In diesem Kinosommer fallen Weihnachten und Ostern offenbar zusammen, immerhin haut Hollywood hunderte von Millionen Dollar für Spielzeugverfilmungen raus. Nachdem im Juni mit Michael Bays Megasequel Transformers – Die Rache die teuerste Paramount-Produktion aller Zeiten in den Kinos startete (und ihr 200-Millionen-Dollar-Budget locker wieder einspielte), legt das Studio nun mit Stephen Sommers Actionfiguren-Adaption „G.I. Joe – Geheimauftrag Cobra“ noch einmal nach. Doch ganz im Gegensatz zur Transformers-Fortsetzung stehen diesmal alle Vorzeichen auf Misserfolg. Gerade im Internet genoss der Film schon lange, bevor ihn überhaupt jemand zu Gesicht bekam, einen derart miserablen Ruf, dass es nahezu unmöglich scheint, dass er sich von diesen Vorschusslorbeeren noch rechtzeitig zum Kinostart wieder erholt. Dabei wäre ein grandioses Scheitern von „G.I. Joe“ gleichermaßen unverdient wie der überwältigende Erfolg des zweiten „Transformers“-Teils, denn im Endeffekt landen beide Filme ziemlich gleichauf im Mittelfeld der schwachen Blockbustersaison 2009.
Captain „Duke“ Hauser (Channing Tatum) und sein Partner Wallace „Ripcord“ Weems (Marlon Wayans) haben von der NATO den Auftrag erhalten, mit zerstörerischen Nanobots bestückte Sprengköpfe aus einer Fabrik des MARS-Konzerns in Kirgistan zu eskortieren. Doch die Mission läuft schief. Die stets in Lack und Leder gekleidete Terroristin Baroness (Sienna Miller), die für die Geheimorganisation COBRA arbeitet, überfällt den Konvoi. Doch bevor sie mit den High-Tech-Waffen entkommen kann, taucht G.I. Joe auf und rettet den Tag. Unter der Leitung von General Clayton „Hawk“ Abernathy (Dennis Quaid) hat es sich die aus Topagenten wie dem Waffenspezialisten Hershel „Heavy Duty“ Dalton (Adewale Akinnuoye-Agbaje) oder der Nachrichtenoffizierin Shana „Scarlett“ O’Hara (Rachel Nichols) zusammengesetzte Spezialeinheit auf die Fahnen geschrieben, den internationalen Terrorismus in seinen Grundfesten zu erschüttern. Duke und Ripcord sind begeistert von den scheinbar endlosen technischen Möglichkeiten der Einheit (von flüssigen Nano-Rüstungen bis zum Beschleunigungs-Kampfanzug Delta-6 ist hier alles zu haben) und treten G.I. Joe nur allzu gerne bei. Doch die ruhigen Tage sind schnell gezählt. Baroness und COBRA geben keine Ruhe, bis sie die Sprengköpfe endlich doch noch in den Händen halten…
Die Story: Sicherlich gibt es Ausnahmen wie The Dark Knight, aber die lassen sich an einer Hand abzählen. Ansonsten meiden Sommerblockbuster durchdachte Storys wie der Teufel das Weihwasser. Da war der zweite „Transformers“-Streifen keine Ausnahme, und auch „G.I. Joe“ bekleckert sich in dieser Hinsicht nicht gerade mit Ruhm. Meistens reicht das lose Storygerüst gerade so aus, um dem Publikum zu verklickern, warum der eine gerade auf den anderen schießt. Das war’s dann aber auch. Dass man vor lauter Spannung, wie die Geschichte wohl ausgehen mag, zitternd in seinem Kinosessel kauern würde, lässt sich nun wahrlich nicht behaupten. Lediglich einige Sequenzen vermögen für sich zu fesseln, als Ganzes ist „G.I. Joe“ hingegen vor allem ein ziemliches Durcheinander. Das Duell Bay gegen Sommers endet in dieser Disziplin daher mit einem kläglichen 0:0-Unentschieden.
Die Charaktere: Sowohl „Transformers“ als auch „G.I. Joe“ basieren auf Actionfiguren des Hasbro-Konzerns. Doch während die Weltraumroboter in den vergangenen Dekaden einen globusumspannenden Siegeszug angetreten haben, blieb das Phänomen „G.I. Joe“ weitestgehend auf seinen Heimatmarkt beschränkt. Der militaristische Kern des Franchises ist eben doch ur-amerikanisch. Das heißt aber keinesfalls, dass die G.I.-Joe-Agenten in Sachen Kultfaktor nicht mit den Transformers mithalten könnten. Im Gegenteil: Während die Autobots und Decepticons gerade in den Verfilmungen von Michael Bay kaum eine eigene Persönlichkeit entwickeln und neben Shia LaBeaouf und Megan Fox deutlich in den Hintergrund treten, finden sich unter den G.I.-Joe-Charakteren durchaus ein paar coole Hunde. Neben dem Kommandanten „Hawk“ und dem augenbeklappten Oberbösewicht „The Doctor“ (Joseph Gordon-Levitt) fallen einem da spontan die verfeindeten Ninjakämpfer „Snake Eyes“ (Ray Park) und „Storm Shadow“ (Byung-hun Lee) ein. Während sich G.I. Joes „Snake Eyes“ stets in seinem schwarzen Tarnanzug verbirgt und eine Schweigegelöbnis abgelegt hat, würde COBRAs „Storm Shadow“ in seinem blütenweißen Kampfanzug ohne weiteres auch als eleganter Banker durchgehen. „G.I. Joe“ geht damit knapp 1:0 in Führung.
