Tatort Spielplatz: Ein junges Mädchen baut eine Sandburg. Der Junge, den sie mag, kommt auf sie zu. Doch statt ihre architektonischen Fähigkeiten zu würdigen, schubst er sie um und teilt ihr mit, dass sie wie Hundekacke riecht. Das Mädchen rennt heulend zu seiner Mutter. Die erklärt ihrer Tochter, um sie zu trösten, dass der Junge das ja nur gemacht habe, weil er sie in Wahrheit gerne hat. Damit ist der Grundstein allen Übels gelegt. Noch im Erwachsenenalter wird sich das Mädchen, wann immer ein Mann sie abweist, eine Ausrede einfallen lassen: Entweder ist er emotional zu unreif oder kommt mit ihrem beruflichen Erfolg nicht klar. Die naheliegendste Erklärung, die zudem auch noch in den meisten Fällen zutrifft, wird hingegen konsequent ausgeklammert: „Er steht einfach nicht auf Dich.“ In seiner stargespickten Dramödie räumt Regisseur Ken Kwapis (Eine für 4, Lizenz zum Heiraten) mit lauter solchen Beziehungs-Irrtümern auf. Dabei führt er so manche klischeehafte Dating-Regel, etwa dass Frauen auf keinen Fall zuerst zurückrufen dürfen, gekonnt ad absurdum. Leider fällt sein Film dabei im letzten Akt seinem Entstehungsort Hollywood zum Opfer und wird so auf der Zielgeraden selbst noch zum - wenn auch kurzweiligen - Klischee.
Janine (Jennifer Connelly, Requiem For A Dream, Blood Diamond) ist verheiratet, doch ihr Mann Ben (Bradley Cooper, The Midnight Meat Train) fühlt sich eingeengt und flüchtet deshalb zur sexy Yoga-Lehrerin Anna (Scarlett Johansson, The Spirit, Vicky Cristina Barcelona). Beth (Jennifer Aniston, Entgleist, Marley & ich) wäre gern verheiratet, doch ihr Freund Neil (Ben Affleck, Daredevil, Dogma), mit dem sie seit sieben Jahren zusammen ist, hält nichts von der Ehe. Mary (Drew Barrymore, 50 erste Dates, Drei Engel für Charlie) ist umgeben von gutaussehenden, hilfsbereiten Männern – sie arbeitet als Redakteurin bei einem Schwulen-Magazin. Privat gerät sie jedoch immer nur an die Falschen. Gigi (Ginnifer Goodwin, Walk The Line) kommt mit den Flirt-Regeln einfach nicht klar. Darf sie ihr Date nun anrufen, oder muss sie abwarten, bis der Mann sich meldet? In dem Barkeeper Alex (Justin Long, Jeepers Creepers, Stirb langsam 4.0) findet sie einen Ratgeber, der ihr die männliche Psyche begreifbar macht…
Bestseller werden verfilmt, Punkt! Das ist ein Naturgesetz, ähnlich verlässlich wie die Schwerkraft. Und wenn der Pool belletristischer Literatur leergefischt ist, wird eben auf Sachbücher zurückgegriffen. Die deutsche Kinowirtschaft hat es vorgemacht: Im vergangenen Jahr verfilmte Leander Haußmann den Kommunikationsratgeber Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken von Allan und Barbara Pease. Nun zieht Hollywood nach. Auch „Er steht einfach nicht auf Dich“ ist ursprünglich ein Ratgeber, in dem die Autoren Greg Behrendt und Liz Tuccillo auf nüchterne Art mit Beziehungsklischees ins Gericht gehen. Die Drehbuchschreiber Abby Kohn und Marc Silverstein („Ungeküsst“) haben sich einige der in der Vorlage aufgestellten Thesen als lose Aufhänger genommen, um drumherum eine typische Ensemblekomödie zu spinnen, in der jeder Charakter für ein anderes Beziehungsproblem steht.
