Wenn Filme sprechen könnten, hätte „The Women“ wahrscheinlich genau die Worte gewählt, die uns Duffy in ihrem Song „Mercy“ auf der Homepage des Remakes der gleichnamigen Komödie von 1939 entgegen trällert: „You got me begging you for mercy, why won't you release me?“ Fast 15 Jahre hat Drehbuchautorin und Regisseurin Diane English dafür gekämpft, die Story neu verfilmen zu können. Das Ergebnis wird die meisten Zuschauer (und zwar nicht nur die männlichen) allerdings um Gnade flehen lassen. „The Women“ ist vorhersehbar und klischeehaft. Alles Gemeine des Originals - wie zynisch-zickige Dialoge, Catfights und Rache - wurde zu Gunsten einer überbetonten und unglaubwürdig inszenierten Schwesternschaft zwischen den Protagonistinnen gestrichen. Englishs Regiedebüt, in dem weder männliche Darsteller noch Statisten vorkommen, dauert gefühlte vier Stunden. Doch die eigentliche Story ist schnell erzählt...
Vorzeigehausfrau und Modedesignerin Mary Haines (Meg Ryan, Harry und Sally, Schlaflos in Seattle) ist schockiert, als sie herausfindet, dass ihr scheinbar perfekter Mann eine Affäre mit der Parfümverkäuferin Crystal Allen (Eva Mendes, Hitch, Helden der Nacht) hat. Ihre besten Freundinnen, die Chefredakteurin Sylvie (Annette Bening, American Beauty), Supermama Edie (Debra Messing, The Wedding Date) und die lesbische Schriftstellerin Alex (Jada Pinkett Smith, Ali, Collateral), versuchen ihr bestmöglich durch die folgende Trennung und Depression zu helfen. Doch der nächste Verrat lässt nicht lange auf sich warten: Sylvie soll gefeuert werden, kann sich jedoch durch einen Deal mit einer Klatsch-Reporterin retten, der sie sensible Informationen über Marys Trennung zuspielt. Wird die jahrzehntelange Freundschaft tatsächlich zerbrechen?
Nach etwa zehn Minuten kommt dem ahnungslosen Kinobesucher das erste Mal der Verdacht, dass der Filmtitel „The Women“ exklusiv gemeint sein könnte. Kein Mann auf der Straße, keiner in Restaurants oder Bars – das wirkt im Gegensatz zum Original, das nur auf einer Damentoilette spielte, wo naturgemäß nur wenige Männer auftauchen, gezwungen und konstruiert. Das Gleiche lässt sich von den witzig gemeinten Dialogen behaupten. Auch Dramatik sucht man auf der Leinwand vergebens: Alle Konflikte ereignen sich entweder am Telefon oder in einem angrenzenden Raum, wie die Männer werden auch diese ausgeblendet.
Was wären Frauenfilme wie Sex And The City oder Mamma Mia!, die in diesem Jahr kommerziell erfolgreich die weibliche Zielgruppe angesprochen haben, ohne ihre männlichen Darsteller? Wahrscheinlich ziemlich langweilig. Die Herren in „The Women“ scheinen wie Puppenspieler die Fäden im Hintergrund zu ziehen: Sylvie hat ständig Angst, von ihrem männlichen Boss gefeuert zu werden. Marys Vater entlässt sie lieber, als ihr den Familienbetrieb zu übergeben. Und Edie möchte erst aufhören, Kinder zu bekommen, wenn sie einen Jungen zur Welt gebracht hat. Die Welt der Protagonistinnen wird trotz ihrer physischen Abwesenheit von Männern bestimmt. Aber kann das wirklich Englishs Absicht gewesen sein? Eine solche Interpretation kollidiert zu sehr mit dem generellen Ton des Films, in dem weibliche Unabhängigkeit zelebriert und ständig betont wird, wie wichtig Frauenfreundschaften sind.
Dazu kommt eine Story, die zu viele Themen für zu viele unterschiedliche Altersgruppen anschneidet. Es geht um junge Mädchen mit verzerrtem Selbstbild, um Karrierefrauen, die nicht genug Zeit für ihre Kinder haben, um Face-Lifts und Schwangerschaft, um Männer, die nicht an ihre Frauen glauben oder überhaupt Probleme mit erfolgreichen Frauen haben, um Betrug unter Freundinnen, um Karriere-Schwierigkeiten in Männer-Domänen, und noch einiges mehr… Selbst der erfahrenste Drehbuchautor hätte Probleme gehabt, alles was, English zu sagen versucht, unter einen Hut zu bekommen. English will in ihrem Regiedebüt einfach zu viel und leistet zu wenig.
Vor nahezu 70 Jahren setzte mit George Cukor (Die Nacht vor der Hochzeit, Die Schwester der Braut) im „The Women“-Original ein erfahrener Regisseur ein überragendes Ensemble um Joan Crawford („Was geschah wirklich mit Baby Jane?“) und Norma Shearer in Szene. Zwar sind mit Meg Ryan (trotz einem Face-Lifting zu viel) und Annette Bening die beiden Hauptrollen im Remake mit ähnlich guten Aktricen besetzt, doch die Schwächen des Skripts und Englishs mangelnde Regie-Erfahrung vermag auch die Starbesetzung nicht auszugleichen. Ryan schwankt zwischen sympathisch bis hilflos. Benings Figur (mit ihrem Look à la Posh-Spice Ende 40) wirkt anfänglich zu unterkühlt, taut aber zum Ende hin mehr und mehr auf. Pinkett-Smiths Darstellung der lesbischen Autorin mit Schreibblockade ist oft zu überzogen und laut.
Lediglich Bette Middler (Der Fall Mona, Get Shorty) reißt den Zuschauer mit ihrem Gastauftritt kurzzeitig aus der Apathie, die sich aufgrund der lahm erzählten Story schnell einstellt. Candice Bergen („Boston Leagal“) bringt als Marys Mutter eine gewisse Klasse auf die Leinwand. Eva Mendes füllt ihre Rolle als billige, gemeine Geliebte gut aus, während Debra Messing als gebärfixierte Supermama eher fehlbesetzt ist und erst in der Geburtsszene ihr komödiantisches Talent (das sie als Hauptdarstellerin der Hit-Sit-Com „Will & Grace“ zweifelsohne besitzt) ausspielen kann. Dazu kommt ein durchschnittlicher Hollywood-Soundtrack und auch die sehr statische Kameraführung trägt nicht gerade dazu bei, den ohnehin ziemlich drögen Film ansehnlicher zu machen.
Fazit: Zu viel Konstrukt und zu wenig Aktion. Zwar machen die Schauspielerinnen ihre Sache ordentlich, doch angesichts der kaum zu ertragenden Eintönigkeit von Dialogen und Story haben sie keine echte Chance, ihr Potential auch nur ansatzweise auszuschöpfen. Die Wichtigkeit von Frauenfreundschaften zu betonen, mag an sich eine verbreitenswerte Botschaft sein - nur muss der Film dann auch einem gewissen Qualitätsstandard entsprechen, damit sie bei irgendwem ankommt. Am Ende kann man den Zuschauerinnen, die ihr Geld für ein Kinoticket verschwendet haben, wohl nur mit dem mütterlichen Rat von Marys Mutter trösten: „Don’t be bitter. It leads to Botox.“