Innerhalb nur weniger Jahre ist Judd Apatow vom eher unbekannten SitCom-Produzenten zum angesagtesten Komödienguru Hollywoods aufgestiegen. Seine beiden Regiearbeiten Jungfrau (40), männlich, sucht... und Beim ersten Mal erwiesen sich nicht nur als wahre Publikumsmagneten, sondern brachten mit ihrem zotigen, derben, aber gleichzeitig dennoch menschlichen Humor frischen Wind ins RomCom-Genre. Ähnlich erfolgreich ist Apatow auch als Produzent zahlreicher anderer Komödien, die zumeist von guten Freunden (von der Zeitschrift Entertainment Weekly auch schon als „Apatow-Gang“ bezeichnet) inszeniert und geschrieben werden. So auch bei „Nie wieder Sex mit der Ex“: Regie führt Nicholas Stoller, mit dem Apatow bereits das Drehbuch zu Dick und Jane geschrieben hat, als Hauptdarsteller fungiert Jason Segel (Beim ersten Mal), der auch gleich noch das Drehbuch beisteuerte. Herausgekommen ist ein amüsantes Feel-Good-Movie, das allerdings manchmal den Wunsch aufkeimen lässt, Apatow hätte sich auch kreativ an dem Projekt beteiligt.
Das Fernsehen handelt sie als eines der Traumpaare Hollywoods: Krimiserien-Star Sarah Marshall (Kristen Bell, Pulse, Kifferwahn) und TV-Komponist Peter Bretter (Jason Segel). Doch aus heiterem Himmel beendet Sarah die fünfeinhalbjährige Beziehung, was Peter in tiefe Depressionen stürzt. Um die Trennung zu verarbeiten, befolgt Peter den Ratschlag seines Stiefbruders (Bill Hader, Superbad) und sucht Abstand in einem Luxus-Ressort auf Hawaii – nur um dort festzustellen, dass Sarah gerade zufälligerweise im selben Hotel eingecheckt hat. Schlimmer noch: Sarah ist nicht alleine verreist, sondern hat ihren neuen Freund, den britischen Sänger und Frauenheld Aldous Snow (Russell Brand), mitgebracht. Die Tage auf der Pazifikinsel werden so für Peter zur reinsten Qual - zumindest bis er der extrem süßen Rezeptionistin Rachel (Mila Kunis, „Die wilden Siebziger“) über den Weg läuft…
Ein Mann zwischen zwei Frauen im Urlaub in tropischen Gefilden – regelmäßige Kinogänger werden schnell feststellen, dass ihnen diese Situation aus dem vergangenen Jahr bekannt vorkommt. Denn auch wenn die Rollen etwas anders verteilt sind, so erinnert „Nie wieder Sex mit der Ex“ gerade im Mittelteil doch frappierend an die Farelly-Komödie Nach 7 Tagen – Ausgeflittert. Doch wo die Farelly-Brüder auf klassischen und schnell müde werdenden Slapstick-Humor setzten, orientiert sich Segel an seinem Mentor Apatow und konzentriert sich in erster Linie auf pointierte Dialoge. Dies soll natürlich nicht heißen, dass das Drehbuch – besonders für Peter – keine peinlichen Situationen bereithalten würde. Dennoch zieht der Film einen Großteil der Lacher aus seinen zahlreichen Wortgefechten und Zoten, die mit einer erstaunlich hohen Trefferquote aufwarten.
Ein weiterer Pluspunkt des Films sind die grundsympathischen Charaktere. Während viele romantische Komödien das Liebespaar in den Vordergrund rücken und die anderen Figuren eher als Stichwortgeber behandelt, gibt Segels Drehbuch auch den anderen Charakteren genug Möglichkeiten zur Entfaltung. Das beste Beispiel hierfür ist die Figur von Aldous Snow, Sarahs neuem Lover. Es wäre naheliegend, hier auf das Klischee des dümmlichen Großkotzes zu setzen. Doch Segel verweigert sich dem Offensichtlichen und lässt den anfangs tumb wirkenden Musiker im Laufe der Handlung immer sympathischer werden, legt ihm schließlich sogar einige der besten Sprüche des Films in den Mund.
