Eine Komödie über Arbeitslosigkeit. Darf man das? Ja, die Briten machen es uns schon lange vor, wie man Filme über dieses ernste Thema inszenieren und dabei trotzdem einen unterhaltsamen Ton anschlagen kann (prominentestes Beispiel ist wohl „Ganz oder gar nicht“). Auch deutsche Filmemacher versuchen sich mittlerweile daran, jüngere Werke wie Eoin Moores Im Schwitzkasten oder vor allem Hannes Stöhrs Berlin is in Germany beweisen es. Nun kommt „Der Letzte macht das Licht aus“ in ein paar wenige deutsche Kinos. Eigentlich produziert für „Das kleine Fernsehspiel“ des ZDF, welches in der Vergangenheit schon einige exzellente Produktionen hervorgebracht hat (Am Ende kommen Touristen, Jagdhunde), bringt man Clemens Schönborns Komödie nun etwas größer heraus. Die TV-Mattscheibe wäre dann aber doch der bessere Platz für diesen kleinen Film gewesen, der seine guten Ansätze zwar nicht zu verstecken braucht, dessen viele deutlichen Schwächen aber klar offen liegen.
Seit zwei Jahren ist Zimmermann Silvio (Mario Irrek) arbeitslos. Morgens klappert er ohne Erfolg die zahlreichen Berliner Baustellen ab, fragt sich vorbei an ausländischen Schwarzarbeitern zum Polier durch, um immer wieder die gleiche Antwort zu bekommen. Es bestehe kein Bedarf an seiner Arbeitskraft. Seine Betreuerin (Judith Hopf) von der Agentur für Arbeit hält diese Initiative auf eigene Faust für überflüssig, schließlich kümmere sie sich doch um ihn. Und ihr neuestes Angebot klingt dann auch mal wirklich viel versprechend. In Norwegen suche man händeringend Bauarbeiter und zahle den dreifachen Lohn. Vorher müsse er allerdings noch einen Norwegischkurs für Bauarbeiter absolvieren, den der Staat zahlt. Dabei trifft Silvio auf weitere Arbeitslose wie zum Beispiel Norbert (Jürgen Tarrach), der einst eine eigene kleine Firma hatte, die aber pleite ging, und Micha (Wolfram Koch), den nichts mehr in Berlin hält und der auch in seiner Freizeit fleißig norwegisch paukt. Doch was passiert so fern der Heimat mit den Lebensgefährtinnen? Silvio sieht mit großer Sorge, wie seine hübsche Freundin Mandy (Mira Partecke) die Blicke aller Männer auf sich zieht und seinen baldigen Wegzug so gar nicht zu bedauern scheint. Und Norbert ist fest davon überzeugt, dass seine Frau (Andreja Schneider) und sein Sohn (Oskar Hassler) schon mit ihm in den hohen Norden kommen werden und merkt dabei gar nicht, dass diese in Berlin bleiben wollen. Und der ungebundene Micha trifft ausgerechnet so kurz vor der Abreise Ella (Jenny Schily), die im Imbiss gegenüber arbeitet, in Wirklichkeit aber Journalistin ist, die mal ins Unterschichtenmilieu eintaucht.
Gerade zu Beginn weist der zweite Spielfilm (nach „Fräulein Phyllis“, 2004) von Regisseur Clemens Schönborn eine ganze Menge witziger Szenen auf. Die ersten Schritte der Protagonisten in der norwegischen Sprache, ihre völlig unterschiedliche Herangehensweise, die von „sich extrem schwer tun“ (Silvio), „fleißiger Streber“ (Micha) und „ich habe da mal meine Familie mitgebracht, zwei Leute mehr machen dem Kurs doch nichts aus“ (Norbert) reichen, führen flott und witzig in den Film ein. Mit der Zeit verzettelt sich Schönborn aber ein wenig damit, allen drei Hauptpersonen und ihren jeweils unterschiedlichen Beziehungen gerecht zu werden. Denn richtig überzeugen kann hier nur der Plot um den von Jürgen Tarrach (Silentium) erstklassig gespielten Norbert, der es einfach nicht überwinden kann, dass er als einstiger Chef nun die gleiche Bank wie die einfachen Arbeiter drückt und dabei nicht bemerkt, wie ihm seine Familie entgleitet. Ein Highlight ist dabei eine Szene, in der Norbert vom Gerichtsvollzieher (Frank Büttner) die komplette Wohnungseinrichtung weggepfändet wird und er einfach mitten drin sitzt und versucht, seiner Familie die norwegische Sprache einzubläuen.
Die Beziehung von Silvio und Mandy bleibt trotz der zu Beginn größten Spielzeit dagegen recht blass und ist nie richtig greifbar. Völlig aus dem Ruder läuft Schönborn und seinem Co-Autor Knud Kohr bisweilen der Part um Micha und Ella, und das trotz einer absolut großartig aufgelegten Jenny Schily (Die Stille nach dem Schuss), der Tochter des ehemaligen deutschen Innenministers Otto Schily. Sie spielt die intelligente Großstadt-Akademikerin, die am Anfang über die Arbeitslosen hetzt, Micha immer wieder demütigt, um ihn schlussendlich in ihr Bett zu ziehen. Die Erklärung dafür ist denkbar einfach: Wie sie später, in einer völlig unpassenden und stupiden Situation, unter Hypnose aussagt, ist sie die ganzen Affären mit Intellektuellen leid und sehnt sich einfach nach einem richtig starken Mann. Diese Sehnsucht geht so weit, dass sie schließlich auch mit nach Norwegen kommt. Eine passende figurenpsychologische Auslotung dazu spart sich der Film – abgesehen von der angesprochenen unpassenden – Szene allerdings.
Wo die besseren Beispiele aus Deutschland und Großbritannien sehr fein die Sozialkritik in ihren Film einspannen, trifft Schönborn auch hier leider nicht den richtigen Ton. Ein platter Spruch über Michael Schumachers Steuerflucht und eine gemeinsame Stürmung einer Baustelle mit Schwarzarbeitern durch das Arbeitslosentrio müssen hier als plakatives Ausrufezeichen herhalten. Das ist denkbar einfach, bringt aber wenigstens im zweiten Fall seine witzigen Momente mit sich. Diese sind es auch, die den Film retten. Denn obwohl man Schönborn viel ankreiden kann, streut er immer wieder ein wenig Humor ein und verhindert so, dass man sich langweilt. Nur einer etwas tiefer gehenden Auseinandersetzung hält sein Film halt nicht stand.