In den USA sind sie Megastars, in Deutschland nur eingefleischten Kennern ein Begriff. Die Sprache ist von den Komikerinnen Tina Fey und Amy Poehler. Erstere machte nicht nur im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahlen mit ihren bitterbösen Sarah-Palin-Parodien in „Saturday Night Live“, sondern auch als Autorin und vielfach preisgekrönten Hauptdarstellerin der Hitserie „30 Rock“ von sich Reden. Auch Amy Peohler ist Teil von „Saturday Night Live“, dem amerikanischen Comedyformat schlechthin, und schiebt nun langsam auch ihre Kinokarriere (Neid, Die Eisprinzen) an. So wunderbar es bereits im US-Fernsehen harmoniert, so superb agiert das Duo nun auch in Michael McCullers Leihmutter-Komödie „Baby Mama“ auf der Leinwand zusammen. Dass das Skript nicht nur gute Gags bereithält, sondern auch arg berechenbar und zu sehr auf Heile-Welt-Happy-End ausgerichtet ist, wird die Zielgruppe kaum stören. In den USA machte dieses angepeilte Publikum, bestehend aus Frauen ab 18 Jahren, den Film zu einem Überraschungshit. Ein ähnlicher Erfolg wird sich in Deutschland – trotz des glänzend aufgelegten Hauptdarstellerinnen-Duos und einigen bekannten Namen in Nebenrollen – aber kaum einstellen.
Kate Holbrook (Tina Fey) hat Karriere gemacht, aber ihr Privatleben vernachlässigt. Mittlerweile ist sie zwar zur Vizepräsidentin einer Handelskette aufgestiegen, dafür aber immer noch Single und vor allem keine Mutter. Mit 37 Jahren findet Frau nun mal nicht so schnell einen Mann, der sofort bereit ist, ein Kind zu zeugen. Und bei der Adoptionsstelle sind die Wartezeiten für Alleinstehende verdammt lang. Als dann auch noch mehrere Versuche, sich künstlich befruchten zu lassen, scheitern, wendet sie sich an die Agentur von Cheffee Bicknell (Sigourney Weaver), die Leihmutterschaften vermittelt. So kommt Kate mit der aus einfachen Verhältnissen stammenden Angie (Amy Poehler) in Kontakt. Doch nach der medizinischen Prozedur geht alles drunter und drüber. Angie steht plötzlich vor Kates Tür, weil sie sich von ihrem Freund Carl (Dax Shephard) getrennt hat. Die werdende Mutter zieht bei Kate ein, was für Chaos sorgt, da die wilde Angie selbst mehr Kind als Erwachsene ist. Dabei hat Kate bereits beruflich alle Hände voll zu tun. Für ihren Boss Barry (Steve Martin) muss sie einen großen Einkaufsmarkt bauen, der in der unmittelbaren Nachbarschaft des kleinen Saftladens des smarten Rob (Greg Kinnear) entstehen soll…
Das Regiedebüt von „Austin Powers“-Co-Autor Michael McCullers ist voll auf seine beiden Hauptdarstellerinnen zugeschnitten, die sich dann auch als größte Stärke des Films entpuppen. Auch wenn McCullers offiziell als einziger Drehbuchautor gelistet ist, durften die beiden als Gag-Schreiber erfahrenen Aktricen viele ihrer Szenen improvisieren und selbst gestalten. Die unbändige Spielfreude, die das Duo bei der Umsetzung der gemeinsamen Szenen an den Tag legt, macht den speziellen Reiz des Films aus. Wenn die beiden gegensätzlichen Frauen sich zunächst das Leben schwer machen, dann in einer Art Therapiesitzung landen, sich „verschwestern“ und schließlich gemeinsam in der Disco abrocken, liegt jede Menge Energie in der Luft. Die Dialogsalven, die Fey und Poehler dabei aufeinander abfeuern, sind große Klasse. Nahezu jeder ihrer gemeinsamen Momente ist hohe Comedy-Kunst, und auch das Zusammenspiel mit Romany Malco (Der Love Guru) als liebenswürdiger Portier Oscar stimmt. Allerdings fällt „Baby Mama“ in den Szenen ohne diese drei merklich ab.
Gerade die Auftritte der beiden prominentesten Nebendarsteller werden verschenkt. Sigourney Weaver (Alien, Heartbreakers, Snow Cake) ist als dauerschwangere Leiterin der Leihmutteragentur gerade noch für ein paar Lacher gut. Steve Martin (L.A. Story, Der rosarote Panther) erweist sich als Guru-hafter Boss hingegen als vollkommen überflüssig. Wenn er mit langem Pferdeschwanz seine beste Mitarbeiterin zum gemeinsamen Meditieren auf den Konferenztisch bittet, ihr positive Energien per Kopfberührungen überträgt oder sie für gute Arbeit mit fünfminütigem Daueraugenkontakt belohnt, nervt das nur. Diese Szenen landeten wohl bloß deshalb nicht auf dem Boden des Schneideraums, wo sie hingehören, weil mit Martin eine Comedy-Größe die Rolle spielt.
Die übrigen Nebenrollen wurden von den Casting-Agenten zielsicher, aber überraschungsfrei besetzt. Holland Taylor (Die Truman Show) gibt als Kates Mutter eine geringfügige Variation ihrer Rolle aus der Comedy-Hitserie „Mein cooler Onkel Charlie“ zum Besten. Greg Kinnear (Little Miss Sunshine, Auto Focus) stattet den recht anspruchslosen Part von Kates Love Interest mit der nötigen Portion Charme aus. Dass man dem Saftverkäufer aber unbedingt noch eine Vergangenheit als skrupelloser Anwalt für Top-Manager andichten musste, ist nur schwer nachzuvollziehen. Dax Shephard (Trouble ohne Paddel, Employee Of The Month) überzieht als Angies Proll-Freund in den richtigen Momenten, während Maury Tierney (Semi-Pro, „Emergency Room“) in ihrer Mini-Rolle kaum eine Gelegenheit bekommt, sich auszuzeichnen.
Zum Glück sind die Szenen ohne Poehler und Fey aber recht rar gesät, dienen sie meist doch nur dazu, das nächste Zusammentreffen der Leading Ladies vorzubereiten. Die Story hat insgesamt eh nur die Funktion, den beiden Comedy-Stars Raum zum Brillieren zu bieten. Während sie noch recht vielversprechend beginnt, gleitet die Handlung später immer mehr in standardisierte Gefilde ab. Und im großen Friede-Freude-Eierkuchen-Finale wird dann doch eine ganze Spur zu dick aufgetragen.
Fazit: Tina Fey und Amy Poehler strahlen so viel Frauenpower aus, dass sie die Schwächen locker wettmachen. Außerdem landet das Duo genug Lacher, um dem Zuschauer das großzügige Hinwegsehen einfach zu machen. Auch Männer müssen sich daher nicht allzu sehr sträuben, wenn ihre Frauen sie zu einem Kinobesuch zwingen. Der Humor ist in „Baby Mama“ zwar nicht ganz so bissig wie die Fey/Poehler-Auftritte im US-TV, trotzdem erweisen sie sich als (auf gute Art) vulgär und vor allem verdammt unterhaltsam.