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    Grace Is Gone
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Grace Is Gone
    Von Anna Lisa Senftleben

    Offensichtlich sind zwei Golden-Globe-Nominierungen (für „Beste Musik“ und „Bester Song“) und der Publikumspreis des Sundance Film Festivals noch lange kein Garant für einen wirklich guten Film. Trotz dieser Auszeichnungen ist Drehbuchautor James C. Strouse („Lonesome Jim“) mit seinem Regiedebüt, dem bisweilen rührstückhaften Trauer-Drama „Grace Is Gone“, nämlich wahrlich kein Volltreffer gelungen, über den man noch lange sprechen wird.

    Grace Phillips (Dana Lynne Gilhooley) ist Sergeant bei der amerikanischen Armee und kämpft für ihr Land im Irak. Ihr ebenso patriotischer Gatte Stanley (John Cusack), der aufgrund einer Sehschwäche ausgemustert wurde, arbeitet unterdessen als Verkäufer und übernimmt in der Heimat die Rolle des Hausmannes und Alleinerziehers, der sich um die gemeinsamen zwölf und acht Jahre alten Töchter Heidi (Shélan O‘Keefe) und Dawn (Gracie Bednarczyk) kümmert. Eines Tages stehen plötzlich Captain Riggs (Doug Dearth) und Chaplain Johnson (Doug James) vor Stanleys Tür, um die Nachricht von Graces Tod im Dienste der Vereinigten Staaten von Amerika zu überbringen. Noch im Schockzustand beschließt Stan, seinen Töchtern den Verlust ihrer Mutter möglichst schonend beizubringen und unterbreitet ihnen einen verrückten Vorschlag: Warum nicht jetzt auf der Stelle quer durch die Staaten nach Florida fahren, um dort den Vergnügungspark „Enchanted Gardens“ zu besuchen?

    Zu der nicht besonders einfallsreichen Drehbuch-Idee, die hier auch noch auf eine schwache Umsetzung trifft, inspirierte Strouse ein persönliches Erlebnis: „Eines Sommers machte ich mit meinem Bruder und seinen Töchtern einen Ausflug in einen Freizeitpark namens Kings Island in Ohio. Mein Bruder steckte damals mitten in einer hässlichen Scheidung. Da waren wir also an diesem wunderbaren, lebendigen Ort, wo man eigentlich glückliche Familien erwarten sollte - doch keiner von uns sprach besonders viel und alle waren voneinander genervt. Diese Atmosphäre habe ich nie mehr vergessen.“

    Persönliche Stimmungen, Erlebnisse und Gefühle fließen immer zwingend mit in ein Drehbuch ein, doch im Fall von „Grace Is Gone“ nimmt dies leider Überhand. Vor allem, weil Strouses Ansatz, sein Freizeitpark-Erlebnis mit einer Irakkriegs-Tragödie zu koppeln, ziemlich beliebig erscheint. Um den Irakkonflikt glaubhaft in die Geschichte mit einfließen zu lassen, hätte es mehr als ein paar Alibi-Szenen bedurft, in denen Stanley eine Selbsthilfegruppe für Soldatenfrauen besucht, Heidi heimlich Nachrichten schaut oder Onkel John (Alessandro Nivola, Junebug) seine Anti-Kriegs-Haltung kundtut.

    Jeder reagiert anders auf den Tod eines geliebten Menschen - der eine fällt in ein tiefes Loch und spricht plötzlich nicht mehr, ein anderer traut sich mit einmal die abgefahrensten Dinge zu, die er eigentlich schon immer tun wollte. Doch bei „Grace Is Gone“ beschleicht den Zuschauer das Gefühl, dass sich Strouse gleich all der gängigen Klischees bedient hat, die das Thema Trauerverarbeitung zu bieten hat. Zunächst will Stan der starke Vater sein und seinen Kindern eine heile Welt vorspielen. Dann mutiert er zu einem Wir-probieren-alles-aus-Super-Daddy. So darf die 12-jährige Heidi beispielsweise gemeinsam mit ihrem ansonsten so strengen Vater eine Zigarette rauchen. In einer Sequenz relativ zu Beginn des Films rast Stan mit dem Auto wie ein Irrer über ein Feld und schwärmt vor seinen Töchtern, das hätte er als Jugendlicher auch immer zum Spaß getan. Beim Zusammentreffen mit seinem pazifistischen Bruder John, der mit 30 noch nicht weiß, ob er Jura oder Medizin studieren soll, hat Stan dann auch noch einen kurzen gewalttätigen Ausraster. Sicherlich passen all diese Vorkommnisse und Stimmungsschwankungen in Hollywoods Trauerschema, doch in dieser geballten Form wirken sie leider wenig glaubwürdig.

    John Cusack (Zimmer 1408, High Fidelity), der „Grace Is Gone“ auch mitproduziert hat, ist davon überzeugt, dass die Qualität seines Films vor allem aus Strouses Skript und dem Spiel der Protagonisten fußt: „Die Schauspieler und die Geschichte – darauf kam es an!“ - leider überzeugen weder die einen noch die andere wirklich. Trotz allem ist zumindest Cusacks Darstellung hervorzuheben, weil er ganz einfach schon von Natur aus das ideale Mienenspiel für einen traurig-melancholischen Charakter mitbringt.

    Fazit: Wirklich positive Momente sind in diesem rührseligen, überladenden Trauer-Drama rar gesät. Es gibt zwar einige Szenen, die zum Schmunzeln anregen, die wundervoll stimmige Musik von Altmeister Clint Eastwood und auch sehr schöne Kameraeinstellungen (besonders in der Titelsequenz), die mit geschickten Wechseln zwischen Medium Close Ups und Close Ups die bekümmerte Stimmung gut rüberbringen, dennoch fehlt es dem Film schlussendlich an der nötigen Tiefe. Das Schauspiel, die Geschichte, die Atmosphäre – alles wirkt oft klischeehaft und deshalb langweilig. Somit ist „Grace Is Gone“ nur den sentimentaleren unter den Kinogängern und Hardcore-John-Cusack-Fans uneingeschränkt zu empfehlen.

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