Die christliche Mythologie diente den Serienmördern der Filmhistorie schon häufig als Motivation für ihre Taten: Kevin Spacey alias John Doe ließ sich in David Finchers Kultthriller Sieben von den sieben Todsünden inspirieren, im „Sieben“-Rip-Off „Resurrection“ jagt Christopher Lambert einen Mörder, der die Wiederauferstehung von Jesus Christus herbeiführen will, und der Killer in Blutmond und dessen Remake Roter Drache tötet aus einer Obsession zu einem William-Blake-Gemälde, das den Großen Roten Drachen aus der Johannes-Offenbarung zeigt. In Jonas Åkerlunds „The Horsemen“, einem Projekt von Michael Bays auf Horrorfilme spezialisierte Produktionsfirma Platinum Dunes (The Unborn), sind es nun die titelgebenden Reiter der Apokalypse, deren Symbolik mit einer Mordserie verknüpft wird. Dabei schafft es der Film, dem mittlerweile etwas ausgelutschten Genre einige interessante Aspekte hinzuzufügen, krankt aber letztlich an einer allzu konventionellen Inszenierung, klischeebeladenen Charakteren und einer enttäuschenden Auflösung.
Der Cop Aidan Breslin (Dennis Quaid) geht seit dem Krebstod seiner Frau völlig in seiner Arbeit auf. Seine beiden Kinder vernachlässigt er, die Erziehung des jüngeren Sohnes Sean (Liam James) hat längst der ältere Bruder Alex (Lou Taylor Pucci) übernommen. Als die Mutter der adoptierten Asiatin Kristin (Ziyi Zhang) auf grausame Weise ermordet aufgefunden wird, erkennt Aidan eine Verbindung zu einem anderen Mordfall: Beide Taten weisen Motive auf, die auf je einem der vier biblischen Reiter der Apokalypse basieren. Während Aidan an einen Serienkiller glaubt und versucht, die zwei noch ausstehenden Morde zu verhindern, deckt er ein schockierendes Geheimnis um Adoptivtochter Kristin auf, übersieht dabei aber völlig, dass die Taten auch mit ihm selbst direkt zusammenhängen…
Jonas Åkerlund verdient sein Geld eigentlich als Musikvideo-Regisseur, drehte unter anderem den skandalträchtigen Clip zu „Smack My Bitch Up“ von The Prodigy und hält mit seinem abtgefahrenen Spielfilmdebüt „Spun“ noch immer den Rekord für die meisten Schnitte (mehr als 5.000!) in einem Film. Zumindest visuell durfte man von seinem zweiten Spielfilm also einiges erwarten. Umso enttäuschender ist daher, dass Åkerlund bei „The Horsemen“ sämtliche Genrekonventionen brav bedient. Er inszeniert die Geschichte in ruhigen, düsteren Einstellungen ganz im Stile von „Sieben“, freilich ohne je die atmosphärische Intensität des Vorbilds zu erreichen. Von dem optisch beeindruckenden Bilderreigen in „Spun“ ist „The Horsemen“ also weit entfernt, an „C.S.I.“ erinnernde Innenaufnahmen von Körpern bei einer Obduktion sind da schon der Höhepunkt in Sachen visuellen Einfallsreichtums.
Auch storytechnisch gibt sich die Hatz nach dem Mörder zunächst arg konventionell. Das Drehbuch von Dave Callahan, dessen Erfahrung als Autor sich auf die missratene Videospiel-Adaption Doom beschränkt, hakt zu Beginn die üblichen Station wie das Auffinden der ersten Leichen, wobei auch mit blutigen Details nicht gegeizt wird, und die Etablierung des Protagonisten Aidan Breslin, bei dem jedes Klischee des verbitterten Cops/überforderten alleinerziehenden Vaters bemüht wird, ab. Um dem Zuschauer nahezubringen, wie sehr Breslin seine Kinder vernachlässigt, greift der Film auf das überstrapazierte Bild des nach der Schule vergeblich auf seinen Vater wartenden Sohnes zurück, nur um wenige Szenen später mit einer kurzfristig abgesagten gemeinsamen Familienunternehmung ein ebenso sattsam bekanntes Motiv nachzuliefern.
Dank einer gut gelungenen und außerdem überraschenden Wendung im Mittelteil schafft es Callahan dann aber, den Film plötzlich in eine andere Richtung zu führen, als es nach dem formelhaften Beginn zu erwarten war. Folglich bietet „The Horsemen“ seine spannendsten Momente zur Mitte der Filmdauer auf, wenn der Twist das vorherige Geschehen kurzerhand auf den Kopf stellt. Doch so gut diese Wendung zur Halbzeit auch funktioniert, so absehbar gestaltet sich der Schlussakt. Durch einige überdeutliche Hinweise dämmert dem Zuschauer schon lange vor Breslin, wohin der Hase läuft. So steuert der Film auf einen finalen Twist zu, der als schockierende Schlusswendung konzipiert ist, aufgrund seiner Berechenbarkeit aber im Nichts verpufft. Von jeglichem Mut verlassen schieben die Macher nach dem eigentlichen Finale, nur um den Film nicht auf einer fiesen Note ausklingen zu lassen, noch eine Schlussszene inklusive hingebogenem Happy-End nach. Das wirkt so unausgegoren, als habe man es erst nach miserablen Testscreenings hastig nachgedreht.
Dennis Quaid (8 Blickwinkel, The Day After Tomorrow) gibt sich wenig Mühe, noch etwas aus seiner klischeebeladenen Rolle herauszuholen. Mit dem immer gleichen grimmigen Gesichtsausdruck schafft er es nicht, seiner Figur neben ihrem Verdruss über Gott und die Welt noch weitere Facetten abzugewinnen. Die gelegentlichen Oneliner (neue Einsichten in den Fall werden grundsätzlich mit einem „You’ve got to be kidding me!“ kommentiert) wirken unpassend und aufgesetzt. Besser gefällt Lou Taylor Pucci (Thumbsucker) als älterer Sohn Alex, der Quaid in ihren gemeinsamen Szenen regelrecht an die Wand spielt. Auch Ziyi Zhang (Die Geisha, 2046) überzeugt in einer für sie ungewohnten Rolle und trumpft besonders in der zweiten Filmhälfte auf. Die weiteren Nebenrollen sind solide besetzt, nur schwer nachvollziehbar ist jedoch, warum Peter Stormare (Fargo, Die Vorahnung), der nach Quaid und Zhang bekannteste Name der Produktion, in seinen zwei kurzen Szenen geradezu verheizt wird.
Fazit: „The Horsemen“ ist kein schlechter Thriller, der jedoch zu wenig Neues mitbringt, um aus der breiten Masse herauszustechen. Die Bilder sind schick, aber eben auch weitestgehend einfallslos. Die Story bewegt sich abseits der gelungenen Wendung im Mittelteil und einer interessanten Motivation für die Taten in bekannten Bahnen. Mit etwas mehr Mut zur Eigenständigkeit wäre hier deutlich mehr drin gewesen.