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    Stirb langsam - Jetzt erst recht
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Stirb langsam - Jetzt erst recht
    Von René Malgo

    Es ist so eine Sache mit den Fortsetzungen, meistens werden sie schlechter und schlechter und schlechter und bringen das Original in Verruf. Sylvester Stallone kann davon (selbstverschuldet) mehr als ein Liedchen singen. Der Cineast denke nur an Rambo oder Rocky. Die Gefahr der Versaubeutelung bestand für den Action-Klassiker Stirb langsam bis jetzt erstaunlicher Weise nicht. Stirb langsam 2 versuchte erst gar nicht, den Meilenstein zu toppen, sondern gedachte nur so viel Spaß wie möglich zu verbreiten - Sinn- und Logikfreiheit bewusst in Kauf genommen. John McTiernans „Stirb langsam 3“ geht andere Wege und baut auf das Original auf, mit einem allerdings ganz anderen Schema als „Stirb langsam“ (das noch in Teil 2 mehr oder weniger kopiert wurde).

    John McClane: Why me? What’s got to do with me?

    Inspector Cobb: I have no idea, he just said it had to be you.

    John McClane: It’s nice to be needed.

    John McClane (Bruce Willis) geht’s besser als eh und je. Seine Frau hat ihn verlassen, sein Boss ihn suspendiert, ein Verrückter ihn als Opfer für ein seltsames Spiel auserkoren und in Form ist er ohnehin nicht. Der Maniac nennt sich Simon (Jeremy Irons). Eine Kaufhausexplosion nimmt er großzügig auf seine Kappe und kündigt gleich mal an, New York in ein Testgelände für scharf detonierende Bomben zu verwandeln, wenn nicht Grandseigneur McClane himself ein paar Rätsel lösen mag. McClane nimmt wohl oder übel an. Sein erstes „Rätsel“ führt ihn auch gleich in eine missliche Ghetto-Lage. „I hate niggers“, erklärt ein Schild, dass er zu tragen hat, natürlich mitten in Harlem. Böses Blut ist damit schnell gekocht und McClane kann von Glück sagen, dass sich Zeus in dieser unschicklichen Lage höchstpersönlich um ihn kümmert. Zeus ist zwar kein Blitze schleudernder Abgott, dafür ein farbiger Ladenbesitzer (Samuel L. Jackson), der etwas mehr einfühlende Intelligenz als die Obergangstas der Gegend beweist. Sein Aushelfen macht aus dem Gutmenschen einen unfreiwilliger Partner für McClane, woran der olle Simon seine helle Freude hat. Nun kann er zwei Trottel durch die Stadt scheuchen und ihnen unmögliche Aufgaben an den Kopf schleudern. Es scheint, als hätte der Verrückte ein sehr persönliches Problem mit McClane. Aber John wäre McClane nicht, wenn er nicht auch mit dieser Aufgabe wachsen würde…

    John McClane: ”I’ll tell you what your problem is, you don’t like me because you’re a racist!”

    Zeus: ”What?”

    John McClane: ”You’re a racist! You don’t like me because I’m white!”

    Wieder ist er im Unterhemd unterwegs und macht die Gegend unsicher. Dieses Mal allerdings ist Bruce Willis kein einsam kämpfender „Pain in the ass“ der Terorristen, vielmehr ist der augenscheinlich Verrückte erst einmal ein „pain“ in Willis’ „ass“. Auch fehlt die holde Holly, für die er in den Vorgängern noch gekämpft hat. Ihre Scheidung bedeutet ein Fernbleiben der Filmfrau. Der Action-Thriller beginnt fulminant. John McTiernan, Regisseur des ersten Teils, führt wieder Regie und lässt auch sofort die richtige Atmosphäre aufkommen. Es ist heiß, in New York explodieren die Bomben und McClane hat eindeutig bessere Tage gesehen. Ein herrlich dreckiger Actioner kündigt sich an. Die Aufgaben, die der Psychopath stellt, sind ausgefallen und bezeugen die Kreativität der Drehbuchautoren Jonathan Hensleigh (im Besonderen) und Roderick Thorp (im Allgemeinen). In hohem Tempo hetzen Willis und Jackson durch New York und versuchen der unmöglichen Herausforderung zu genügen. Es sieht tatsächlich danach aus, als könne Teil 3 dem Maßstäbe setzenden Erstteiler Paroli bieten. Leider aber vermag der Film es nicht ganz, das hohe Niveau bis zum Schluss zu halten.

    John McClane: ”Relax, I know what I’m doing.”

    Zeus: ”Not even God knows what you’re doing, McClane.”

