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    Rennschwein Rudi Rüssel 2
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Rennschwein Rudi Rüssel 2
    Von Christoph Petersen

    Stolze zwölf Jahre ist es her, dass „Rennschwein Rudi Rüssel“ über die deutschen Kinoleinwände flitzte. Eigentlich etwas spät also, um nun doch noch mit einem Sequel an diesen Erfolg anknüpfen zu wollen. Doch zum einen erzählt Regisseur und Drehbuchautor Peter Timm mit den aufregenden Abenteuern von Rudi Rüssel, dem Zweiten eine ganz eigene, wieder in sich abgeschlossene Geschichte, die auf jegliche relevante Bezüge zum Original großzügig verzichtet. Und zum anderen ist dem Kinderfilm-erprobten Timm, der neben dem ersten Rudi-Teil auch die pfiffige Komödie „Mein Bruder ist ein Hund“ fürs Kino inszenierte, mit „Rennschwein Rudi Rüssel 2“ einmal mehr ein Stück gelungene Familienunterhaltung geglückt. So gibt es also schlicht keinen Grund, die auf den ersten Blick verspätete Sequel-Entscheidung der Produzenten weiter zu hinterfragen – das mit kleineren Abstrichen insgesamt überzeugende Ergebnis spricht für sich.

    Seit dem Tod seiner Mutter lebt Nickel (Maurice Teichert) allein mit seinem Vater Thomas (Sebastian Koch) – auch wenn dieser als Mathematikprofessor häufig unterwegs ist und die Wohnung ohne weibliche Führung im Chaos versinkt, kommen die beiden eigentlich recht gut miteinander aus. Zumindest solange, bis eines Tages jeder von ihnen eine Überraschung mit nach Hause bringt. Nickel hat auf einem Schulausflug das Ferkel Rudi Rüssel, der Zweite vor wilden Bluthunden gerettet und will das niedliche Schweinchen nun unter allen Umständen behalten. Papa Thomas treibt es sogar noch weiter und schleppt gleich eine komplett neue Familie an – in Kinderärztin Anja (Sophie von Kessel) hat er sich in Hamburg verliebt und sie mitsamt ihrer zwölfjährigen Tochter Feli (Sina Richardt) über die Ferien zum näheren Kennenlernen eingeladen. Mit dieser Patchwork-Konstellation ist jedoch keines der Kinder einverstanden und so verbünden sich Nickel und Feli, um ihre Eltern mit allen Mitteln auseinander zu bringen. Als keiner ihrer Pläne gelingen will, Thomas und Anja im Gegenteil sogar zu einer Spontanhochzeit in Las Vegas aufbrechen wollen, reißen die jugendlichen Rebellen gemeinsam mit Rudi Rüssel aus. Was als aufregendes Abenteuer beginnt, wandelt sich schnell in bedrohlichen Ernst, als die beiden von dem Verbrecherduo Einstein (Dominique Horwitz) und Spacko (Andreas Schmidt) entführt werden…

    Das Bild, das Regisseur Peter Timm von der wackligen Patchwork-Familie entwirft, ist für einen Kinderfilm von erfrischender Komplexität. Die Probleme der Kinder – von Nickels Angst, seine tote Mutter zu verraten, bis hin zu Felis Sorge, ihre Freunde in Hamburg zu verlieren – werden in jedem Moment ernst genommen und von den talentierten Jungdarstellern Maurice Teichert und Sina Richardt auch stets glaubhaft rübergebracht. Ähnlich verhält es sich mit der Ausarbeitung der Rollen der Eltern. Diese müssen nicht etwa wie beispielsweise in den Die wilden Kerle-Filmen als bloße Deppen oder eindimensionale Bösewichter herhalten, sondern werden ähnlich wie im hervorragenden Die wilden Hühner sehr differenziert gezeichnet – stets bemüht, etwas überfordert, einfach irgendwie echt und aus dem wahren Leben gegriffen.

    Hinzu kommt, dass die verzweifelten Eltern mit Das Leben der Anderen-Star Sebastian Koch, der in Tomy Wigands Das fliegende Klassenzimmer schon erste Genre-Erfahrungen sammeln konnte und nun sein Kinderfilm-Hauptdarsteller-Debüt gibt, und der charmanten Theaterschauspielerin Sophie von Kessel auch noch hervorragend besetzt sind. Vor allem Koch, der in letzter Zeit eigentlich eher für seine Charakterrollen bekannt war, lässt sich nicht dazu verleiten, nun plötzlich den Pausenclown zu spielen, sondern behält einen Großteil der Ernsthaftigkeit seiner sonstigen Auftritte bei. So ist die erste Hälfte von „Rennschwein Rudi Rüssel 2“ sympathisch, lustig und, gerade weil der Film seiner Thematik hier so ernsthaft und glaubwürdig begegnet, auch ohne große Action ungeheuer spannend.

    Sobald die Kinder von Zuhause ausreißen, wird die anfängliche Zurückhaltung in Sachen Action leider etwas überkompensiert. Entführung, Flucht, Schweine-Hunderennen und ein Kampf auf Leben und Tod in einem tückischen Sumpf – da bleibt einfach kaum noch Zeit, die gelungenen Ansätze der ersten Hälfte mit gleicher Intensität weiterzuführen. Zwar haben der Triumph des niedlichen Ferkels und ein paar gelungene Slapsticknummern auch ihren Reiz, aber das nahezu vollständige Wegfallen der ausgefeilten Beziehungen können auch diese nicht zu 100 Prozent auffangen. Auch mit der Entscheidung, die beiden Entführer Spacko und Einstein als arg debile Trottel anzulegen, hat sich der Film keinen Gefallen getan. Zwar beweisen Dominique Horwitz (Die blaue Grenze, Sams in Gefahr) und Andreas Schmidt (Sommer vorm Balkon, Die Fälscher) in ihren Rollen, die ein wenig an das Bösewicht-Duo aus den „Pippi Langstrumpf“-Filmen erinnern, durchaus komödiantisches Geschick, aber da so die zweite Hälfte im Endeffekt ein klar jüngeres Publikum als die erste begeistern wird, hat der Film plötzlich auch noch völlig unnötig ein Problem damit, ein eindeutiges Zielpublikum anzusprechen.

    „Rennschwein Rudi Rüssel 2“ ist sympathische und temporeiche Familienunterhaltung, die die Probleme und Gefühle ihrer Protagonisten vor allem in der ersten Hälfte angenehm ernst nimmt, zum actionlastigen Schluss hin allerdings ein wenig den roten Faden verliert.

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