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    Die wilden Hühner und die Liebe
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    Die wilden Hühner und die Liebe
    Von Christoph Petersen

    Nachdem vergangenes Jahr im ersten Die wilden Hühner-Film bereits Handlungsstränge aus mehreren frühen Büchern der gleichnamigen, mit über zwei Millionen verkauften Exemplaren extrem erfolgreichen Reihe von Autorin Cornelia Funke eingeflossen sind, blieb für die nach dem starken Zuschauerzuspruch unabwendbare Fortsetzung nur noch eines übrig: „Die Wilden Hühner und die Liebe“. Wie es der Titel schon vermuten lässt, dreht sich dieses Mal alles um die kribbligen Schmetterlinge im Bauch. Die Wilden Hühner sind älter geworden, haben nun in erster Linie Jungs im Kopf, die Pubertät treibt ihre ersten erbarmungslosen Späßchen. Und Regisseurin Vivian Naefe gelingt es kongenial, ihren zweiten Hühner-Film diesen Veränderungen anzupassen. „Die wilden Hühner und die Liebe“ ist noch reifer als sein Vorgänger, mehr Jugend- als Kinderfilm, nicht mehr ganz so lustig, dafür ernster und dramatischer. Dabei hat der zweite Teil die Qualitäten des ersten allesamt übernommen. Er begegnet seinen jungen Zuschauern absolut auf Augenhöhe, erzählt eine unterhaltsame, berührende und vor allem grundehrliche Geschichte. Die Darsteller – egal ob klein oder groß – sind wieder bestens aufgelegt und machen mit ihrer charmanten Art einfach nur Spaß. So kommt es, dass sich mit „Die Wilden Hühner und die Liebe“ eine deutsche Kinderfilmfortsetzung verdientermaßen und ohne genrebedingte Zugeständnisse zu den stärksten Beiträgen des Kinojahres 2007 zählen darf.

    Auch wenn sie die schönste Sache der Welt ist, so hat die Liebe doch ihre Tücken. Diese Erfahrung müssen nun auch die Wilden Hühner mit mehr oder weniger schmerzhaften Nebenwirkungen machen. Seitdem Willi (Vincent Redetzki) mit ihr wegen der älteren Nana (Nora Quest) Schluss gemacht hat, ist Melanie (Paula Riemann) todtraurig und in ihrem Stolz verletzt. Ihre Trotzreaktionen bringen sie immer wieder in schwierige Situationen, schließlich kommt es gar zu einer ausufernden Schlägerei, die mehr als nur ein paar blaue Flecken zur Folge hat. Sprotte (Michelle von Treuberg) ist eifersüchtig, weil ihr Freund Fred (Jeremy Mockridge) von Nana Englischnachhilfe bekommt. Noch viel schwerer wiegt aber, dass ihre Mutter (Veronica Ferres) den Klugscheißer/Fahrlehrer Mossmann (Oliver Stokowski) heiraten will, obwohl sie gar nicht richtig in ihn verliebt ist. Doch dann steht auf einmal auch noch Sprottes seit zwölf Jahren verschollener, extrem gut aussehender Vater Christian (Thomas Kretschmann) vor der Tür. Und auch die übrigen Hühner Frieda (Lucie Hollmann), Wilma (Jette Hering) und Trude (Zsá Zsá Inci Bürkle) haben mit mehr oder weniger gossen Liebesproblemen zu kämpfen…

    Deckte der Vorgänger mit Freundschaft, Hühnerbefreiung und schlagenden Eltern noch ein breites Themenfeld ab, geht es diesmal nun ausschließlich um die Liebe. Diese wird hier jedoch in so vielen abwechslungsreichen Variationen präsentiert, dass der Langeweile schlicht keine Chance bleibt. Besonders gelungen ist dabei, dass die Liebe zwischen Erwachsenen als ebenso chaotisch wie die erste große Verliebtheit der Teenies dargestellt wird. Hier werden die Gefühle der jungen Protagonisten nicht als nur süß oder niedlich abgetan, sondern angenehm ernst genommen. Autorin Cornelia Funke sieht sich selbst als „Spionin der Kinder in der Welt der Erwachsenen“. Und diesem Selbstbild wird sie auch mit der Vorlage zu „Die Wilden Hühner und die Liebe“ aufgrund deren grundehrlichen Ernsthaftigkeit absolut gerecht. Ganz eindeutig zeigt sich dies auch an der Art und Weise, wie hier mit Homosexualität umgegangen wird, Wilma ist nämlich in eine hübsche blonde Mitschülerin verschossen. Für ein so junges Zielpublikum eh schon ein selten gewähltes Thema, wird es hier auch keinesfalls mit unangebrachten Samthandschuhen behandelt, Wilma wird in der Schule gemobbt, beschimpft und Melanie will die Lesbe gar aus dem „Wilde Hühner“-Club schmeißen – ein mutiger Vorstoß, der sich für den Film aber 1000fach auszahlt.

    Schon die Erzählform des ersten Teils hatte nur noch wenig mit einem typischen Kinderfilm gemein, doch die fließende Dramaturgie von „Die Wilden Hühner und die Liebe“ setzt nun neue Genremaßstäbe. Ohne zielgerichtet von einem Höhepunkt zum nächsten zu steuern, entstehen die Szenen ganz natürlich auseinander. Eine fast schon französische Erzählweise, die perfekt zu der Tatsache passt, dass der Film konsequent auf jeglichen erhobenen Zeigefinger verzichtet. Hinzu kommt als Sahnehäubchen noch ein launiger, stets gut aufgelegter Cast, den man einfach sofort in sein Herz schließen muss. Die Kinderdarsteller kommen allesamt glaubhaft, sympathisch und natürlich rüber, man merkt aber zugleich auch, dass hier genauso auch jede Menge Talent dahinter steckt. Und im Gegensatz zu den überhöhten Dialogen aus Die Wilden Kerle 4, die ebenso gut aus einem griechischen Drama stammen könnten, sind die Gespräche hier absolut altersgemäß und stimmig. Aber auch die alten Hasen tragen ihren Teil zum Gelingen bei. Veronika Ferres (Rossini) kehrt als rasende Taxi-Mutter in ihrer intensiv-sympathischen Form des ersten Teils zurück. Nachdem sie in Der Liebeswunsch eine langsam an fehlender Liebe zerbrechende Frau gespielt hat, ist Jessica Schwarz nun einfach wieder verdammt süß. Und King Kong-Abenteurer Thomas Kretschmann bringt gar noch ein wenig Hollywood-Glanz in die Produktion.

    Vivian Naefe ist einmal mehr eine grundehrliche und unendlich sympathische Funke-Verfilmung gelungen, die auch ernstere Themen mit einer angenehmen Leichtigkeit anpackt, ihrem Zielpublikum stets auf Augenhöhe begegnet und dabei auch noch die erwachsenen Begleiter bestens unterhält.

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