    Als McClane gewahr wird, was tatsächlich gespielt wird, beginnen sich Löcher in der bis dato dichten Story aufzutun. Wirklich schmerzlich fällt diese Tatsache nicht ins Gewicht, zumal der Action-Thriller ein solch hohes Anfangstempo und eine erzählerische Dichte an den Tag gelegt hat, dass ein Nichthalten des überdurchschnittlich hohen Niveaus fast als logische Folge angesehen werden kann. Wesentlich intelligenter als Teil 2 kommt der Nachfolger auf jeden Fall daher, womit „Stirb langsam 3“ das gelungene Machwerk von Renny Harlin mühelos übertrumpft. John McTiernan (ohnehin ein begnadeter Actionfilm-Regisseur) beweist, dass er der einzig wahre Bruce „Stirb langsam“ Willis-Regisseur ist. Der Action-Thriller beschert einige Überraschungen. Die größte ist der angedeutete Plot-Twist, auf den aber nicht näher eingegangen werden soll. Die Kritik sollte eine gelungene Überraschung nicht unnötig vermiesen, für all diejenigen, die ihren Wohnsitz hinter dem Mond haben (wer eigentlich, hat die „Stirb langsam“-Trilogie nicht gesehen?, der hebe jetzt besser nicht die Hand). Eben jene Überraschungen sorgen für Erstaunen, halten den außergewöhnlich hohen Spannungsgehalt auf Niveau und lassen den Kenner des ersten Teils schmunzeln, sorgen aber eben auch für besagte Plot Holes.

    Aber gut, darauf weiterhin herumzureiten, erscheint genauso ergiebig, wie die Buchabweichungen der Der Herr der Ringe – Trilogie negativ zu betonen. Der Spaßwert ist ungebrochen hoch, hält mühelos mit dem des ersten Teils mit und übertrifft den des Vorgängers. Nicht zuletzt deshalb, weil sich die Drehbuchautoren nun wieder Mühe gegeben haben, eine richtige Geschichte zu erzählen. Die Sprüche sind so trocken wie eh und je und Bruce Willis ist als McClane natürlich in Bestform. Das ist sein Metier, das ist seine Rolle, da fühlt er sich wohl und in dieser Funktion (als leidender, Sprüche klopfender Antiheld) sieht ihn der Zuschauer gern.

    FBI Agent: ”Does the name Gruber mean anything to you, lieutenant?”

    John McClane: ”It rings a bell, yeah.”

    Dem großen Bruce wurde nun aber ein Buddy zur Seite gestellt. Wir kennen die Regeln des Buddy-Movies: Der Buddy muss schwarz sein („Lethal Weapon“-Reihe, Last Boy Scout). Samuel L. Jackson ist der Buddy. Da aber Willis selbst die Sprüche klopft, muss Samuel L. den Quasselstrippenpart, welcher den farbigen Buddys meist vorbehalten ist, nicht übernehmen. Er reiht sich in die Tradition der Danny Glovers („Lethal Weapon“) ein, wobei Bruder Jackson verbal durchaus mit Raubein Willis mithalten kann. Das durch die Umstände zusammengeführtes Buddy-Gespann wider Willen ergänzt sich prima. Jackson bleibt nicht in Brucies Schatten und schafft es auch, eine tragende Rolle im Film einzunehmen. Das liegt nicht nur an seinen schauspielerischen Fähigkeiten und der unzweifelhaft vorhandenen Leinwandpräsenz, sondern auch am gelungenen Drehbuch. Ohne zuviel zu verraten, kann schon an dieser Stelle gesagt werden, dass ein wunderbar eiskalt-psychotischer Jeremy Irons den Bad Guy mimt und als dieser ohne jegliche Abstriche überzeugt. Alan Rickman macht er zwar nicht den Status des besten Bösewichts der Actionfilmgeschichte streitig, aber Irons schafft es zumindest, seinen Thron zu berühren. Immerhin wirkt er respekteinflößender als alle Bond-Allmachtsfantasten und Möchtegernweltbeherrscher zusammen.

    John McClane: ”Look I fail you cover my ass. You fail I cover your ass!”

    Zeus: ”And if we both fail?”

    John McClane: ”Then we’re both fucked!”

    Ja, Teil 3 macht sehr viel Spaß und ist ein erstaunlich starkes Stück Genrekino geworden. Härte und zynischer Humor halten sich perfekt die Waage, ein kleines bisschen angebrachte Dramatik fehlt auch nicht. „Stirb langsam 3“ widerlegt souverän die These, dass eine Kino-Serie mit jedem Film in der fortlaufenden Reihe schlechter werden müsste. Und natürlich fehlt auch John McClanes „Leitsatz“ nicht …

    John McClane: Yippie-kay-yay motherfucker!

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