Die Spezialeffekte: Über Michael Bay lässt sich eine Menge Negatives berichten, aber sein Handwerk als perfektionistischer Effektspezialist versteht er auf jeden Fall. Die Transformers bestehen zwar mitunter aus so vielen beweglichen Einzelteilen, dass bei mancher Roboterprügelei kaum mehr zu erkennen ist, was auf der Leinwand gerade geschieht, aber gerade die eröffnende Zerstörungsorgie in Shanghai ist visuell schlichtweg herausragend. „G.I. Joe“ ist hingegen eine jener Produktionen, bei denen sich die Sci-Fi-artige Superwaffe in Form einer neongrünen Flüssigkeit präsentiert. Nun haben die meisten Filme mit Neonwaffen gemein, das die Spezialeffekte insgesamt ein wenig over the top sind, weshalb sie alles andere als echt aussehen. Das muss gar kein Nachteil sein, wenn die Macher nur ironisch genug mit den Effekten umspringen. Leider gelingt dies „G.I. Joe“ nur in der Paris-Sequenz: Die Verfolgungsjagd mit Superanzügen sowie die anschließende Zerstörung des Eifelturms machen richtig Laune. Ansonsten wirken die CGI-Effekte oft allerdings einfach ein wenig billig. Dieser Punkt geht daher eindeutig an Michael Bay und seine Weltraumblechmänner. Es steht 1:1.
Die Besetzung: Daran, dass Shia LaBeaouf einmal ein ganz Großer unter den Hollywoodstars wird, besteht eigentlich kein Zweifel. Trotz seines zarten Alters beweist der 23-Jährige bereits jetzt eine Leinwandpräsenz, die an den jungen Will Smith erinnert. Hinter der Karriere von Channing Tatum (Fighting) steht hingegen noch ein Fragezeichen. Nachdem er 2005 in Krieg der Welten noch einen Boy in church szene verkörperte, avancierte er nur ein Jahr später mit dem Tanzfilm Step Up über Nacht zum Teenie-Idol. Nun hat der Nachwuchsstar mit seinen Rollen in Lasse Hallströms Das Leuchten der Stille und Oliver Stones Pinkville zwar auch ein paar ernsthaftere Engagements ergattert, doch in „G.I. Joe“ fehlt ihm noch immer die gewisse Lockerheit, die einen echten Star ausmacht. In vielen Szenen wirkt er verkrampft, weshalb ihm die Sympathien des Publikums nicht unbedingt zufliegen. In Sachen Sexappeal geben sich „G.I. Joe“ und „Transformers“ hingegen nicht viel. Der lasziv über ihr Motorrad gebeugten Megan Fox reichen Sienna Miller (Factory Girl, Interview) und Rachel Nichols (Star Trek) im Doppelpack inklusive Catfight und hautengen Lederklamotten locker das Wasser. Ganz anders sieht es bei den Sidekicks aus. Während der eigentlich tolle John Turturro als Verschwörungstheoretiker mit Mamaproblemen einfach nur nervte, überzeugt Marlon Wayans nun mit seiner sympathisch-überdrehten Art und einigen tatsächlich amüsanten Onelinern. Dazu verdient sich „G.I. Joe“ mit dem Oldie Dennis Quaid (Frequency, 8 Blickwinkel), der seine Rolle als fürsorglicher Befehlshaber auf einem Bein und mit verbundenen Augen runterreißt, noch ein kleines Extra. Die Partie „G.I. Joe“ gegen „Transformers – Die Rache“ endet deshalb mit einem leistungsgerechten 2:2.
Fazit: Im Gegensatz zu Michael Bay, der Transformers – Die Rache viel zu ernst nimmt, ist sich Stephen Sommers durchaus darüber bewusst, dass „G.I. Joe – Geheimauftrag Cobra“ nicht mehr als purer Actiontrash sein kann. Das lässt den Film zwar sympathischer erscheinen, ändert aber im Endeffekt auch nichts daran, dass die beiden ausdauernden Effektschlachten auf längere Sicht doch gleichermaßen ermüden.