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    Lotte im Dorf der Erfinder
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Lotte im Dorf der Erfinder
    Von Christoph Petersen

    Mit Ausnahme des gelungenen „Coco – Der neugierige Affe“ wurden die ganz kleinen Kinobesucher die letzten Jahre hindurch von Hollywood sträflich vernachlässigt. So ist es leicht verständlich, dass europäische Produktionen in diesem Sektor schon seit längerer Zeit die Nase vorn haben. Dabei konnten in erster Linie deutsche (Oh, wie schön ist Panama, Der kleine Eisbär 2, „Lauras Stern") und skandinavische (Morgen Findus, wird´s was geben, Neues von Pettersson und Findus) Animationsfilme die Vorschulgeneration für sich begeistern. Doch nun melden sich auch noch zwei Nationen zu Wort, die man in Sachen Kinderunterhaltung wahrlich nicht ganz oben auf der Liste hatte – mit dem ebenso lehrreichen wie spaßigen Zeichentrickabenteuer „Lotte im Dorf der Erfinder“ des Regieduos Janno Pöldma und Heiki Ernits kommt nun tatsächlich eine lettisch-estische Co-Produktion in unsere Kinos. Doch so unerwartet, wie es zunächst vielleicht scheinen mag, ist diese Entwicklung dann aber gar nicht, können die baltischen Staaten doch auf eine ebenso lange wie traditionsreiche Trickfilmgeschichte zurückschauen. Und da es den Machern außerdem gelingt, die Abenteuer von Lotte und ihren Freunden in extrem kurzweilige 81 Minuten zu verpacken, bleibt zu hoffen, dass deutsche Verleiher auch in Zukunft den einen oder anderen Abstecher in diese neu entdeckte Kinderfilmregion machen werden.

    In dem kleinen Dorf am See, in dem Hundemädchen Lotte mit ihrer Familie und ihren Freunden lebt, ist der Teufel los – schon am nächsten Tag soll der alljährliche große Erfinderwettbewerb stattfinden und Lottes Vater Oskar gilt mit seiner selbst gebastelten Waschmaschine als Favorit, wobei die Konkurrenz mit Pfützenüberwindungshubschrauber und knallverrückten Weckhämmern auch nicht schläft. In einem Buch, das sie angespült am Strand gefunden hat, entdeckt Lotte die japanische Biene Susumu, die durch einen Unfall zwischen den Seiten eingeklemmt wurde. Der unerwartete Gast weiht die gesamte Dorfgemeinschaft in das Geheimnis des Judo ein – und schon bald wird Judo zur Bewältigung aller alltäglichen Erledigungen vom Wäsche waschen bis zum Kinder ins Bett bringen eingesetzt. Schließlich wollen Lotte, der Hase Albert und der Kater Bruno sogar an einem Judowettkampf in Japan teilnehmen. Doch es gibt ein großes Problem: Seitdem sein Vater beim Hammerwerfen gemeinsam mit seinem Hammer davongeflogen ist, darf Bruno keinen Sport mehr machen, weil seine Mutter Angst hat, nach ihrem Mann nun auch noch ihren Sohn zu verlieren. Dabei sind bei dem Turnier aber doch nur Teams mit drei Mitgliedern zugelassen…

    In seiner Heimat Estland hat „Lotte im Dorf der Erfinder“ alle Besucherrekorde gebrochen – und bei den Maßen an Phantasie und Einfallsreichtum, die in diese kleine, aber mit viel Liebe gemachte Produktion geflossen sind, ist dies auch nicht weiter verwunderlich. Den einzigen Vorwurf, den man der abwechslungsreichen Geschichte machen könnte, ist die manchmal arg episodenhafte Erzählweise, die man aber ganz einfach mit dem Vorschulalter des Zielpublikums entschuldigen muss. Ansonsten vereinen Lottes Abenteuer alle notwendigen Eigenschaften eines guten Kinderbuchs in sich: Die Entdeckungsreise durch das Erfinderdorf, die schließlich mittels Heißluftballon sogar bis ins entfernte Japan führt, ist lehrreich, ohne dabei jemals oberlehrerhaft daherzukommen. Die treffsicheren Sprüche und enggestreute unterhaltsame Anekdoten sorgen für ordentlich Witz, der Erfinderwettbewerb und der Judowettkampf für die nötige Spannung, und auch die angenehm zurückhaltende Moral von Freundschaft und Zusammenhalt, die ohne jeden falschen Kitsch auskommt, passt sich da perfekt in das stimmige Gesamtbild ein. Und mit den aristokratischen, teetrinkenden Maulwürfen, die mit einem extrem trockenen Humor aufwarten, fällt auch noch das eine oder andere kleine Highlight für die erwachsenen Begleiter ab.

    Auf der visuellen Ebene punktet „Lotte im Dorf der Erfinder“ in erster Linie mit seinen aufwendig und liebevoll gestalteten Hintergründen – egal ob die Werkstätten der Erfinder, die unterirdische Burg der Maulwürfe oder die von allerlei Getier bewohnten Wälder und Wiesen, sie alle fallen durch einen ungeheuren Detailreichtum und viele verspielte kleine Einfälle so positiv auf, dass man sich hier auch vor so manch erheblich teureren Produktion auf keinen Fall verstecken muss. Besonders gelungen sind auch die Kamerafahrten ins Dorf, wobei die einzelnen Ebenen so hintereinander angeordnet sind, dass sich neben einem 3-D-Effekt auch unerwartete künstlerische Qualitäten offenbaren. Die Figuren selbst fallen im Gegensatz hierzu durch ihre einfachen und klaren Formen auf, die die Charaktere absolut kleinkindgerecht halten, was aber keinesfalls bedeutet, dass nicht auch diese unheimlich abwechslungsreich und prägnant gestaltet sind. So ist „Lotte im Dorf der Erfinder“ ein Film wie ein wirklich gutes Bilderbuch und unbedingt empfehlenswert für die ersten Kinoschritte aller Kinder bis maximal acht Jahren.

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