, Fernsehen auf dem Handy, immer größere und günstigere LCD-Panels – die zunehmende Technologisierung und Digitalisierung macht sich in allen Bereichen der Gesellschaft bemerkbar. Ein Umstand, der gerne auch in Horrorfilmen aufgegriffen wird. So ging in den letzten Jahren unter anderem von Fernsehern (The Ring), Handys (One Missed Call) und dem Internet (Pulse) tödliche Gefahr aus. Auch die No-Budget-Produktion „The Signal“ wartet mit einer ähnlichen Thematik auf, bietet dabei aber auch ein originelles Konzept: Erzählt wird der Film in drei Episoden, von denen jeweils eine von einem der drei Regisseure David Bruckner, Dan Bush und Jacob Gentry inszeniert wurde. Die unterschiedlichen Herangehensweisen machen dabei einen großen Reiz des Projekts aus, doch leider unterscheiden sich die Episoden nicht nur stilistisch, sondern auch qualitativ stark.

    30. Dezember in der amerikanischen Stadt Terminus: Plötzlich wird über alle Funkmedien ein seltsames Rauschen übertragen, das offenbar bei allen Konsumenten Mordlust auslöst. Mya (Anessa Ramsey) verbringt den Nachmittag bei ihrem Geliebten Ben (Justin Welborn) und beschließt, ihren Mann Lewis (AJ Bowen) zu verlassen und mit ihrem Lover aus der Stadt zu verschwinden. Zuhause muss sie mit ansehen, wie zuerst Lewis einen Freund tötet und bald darauf der ganze Wohnblock Amok läuft. Nachdem sie sich die Nacht über in der Nachbarswohnung versteckt hat, versucht Mya, zum Bahnhof zu gelangen, wo sie sich mit Ben verabredet hat. Lewis und Ben gelangen hingegen über Umwege nacheinander auf die Silvesterparty von Anna (Cheri Christian), die gerade in Notwehr ihren Mann getötet hat und nun gemeinsam mit dessen Freund Clark (Scotty Poythress) versucht, die Leiche zu beseitigen…

    2007 sorgte „The Signal“ auf internationalen Festivals, darunter auch dem renommierten Sundance Festival, auf dem der Film seine Premiere feierte, für Furore. Und zumindest was die erste der drei Episoden – oder Übertragungen, wie sie im Film bezeichnet werden – betrifft, ist das auch nachzuvollziehen. Trotz der äußerst begrenzten Mittel – gedreht wurde „The Signal“ in nur 13 Tagen mit einem Minimalbudget von 50.000 Dollar – schafft es der Film, eine beklemmende Endzeit-Atmosphäre zu erzeugen, die es ohne Zweifel mit ähnlich gelagerten Big-Budget-Produktionen wie 28 Days Later aufnehmen kann. Mit großen Erklärungen, woher das Signal stammt, hält sich die Story nicht lange auf, und sobald Mya in ihrem Wohnblock ankommt, regiert das pure Chaos. Die Bewohner geraten ohne Vorwarnung in einen Blutrausch, Myas Flucht aus dem Gebäude gerät zu einer fesselnden Sequenz. Unterstützt wird die Atmosphäre noch durch einen gelungenen Musikeinsatz (Mya schottet sich mit einer geschenkten CD und ihrem Discman von dem grausamen Geschehen ab), der im Übrigen auch für die lange Zeitspanne zwischen der Festivalpremiere und der DVD-Auswertung verantwortlich ist: Nach langem Lizenzgerangel musste das ursprüngliche Kernstück, eine Coverversion des Lou-Reed-Songs „Perfect Day“, durch das ebenso passende Joy-Division-Cover „Atmosphere“ ersetzt werden.

    Mit der zweiten Episode, die sich auf Lewis konzentriert, ändert sich das leider alles schlagartig. Die absurde Situation einer spießigen Silvesterfeier, die durch zahlreiche Leichen gestört wird, wird als Vorlage für zahlreiche komödiantische Spitzen genutzt. Das ist zwar stellenweise durchaus amüsant, etwa wenn sich drei Charaktere vollkommen emotionslos über ihre in Notwehr begangenen Gewalttaten unterhalten, während im Hintergrund Menschen mit Kettensägen aufeinander losgehen, zerstört die in der vorherigen Episode aufgebaute Atmosphäre aber vollständig. Und spätestens mit der Ankunft eines weiteren Partygastes wird auch der Humor viel zu albern. Die letzte Episode, die die Geschehnisse abschließend aus Bens Perspektive zeigt, führt dann alle Protagonisten zusammen und die Geschichte zu einem guten, weil interpretationsfreudigen Ende, schafft es aber nicht, zwischen der zurückgekehrten Ernsthaftigkeit und einigen grotesken Einfällen, wie der Unterhaltung mit einem abgetrennten Kopf, den richtigen Ton zu treffen.

    Überraschen kann der Film mit einem radikalen Härtegrad – gemordet wird unter anderem mit Heckenscheren und einer Fahrradpumpe (!) -, der auch die SPIO/KJ-Freigabe der ungeschnitten Version durchaus rechtfertigt. Durch geschickte Kameraeinstellungen werden dabei die Gewalttaten an sich oftmals gar nicht gezeigt (was aus Budgetgründen wohl auch gar nicht möglich gewesen wäre), wodurch besonders in der ersten Episode einige Szenen noch drastischer und intensiver wirken. Auch ansonsten ist „The Signal“ rein handwerklich betrachtet durchaus gelungen und holt trotz der etwas grobkörnigen und kontrastarmen DV-Optik visuell das Äußerste aus seinen 50.000 Dollar raus. Man darf gespannt sein, was Bruckner, Bush und Gentry in Zukunft mit größeren Budgets anstellen werden.

    „The Signal“ bietet sowohl als Endzeit-Horror als auch als schwarze, gesellschaftskritische Komödie einige interessante Ansätze und ist vor allem im ersten Drittel stark inszeniert, wobei der Genre-Mix aber insgesamt zu unausgegoren daherkommt. Im Verhältnis zu den geringen Produktionskosten durchaus beachtlich, aber nach all den Vorschusslorbeeren auch eine kleine Enttäuschung.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top