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    Der Tod einer Bestie
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Der Tod einer Bestie
    Von Christoph Petersen

    Auch wenn Regisseur Luis Llosa noch nie einen im herkömmlichen Sinne guten Film gemacht hat, konnte man sich auf seine trashigen B-Pictures in den 90er-Jahren doch stets verlassen – egal ob „Mörderischer Amazonas“, „Sniper“ oder „The Specialist“ mit Sylvester Stallone und Sharon Stone, weit entfernt von jedem Oscar haben alle seine Werke auf einer gewissen Ebene zumindest immer gut unterhalten. 2005, acht Jahre nach seiner letzten Regie-Arbeit, dem Jennifer-Lopez-Schlangentrash „Anaconda“, wagte sich Llosa in seinem Heimatland, der Dominikanischen Republik, nun ausgerechnet für die Verfilmung des anspruchsvollen Politdramas „Das Fest des Ziegenbocks“ wieder hinter die Kamera. Auch wenn die Wahl in Anbetracht von Llosas vorherigen Arbeiten kaum zu verstehen ist, lässt sie sich vielleicht am besten mit dem Umstand erklären, dass Llosa der Cousin von Mario Vargas Llosa, dem Verfasser der literarischen Vorlage, ist. Ob Mario Vargas Llosa, einer der wichtigsten politischen Autoren Südamerikas und seit 1996 Träger des Friedenspreises des deutschen Buchhandels, mit der filmischen Umsetzung seines Bestsellers zufrieden ist, ist nicht bekannt. Aber eigentlich sollte er es nicht sein – denn obwohl sich sein Regie-Cousin zwar rein inhaltlich eng an seine Vorlage gehalten hat, erzählt dieser die Geschichte nicht als politisches Drama oder Politthriller, sondern als uninspirierte Schnulze, die ohne eine einzige filmisch interessante Sequenz daherkommt und stattdessen mehr Wert auf Kitsch und unkontrolliertes Over-Acting zu legen scheint.

    Nach über 30 Jahren kehrt die erfolgreiche Anwältin Urania (Isabella Rossellini, als Kind: Stephanie Leonidas) in ihre Heimat, die Dominikanische Republik, zurück. Auch mit ihrem demenzerkrankter Vater Agustin Cabral (Paul Freeman), der einst als Senatspräsident zur rechten Hand des grausamen Diktators Trujillo (Tomas Milian) avancierte, hat sie die ganze Zeit über kein Wort gesprochen. Die schweren Vorhaltungen ihrer Tante nicht mehr ertragend, entschließt sich Urania, das düstere Geheimnis zu offenbaren, das einst zu ihrer Flucht und dem tiefen Hass gegenüber ihrem Vater geführt hatte. Auch erzählt werden die Hintergründe von einigen Männern, die sich aus persönlichen, familiären oder auch religiösen Gründen dazu entschlossen, das Leben des Schlächters Trujillo, der von 1930 bis 1961 eines der blutigsten Terrorregime der jüngeren südamerikanischen Geschichte ausübte, gewaltsam zu beenden…

    „Das Fest des Ziegenbocks“ nähert sich der Terrorherrschaft Trujillos aus zwei Richtungen, ohne dass einer der beiden Versuche dieser blutigen Ära auch nur im Ansatz gerecht werden könnte. Die Hintergründe der Attentäter werden nacheinander in kurzen Rückblick-Episoden erzählt, wobei es Llosa nie gelingt, diese in eine ansprechende Dramaturgie zu verpacken. Vielmehr erinnert dieses Stückwerk an einen missratenen B-Mafiastreifen. Hinzu kommt, dass dieser ganze Teil viel zu harmlos geraten ist – von der allgegenwärtigen Gefahr und der willkürlichen Gewalt ist nur hin und wieder mal kurz etwas zu spüren und auch dann nur in sehr entschärfter, oft auch verkitschter Form. Es ist ein echtes Problem, dass die kitschigste Szene hier nicht etwa ein ewiger Liebesschwur, sondern eine Zeitlupenexekution ist. Was an Gewalt in der politischen Herangehensweise fehlt, wird in der persönlichen gleich zigfach nachgeliefert. Da wird die junge Urania nämlich – in einer insgesamt über 20-minütigen Sequenz!!! – zur pädophilen Schlachtbank geführt. Ohne jede Sensibilität und jedes Einfühlungsvermögen versteht es Llosa, gerade diesen Part der Geschichte, der nur die niedersten Telenovela-Instinkte ansprechen sollte, bis ins Letzte auszuschlachten. Schwerpunktsetzung: mangelhaft! Und auch ansonsten bleibt von dieser verworrenen, aber deshalb noch lange nicht komplexen Annäherung an einen machtbesessenen Irren kaum etwas hängen.

    Regisseur Llosa und Schauspieler – eine Mischung, die ganz offensichtlich einfach nicht zusammenpassen will. Haben die übermotivierten Darsteller, die bei Llosa anscheinend immer machen dürfen, was sie gerade wollen, bei Filmen á la „Anaconda“ noch positiv zum trashigen Charakter der Produktion beigetragen, geht einem das krude Over-Acting bei dem sich ernst nehmenden „Das Fest des Ziegenbocks“ nur noch auf die Nerven. Wenn selbst eine Schauspiel-Ikone wie Isabella Rossellini (Blue Velvet, Infamous), die hier jeden Satz so ungeheuer bedeutungsschwanger spricht, als wäre es ihr letzter, auf Schultheater-Niveau herabfällt, ist das schon arg bedenklich. Ähnlich ergeht es auch Paul Freeman, der über die ganzen zwei Stunden mit einer solchen Konsequenz tief betroffen dreinschaut, dass es schon bewundernswert wäre, wäre es nicht schon so absolut lächerlich. Und auch Tomas Milian (JFK, „The Yards“) erreicht als Diktator weder die hypnotischen Qualitäten von Forest Whitaker als Idi Amin in The Last King Of Scotland noch die Perfektion der Imitation, die Bruno Ganz als Hitler in Der Untergang abgeliefert hat, sondern wirkt stattdessen die ganze Zeit so angestrengt gewichtig, als ob er ganz dringend auf die Toilette müsste. Nur Stephanie Leonidas (Yes) hält sich als kindliche Urania soweit zurück, dass man ihren charmanten Auftritt als durchweg gelungen bezeichnen könnte. Ansonsten scheint sich, ohne dass Llosa auch nur einmal eingeschritten wäre, auch jeder dritte Statist von links in den Vordergrund spielen zu wollen.

    In seinen früheren Werken hat Llosa immer mal wieder mit der einen oder anderen durchgeknallten Inszenierungsidee überrascht. In Anbetracht des schwerwiegenden Anspruchs der Vorlage scheint er aus Angst vor der Aufgabe, „Das Fest des Ziegenbocks“ zu verfilmen, jedoch wie zu einer Salzsäure erstarrt zu sein. Außer einigen wenigen überzeugenden Ausstattungsszenen wechselt sich hier lediglich ein uninspiriert gefilmter Dialog mit dem nächsten ab. Immer die gleichen Einstellungen, nur eintönige, biedere Schnittfolgen und vor allem immer dieselbe übertriebene und deshalb ungeheuer nervige musikalische Untermalung. So hat es der verharmlosende, langweilig inszenierte und grausam gespielte „Das Fest des Ziegenbocks“ – trotz der hervorragenden Romanvorlage – schwer, qualitativ auch nur an einen durchschnittlichen Sat.1-Urlaubsthriller heranzureichen.

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