Adam Sandler ist ein Phänomen, wenn auch vorwiegend ein US-amerikanisches. Dort wird nahezu alles, was der Superstar anpackt, ein kommerzieller Erfolg. Da Anspruch für den „Sandman“ (fast immer) ein Fremdwort und pure, sinnfreie Unterhaltung die Losung ist, blitzen die Sandler-Vehikel mit schöner Regelmäßigkeit bei der internationalen Presse ab, was aber keinen so wirklich stört. Der Star-Komiker hat sein Stammpublikum, das sich von schlechten Kritiken nicht abschrecken lässt. Bedeutend wichtiger ist da schon ein richtig guter Trailer. Und der passt bei Dennis Dugans Klamauk-Komödie „Leg dich nicht mit Zohan an“ hundertprozentig. Leider kann der komplette Film die geweckten Erwartungen nicht erfüllen. Nach einigen gelungenen Lachern mit einer ansprechenden Gagdichte geht „Zohan“ in der zweiten Hälfte die Puste aus, da dem Autorenteam der Mut zur Respektlosigkeit abhanden kommt.
The Zohan (Adam Sandler) ist in seinem Heimatland Israel ein Megastar, der als Mossad-Superagent so viele Terroristen zur Strecke gebracht hat wie kein anderer. Am liebsten arbeitet er allein und erledigt seine Gegner im Nahkampf. Sein neuester Auftrag bringt ihn wieder mit seinem härtesten Widersacher zusammen, dem Topterroristen The Phantom (John Turturro). The Zohan sieht in der Situation die einmalige Chance, seinen Lebenstraum zu verwirklichen. Das Multitalent möchte nach New York City gehen und dort als Friseur zu Weltruhm kommen, doch seine Eltern (Shelley Berman, Dina Doron) und Freunde lachen ihn dafür nur aus. Deswegen inszeniert er im Kampf gegen The Phantom seinen eigenen Tod, verschwindet unerkannt und startet direkt in die USA durch. Ein wenig erschwerend wirkt sich die Tatsache aus, dass The Zohans Frisurenstylebuch, das er abends im stillen Kämmerlein studiert, schon 21 Jahre alt ist. Doch ein selbsternannter Meister seiner Größe steht über solchen Kleinigkeiten. Im Laden der jungen Palästinenserin Dalia (Emmanuelle Chriqui) bekommt er unter seinem amerikanischen Pseudonym Scrappy Coco einen Job als Hilfskraft. Doch Scrappy hat noch mehr zu bieten als subtile Schneidekunst – er beglückt ältere Damen als Zugabe auch gerne mal mit seinem mächtigen Gemächt... und avanciert so zum Star des Viertels.
Die Grundidee zu „Leg dich nicht mit Zohan an“ lässt sich in einem prägnanten Satz erfassen: Israelischer Superagent hat genug vom Morden und will lieber als Friseur in New York sein Lebensglück finden. Das allein ist bereits so dämlich, dass es schon wieder Spaß machen könnte. Und in der ersten Hälfte des Films verbreitet „Leg dich nicht mit Zohan an“ auch tatsächlich reichlich gute Laune. Der Schlüssel dazu ist die respektlose Frechheit, mit der das Drehbuchtrio loslegt. Sandler schrieb sich die Klamaukplotte mit Hollywoods Komödien-Hot-Shot Judd Apatow (Beim ersten Mal, Jungfrau (40), männlich, sucht…) und dem „Saturday Night Live“-Gagautor Robert Smigel auf den eigenen Leib. Ein Großteil des Skripts entstand bereits im Jahr 2000, doch das Projekt wurde wegen des Terrorismusaspekts nach 9/11 zunächst auf Eis gelegt.
