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    Warum halb vier?
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Warum halb vier?
    Von Jürgen Armbruster

    „Warum halb vier?“ Der Filmtitel ist Programm. Diese oder eine ähnlich gelagerte Frage dürften sich vor allem weite Teile der weiblichen Bevölkerung Deutschlands bereits das eine oder andere Mal gestellt haben. Warum verlieren an sich intelligente, vernünftige Männer Woche für Woche vorübergehend ihre Zurechnungsfähigkeit, wenn der Schiedsrichter zum Anstoß bittet und das runde Leder rollt? Das Bruderpaar Lars und Axel Pape versucht in ihrer Dokumentation das Massenphänomen Fußball vor diesem Hintergrund näher zu beleuchten – und scheitert dabei letztlich an den eigenen Ambitionen.

    Die Herangehensweise an das Thema ist dabei zunächst gleichermaßen interessant wie lobenswert: Aus den verschiedensten Bereichen des Sports kommen unterschiedlichste Vertreter zu Wort. Gewöhnliche Fans, Promis, Ultras und Hooligans sind genau so an Bord wie ein Sportmediziner, Journalisten, Profi-Fußballer (Thomas Hitzelsberger, Fredi Bobic) und die Macher der großen Vereine (Rudi Assauer, Rudi Völler, Rainer Calmund). Jede Facette des komplexen Gebildes Fußball wird berücksichtigt und kommt zu Wort – im Profi- wie im Amateurbereich. Auf Off-Kommentare oder wertende Aussagen wird dabei gänzlich verzichtet. Die Erzählstruktur ist nüchtern und sachlich und wird nur durch in der leeren LTU Arena der Düsseldorfer Fortuna mit 500 Fans aufgezeichnete Gesänge immer wieder unterbrochen. Nicht Stars und Spiele stehen im Mittelpunkt, sondern die kleinen und großen Geschichten der Fans und Akteure.

    Im Zentrum stehen dabei Schauspieler Joachim Król (Silentium, Lautlos) und die beiden Senioren Manni und Heinz. Król berichtet über seine ganz persönlichen Erfahrungen mit dem Fußball und wie ihn sein Vater hier prägte. Bei Manni und Heinz (die beiden heißen wirklich so) geht es hingegen um eine Jahrzehnte währende Männerfreundschaft, die auf dem Fußballplatz begann. Zu diesen beiden Schauplätzen kehren Lars und Axel Pape immer wieder zurück. Das erste Dilemma von „Warum halb vier?“: Während die Sprünge zu Król für den Zuschauer stets interessant bleiben, beginnen die beiden schrulligen Rentner schnell zu langweilen. Ab einem gewissen Punkt haben beide alles erzählt und sie beginnen sich zu wiederholen.

    Ein weiteres Problem ergibt sich durch die episodenhafte Struktur abseits von Król und Manni/Heinz: Immer wenn es richtig interessant wird, wechselt das Thema. Beispielhaft sei an dieser Stelle Fredi Bobic genannt. Der ehemalige Nationalspieler berichtet von seiner „Flucht“ ins Ausland, dem täglichen Druck eines Profifußballers und der berufsbedingten Trennung von der Familie. Binnen kürzester Zeit hat er die volle Aufmerksamkeit des Zuschauers – und dann folgt wieder der abrupte Themensprung. In „Warum halb vier?“ werden zwar unheimlich viele Aspekte angeschnitten, aber wirklich gerecht wird der Film nur wenigen. Es wirkt fast so, als würde im Stakkato-Stil eine lange Liste abgearbeitet. Dies schadet dem Film auf Dauer mehr, als dass es nutzt.

    Ein weiteres Manko ist die fehlende Aktualität: Seine Uraufführung hatte „Warum halb vier?“ am 18. Februar 2006 auf der Berlinale. Bis zur Kinoauswertung sind also rund neun Monate vergangen. An für sich kein Beinbruch, befänden wir uns heute nicht in der Post-WM-2006-Ära. Besonders als das Thema Patriotismus im Zusammenhang mit der Nationalelf abgehandelt wird, macht sich dieser Punkt nicht gerade positiv bemerkbar. Nun ist natürlich nicht alles Gold, das glänzt und genau so wenig ist alles Stahl, das rostet. „Warum halb vier?“ ist für sich genommen unter den richtigen Voraussetzungen durchaus sehenswert. Nur ob eine Kinoauswertung tatsächlich Sinn macht, steht auf einem ganz anderen Blatt. Finanziell könnte die Rechnung im Schatten des gänzlich anders gelagerten Deutschland. Ein Sommermärchen natürlich durchaus aufgehen, richtig glücklich wird hier indes wohl kaum einer. Unser Tipp: In einem halben Jahr auf Arte & Co gucken…

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