Dies alles kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Segels Drehbuchdebüt eigentlich nichts wirklich Neues zu bieten hat. Die Ausgangssituation ist wohlvertraut, die Handlung folgt der aus so ziemlich jeder Liebeskomödie des letzten Vierteljahrhunderts bekannten Dramaturgie und wie das Ganze endet, ist spätestens nach den ersten zwanzig Minuten klar. So gestalten sich vor allem die gefühlsbetonteren Szenen eher zäh. Aber auch abseits dieser Problematik hat der Film leider ein paar Durchhänger aufzuweisen. Bereits Apatow musste sich die Kritik gefallen lassen, er würde stellenweise nur von Gag zu Gag inszenieren – er behielt dabei aber zumindest immer den Fluss des Films im Blick. „Nie wieder Sex mit der Ex“ wirkt hingegen gerade in der zweiten Hälfte sehr sprunghaft - das Drehbuch konstruiert hier zwar laufend neue, in Pointen resultierende Situationen, verliert die Geschichte dabei aber stellenweise völlig aus den Augen. Auch Regisseur Stollers routiniert-flotte Inszenierung kann diese Schwächen nicht verbergen.
Dass der Film dennoch durchgehend unterhaltsam bleibt, ist dem spielfreudigen Ensemble zu verdanken. Jason Segel beweist nach seiner Sidekick-Rolle in Beim ersten Mal, dass er durchaus auch die Fähigkeit besitzt, einen Film als Hauptdarsteller zu tragen. Seine selbst geschriebene Rolle gibt er mit viel Inbrunst und vollem Körpereinsatz (inklusive einigen „Frontal Nudity“-Shots, die in den USA für gesteigertes Aufsehen gesorgt haben) zum Besten. Ihm gegenüber stehen zwei extrem nett anzusehende Frauen. Während Mila Kunis in erster Linie durch ihr Äußeres auffällt, kann Kristen Bell zusätzlich noch mit einer Riesenportion Selbstironie punkten. So muss sich Sarah einmal anhören, wie Peter und Aldous ihren ersten Kinofilm verreißen – einen Film im Stile von One Missed Call und Pulse, in dem Bell ihre bis dahin größte Kinorolle hatte. (Sarah: „It's a metaphor for how society is overly dependent on technology." – Aldous: „It's a metaphor for a crap film!") Am stärksten in Erinnerung bleibt jedoch Russell Brand, der in seiner Rolle als spirituell und sexuell inspirierter „Oasis“-Gedächtnis-Rocker jede Szene an sich reißt. Positiv zu erwähnen sind auch noch die Nebenrollen, die mit dem wie immer großartigen Paul Rudd (Walk Hard, Nachts im Museum) als Surflehrer, Jonah Hill als Hotelangestellter und Bill Hader als Peters Stiefbruder mit weiteren Mitgliedern der „Apatow-Gang“ besetzt sind. William Baldwin und Jason Bateman liefern außerdem urkomische Cameo-Auftritte als Schauspieler in Sarahs Serie, die wie eine aberwitzige CSI-Parodie anmutet - beim Abspann unbedingt kurz sitzen bleiben!
Die schicke Kulisse und der ironische Soundtrack – natürlich läuft im Hintergrund ausgerechnet „Nothing Compares 2 U“ von Sinead O'Connor, als Peter gerade mit der Trennung klarkommen will – erledigen den Rest: An die Qualität eines Beim ersten Mal reicht „Nie wieder Sex mit der Ex“ zwar nicht heran, geht aber trotz klarer Schwächen als sommerliches Gute-Laune-Kino durch, das beide Geschlechter – und das ist in diesem Genre selten genug der Fall – gleichermaßen ansprechen dürfte.