Aus der veränderten Weltsituation ergeben sich Vor- und Nachteile: Die militante Dauerfehde zwischen Israelis und Palästinensern gewinnt auch im Film noch an zusätzlicher Brisanz und Schärfe, weil die Gräben nach 9/11 noch tiefer gerissen wurden. Auf der anderen Seite wirkt es jedoch umso enttäuschender, wenn Sandlers Hausregisseur Dennis Dugan (Chuck und Larry, „Big Daddy“, „Happy Gilmore“) den politischen Sprengstoff zwar zu Beginn ausnutzt, das Thema schlussendlich dann aber seicht und milde ins Friede-Freude-Eierkuchen-Universum führt, um es dort am imaginären Lagerfeuer ausklingen zu lassen. So setzt sich der Regisseur zwischen alle Stühle. Als ätzende Satire fehlt über die lange Distanz die Schärfe, als Komödie ist „Leg dich nicht mit Zohan an“ zu albern, lediglich als abgehobene Klamotte kann der Film mit seinen schamlosen Zoten punkten – besonders die ungehobelte Parodie auf die Modetrends der Achtzigerjahre weiß zu begeistern.
Dafür ist Adam Sandler (Chuck und Larry, Klick, Spiel ohne Regeln, 50 erste Dates) genau der richtige Mann. Der anspruchsbefreite Altvordere der amerikanischen Spaßkultur, dessen ernsthafte Aufritte sich an einer Hand abzählen lassen (Die Liebe in mir, Punch-Drunk Love), macht aus der Sketchfigur The Zohan eine knackige Lachnummer im positiven Sinne. Der israelische Akzent, den er sich antrainiert hat, ist zumindest in der Originalfassung als Running Gag urkomisch – ebenso wie das offensiv-vulgäre Ausleben seiner Omnipotenz und die skurrile Neigung, bei der Wahl der Geschlechtspartner keine Rücksicht auf Alter und Verluste zu nehmen. Leider steht er mit seinem Witz ziemlich allein auf weiter Flur. John Turturro (The Big Lebowski, Miller´s Crossing) überzieht als Phantom genauso wie Sandler – nur mit dem Unterschied, dass er damit bestenfalls semi-lustig rüberkommt. Love Interest Emmanuelle Chriqui (In The Mix, Wrong Turn) erfüllt zwar ihre Pflicht, süß auszusehen, steht aber stellvertretend für die „böse“ gute Seite von „Leg dich nicht mit Zohan an“, durch die der Film an Biss einbüßt. Der unvermeidliche, chronisch erfolglose und nervende Sandler-Kumpel Rob Schneider (50 erste Dates, Deuce Bigalow: European Gigolo) darf natürlich auch nicht fehlen – diesmal in der Rolle eines misanthropischen Taxifahrers – um weitere Karrierestarthilfe zu bekommen. Die Cameos von Tennislegende John McEnroe, Drei-Oktaven-Organ und Schauspielflop Mariah Carey, „Enterprise-Sulu“ George Takei und Starkomiker Chris Rock (Spiel ohne Regeln), Lethal Weapon 4) sind hingegen eine dezente Bereicherung.
„Leg dich nicht mit Zohan“ ist im Grunde ein auf Spielfilmlänge aufgeblasener „Saturday Night Live“-Sketch. Die Figur des Zohan ist ein Volltreffer, doch über die Dauer verliert sich der absurd-alberne Humor in zunehmender Zahnlosigkeit, bis sich sämtliche Spitzen von selbst abschleifen, der Brachialwitz in den Hafen der romantischen Komödie einläuft und das große Lachen ins große Gähnen umschlägt. Schade, einige Gags sind wirklich komisch, doch Regisseur Dennis Dugan und seine Autoren hatten nicht den Mumm, ihre subversiven Ideen auch konsequent durchzuziehen. Selbst wenn Sandler in „Chuck und Larry“ zuletzt das heiße Eisen Homosexualität in den USA in Form einer locker-luftigen Komödie anpackte und mit „Zohan“ die amerikanische Seele vor dem 9/11-Hintergrund emotional angreift, will er am Ende doch nur Spaß machen. Das mag nicht verwerflich sein, aber Substanz hat es eben auch nicht, weil das angerissene Potenzial nicht ausgereizt wird.