Der entrüstetet Ausruf eines Vaters, dessen Tochter aus guter Gesellschaft einen Seitensprung gesteht. Bei dieser Szene mussten mein Sohn und ich im Kino lachen. Wie komisch wirkt so eine Szene in unserer Zeit, was für ein Stress wegen einiger Schäferstündchen in der Strandhütte.
Eine gewisse ungewollte Komik scheint Hermine Hundgeburth in ihren Filmen gerne zu verbreiten. Ich denke da an die Blaueugigkeit der blonden Massai, die sich in einen Neger verliebt, mitten in Afrika recht unbeholfen in einem Eingeborenenstamm herumdappt, aus dem sie letztlich kulturgeschockt wieder nach Europa flieht.
Bei der Massai Romanverfilmung wie bei Effi Briest spielt die sexuelle Emanzipation der Frau eine zentrale Rolle. Ich wußte gar nicht, dass Fontane bereits im 19ten Jahrhundert einen Kinsey oder Oswalt Kolle den Weg bereitete. Doch halt! Damals gab es ja noch nicht die Pille. Die Freiheit der Frau, in aller Öffentlichkeit zu rauchen, hat sich ein Jahrhunder später die Zigarettenindustrie zu Nutze gemacht. Duchaus zukunftsträchtig, dieser Fontane!
Man kann der Regisseurin zu Recht eine zu eigenwillige Interpretation Fontanes vorwerfen. Aber warum nicht? Sie reduziert Effi zu einem sexgesteuerten Dummerchen aus gutem Hause, das, gesellschaftlich degradiert, weder mit ihrem Kind, ihren Elltern, noch mit der gesamten Gesellschaft klar kommt, aber trotzig ihr Schicksal auf sich nimmt. Einfach, einfältig, deutlich und allen verständlich. Wie schlimm wars damals, wie aufgeklärt sind wir doch heute, oder?
Glaubt man manchem Historiker, hat Fontana seinen Roman als populäre literarische Unterhaltungs-Soap konzipiert. Erst unsere heutige humanistische Bildung macht daraus ein bedeutendes literarisches Machwerk, einen zeitkritischen Spiegel der Kaiserzeit. Aus diesem schweren Stoff formt dann ein Fassbinder eine filmische Messlatte, an der diese Verfilmung kläglich scheitern muß.
Ich finde, hier wird eine ursprünglich triviale literarische Vorlage filmisch transponiert. Die offensichtlichen Abweichungen vom Roman machen die Absicht einer eigenständigen Wiedergabe deutlich. Dies gelingt auf recht gekonnte Weise, bedenkt man die authentischen Aufbauten und Kostüme, auch die Schauspieler überzeugen. Der Film ist durchaus empfehlenswert.