Dabei stellt der Film einige scharfsinnige Beobachtungen an, etwa wenn es um die Auswirkungen neuer Kommunikationstechnologien geht: Früher konnte eine Frau ihren Schwarm ausdauernd alle Viertelstunde anklingeln, bis er endlich den Hörer abnahm. Mittlerweile gibt es jedoch die Rufnummernerkennung – und der Mann kann anhand der Anzahl der Anrufe wunderbar ablesen, wie verzweifelt die Frau ist. Außerdem ist die Zahl der Zurückweisungen, die ein Mensch in seinem Leben erfährt, proportional zum Fortschritt der Technologie. Wenn man früher nach Hause kam und das rote Licht des Anrufbeantworters nicht blinkte, war das nicht schön, aber zu verkraften. Heutzutage kommen zum AB noch zwei E-Mail-Fächer, die Mailbox, der Blackberry, der SMS-Speicher sowie der Facebook- und der StudiVZ-Account hinzu – acht Mal keine Nachricht, acht Mal so viele Zurückweisungen, acht Mal so häufig Depressionen.
Wer alle Dating-Gesetze per se verdammt, stellt damit eine neue Regel auf, die genauso falsch ist. Diesen Fehler macht Ken Kwapis nicht. Er widerlegt ein Klischee hier, bestätigt es dort, um es dann woanders erneut auf den Kopf zu stellen. Bei diesem geschickten Spiel mit Vorurteilen legt der Regisseur ein straffes Tempo an den Tag, das den Unterhaltungsfaktor durchgängig auf einem hohen Niveau hält. Am Ende springen bei diesem amüsanten Hin und Her sogar einige Traumfabrik-untypische Lebensentwürfe heraus: zum Beispiel Scheidung als richtiger Schritt oder Glücklichsein auch ohne Trauschein.
Doch Hollywood ist ein zähes Biest und reißt die letzte Viertelstunde gnadenlos an sich: Achtung Spoiler! Janine sieht endgültig ein, dass sie sich an den falschen Traum(-Mann) geklammert hat. Nun will sie die Scheidung. Natürlich darf in einer Hollywood-Komödie aber eine Scheidung nichts Positives sein. Weil jedoch der Handlungsstrang keine andere Auflösung erlaubt, wird die Angelegenheit zumindest künstlich verniedlicht: Janine räumt Bens Klamotten aus dem Schrank und knallt sie wütend ins Wohnzimmer. So weit, so gut. Doch dann zwingt ihr Ordnungswahn Janine, die Sachen wieder feinsäuberlich zusammenzulegen. Statt einer mutigen Aussage steht so am Schluss nur ein müdes Lächeln. Noch schlimmer trifft es Beth und Neil. Die beiden haben erkannt, dass es ein Happy End auch ohne Ring am Finger geben kann. Sie sind glücklich vereint und der Zuschauer bekommt das Gefühl, dass das auch bis an ihr Lebensende so bleiben wird. Fertig, aus, vorbei. Oder etwa doch nicht? In Hollywood gibt es kein Happy End ohne Hochzeit, basta! Und deshalb schreitet Jennifer Aniston in einer angeklatschten Szene doch noch im Brautkleid zum Altar. Das ist nicht nur überflüssig wie sonstwas und entbehrt jeglicher Glaubwürdigkeit, es ist auch strunzdoof und verlogen. Spoiler Ende!
Fazit: Dank der gut aufgelegten Darsteller überzeugt „Er steht einfach nicht auf Dich“ zwar als temporeiche Beziehungs-Dramödie für Sex And The City-Fans, aber ohne die anbiedernde Schlussviertelstunde wäre noch mehr drin gewesen. Statt eines durchgängig geschickten Spiels mit Genreregeln bekommt der Zuschauer so doch wieder nur – wenn auch charmant gemachte – Hollywood-Einheitskost vorgesetzt. Und wenn der Abspann rollt, siegt die Erkenntnis: Der einzig gute Mann auf diesem Planeten war, ist und wird immer sein: The one and only, Ben Affleck.