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    Dhoom 2
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Dhoom 2
    Von Christoph Petersen

    In Sanjay Gadhvis Bollywood-Blockbuster Dhoom (2004) musste sich Supercop Jai Dixit mit dem kleinkriminellen Biker Ali zusammentun, um Kabir, dem Anführer einer Biker-Gang, das Handwerk zu legen. Der Film wurde in seiner Heimat ein Riesenerfolg, und da auch in Indien mittlerweile die starren Gesetze der profitorientierten Film-Marktwirtschaft Einzug gehalten haben, ließ eine Fortsetzung selbstverständlich nicht lange auf sich warten. So kam im vergangenen Jahr „Dhoom 2“ in die indischen Kinos. Dabei legte der Film mit 1200 Kopien nicht nur den größten Start eines Bollywood-Streifens hin, er mauserte sich auch zum bisher profitabelsten. Doch die Superlative treffen nicht nur auf das Drumherum zu, auch auf den Film selbst ließe sich der eine oder andere anwenden: Je nach Sichtweise entweder „Am lautesten, am knalligsten, am buntesten, am besten!“ oder „Am dümmsten, am oberflächlichsten, am hohlsten, am dämlichsten!“. „Dhoom 2“ wird die Gemüter spalten, bei der „imdb“ haben ihn 26 % der User mit 10/10, 23% mit 1/10 Punkten bewertet. Wer sich auf die hochglänzende Oberflächlichkeit einlässt, wird mit einer gehörigen Portion Spaß entlohnt. Wer nicht, steht zwar - vom gesunden Menschenverstand ausgehend - ganz sicher auf der richtigen Seite, wird sich aber 152 Minuten lang tierisch über die „Mission: Impossible auf Speed“-Variante aufregen.

    Mit seinen perfekt durchgeplanten Hightech-Raubzügen treibt Meisterdieb und Verwandlungskünstler Mr. A (Hrithik Roshan) Gesetzeshüter überall in der Welt in den Wahnsinn. Für Agentin Shonali Bose (Bipasha Basu) deutet nun vieles darauf hin, dass Mr. A das nächste Mal in Indien zuschlagen wird. Deshalb zieht sie sich den indischen Superpolizisten Jai Dixit (Abhishek Bachchan) und dessen Gehilfen Ali (Uday Chopra), einen ehemaligen Kleinganoven, als Unterstützung hinzu. Obwohl Jai herausfindet, wo A als nächstes zuschlagen wird, schafft es das Team nicht, ihn auf frischer Tat dingfest zu machen. Dafür gelingt es Jai jedoch, die hübsche Sunehiri (Aishwarya Rai) undercover als As Schülerin einzuschleusen. Durch sie erfahren die Polizisten, dass A Rio de Janeiro als neues Ziel anpeilt. In der brasilianischen Karneval-Metropole entwickelt sich ein intensives Katz-und-Maus-Spiel. Doch dann verliebt sich Sunehiri, Jais größter Trumpf, in ihren sexy Lehrmeister...

    Sein Drehbuch dient „Dhoom 2“ eigentlich nur als notwendiges Übel, um die einzelnen Action-Sequenzen, Tanzeinlagen und großen Gefühlen in einen zumindest einigermaßen logisch nachvollziehbaren Rahmen zu betten. Vielmehr nutzt Regisseur Gadhvi hier das Medium Film dazu, um jenen Weg, den Steven Soderbergh mit Ocean´s Eleven, Ocean´s Twelve und Ocean´s 13 eingeschlagen hat, konsequent weiterzugehen. Für ihn zählt – und zwar noch viel stärker, als es in Bollywood ohnehin schon üblich ist – nur noch der schöne Schein. Obwohl seine Darsteller eh schon allesamt perfekt aussehende Model-Typen sind, die von ihm stets perfekt gestylt, perfekt ausgeleuchtet und perfekt (vorzugsweise in Zeitlupe) inszeniert in Szene gesetzt werden, verlangt Gadhvi nach mehr. Bipasha Basu ernährte sich vor ihrer Bikini-Szene drei Tage lang nur von Orangen, Bollywoods neuer Megastar Hrithik Roshan musste noch ein paar Kilo Muskeln zusätzlich aufbauen und Aishwarya Rai, immerhin eine ehemalige Miss World und noch immer eine der schönsten Frauen auf diesem Planeten, wurde allen Ernstes zum Abnehmen verdonnert. Eine der Schlüsselszenen, nämlich jene, in der Sunehiri zu As Schülerin wird, markiert den absoluten Höhepunkt dieser Art des Filmemachens: Gerade noch im Untergrund abgetaucht, finden sich die beiden plötzlich auf einem aus dem Nichts aufgetauchten Basketballplatz wieder, wo sie im strömenden Regen, bei welchem jeder einzelne Tropfen genau koordiniert scheint, ein Match beginnen. Inszeniert wie ein Modeshooting, mit sich stets perfekt legenden nassen Haaren und Klamotten, fällt bei dieser „Shampoo-Werbung“ gar nicht weiter auf, dass die beiden eigentlich kein bisschen spielen können.

    Doch so schlimm, wie sich dies alles im ersten Moment anhören mag, ist die Sache eigentlich gar nicht. Immerhin will sich der Zuschauer im Kino doch in eine Traumwelt hineinziehen lassen, in Bezug auf Hollywood spricht man häufig auch von einer Traumfabrik, und Gadhvi liefert mit „Dhoom 2“ nun einmal den absolut perfekten Hochglanz-Traum ab – nicht der kleinste Kratzer ziert hier die strahlende Oberfläche. Man bekommt schöne Menschen in Hülle und Fülle geboten, dazu gibt’s noch ein paar temporeiche Action-Sequenzen auf Top-Niveau, und der nette, wenn für ein europäisches Publikum vielleicht auch ein wenig naive Humor sorgt für die nötige Auflockerung. Was will man mehr? Ja, was eigentlich. Natürlich würden nur die Wenigsten auf die Idee kommen, sich im Anschluss an den Film nur noch solche kantenlosen Produktionen anzusehen, aber als nette Abwechslung funktioniert er allemal. „Dhoom 2“ ist der erste Bollywood-Streifen, der in Brasilien gedreht wurde. In der indischen Filmindustrie ist es ein beliebtes Stilmittel, zumindest einen Teil der Handlung im Ausland spielen zu lassen. So dient das Kino für das einheimische Publikum zugleich auch als eine Art Ferienersatz. Und als solch einen Urlaub sollte man den Kinobesuch von „Dhoom 2“ begreifen, ansonsten droht ein böses Erwachen.

    Fazit: „Dhoom 2“ ist sinnfreies Hochglanz-Kino in Reinkultur. In Sachen zelebrierter Oberflächlichkeit kann hier selbst Hollywood seinem Namensverwandten Bollywood nicht einmal mehr ansatzweise das Wasser reichen. Aber gerade deshalb hält der Action-/Romantik-/Komödien-Blockbuster – genau wie sein Vorgänger – zumindest für den geneigten Zuschauer wieder jede Menge gute Laune bereit.

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