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    Brothers Bloom
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Brothers Bloom
    Von Björn Becher

    Rian Johnsons Erstling Brick war ein seltsamer Genre-Zwitter, ein sehr eigenwilliges Experiment, das aber fabelhaft aufging. Der junge Regisseur verlegte Handlung und Sprache eines typischen Hard-Boiled-Film-Noir an eine Highschool der Gegenwart. Dieses erfrischende Konzept kulminierte in einer der Indie-Überraschungen des Jahres 2005. In „Brothers Bloom“ kreuzt der junge Filmemacher nun erneut Genres und Stilrichtungen zu einer ungewöhnlichen Mixtur und mischt dabei Elemente des Betrüger-Films mit einer klassischen Romantik-Komödie, einem ungewöhnlichen Kostüm-Drama sowie skurrile Charaktere à la Wes Anderson (Die Tiefseetaucher, The Royal Tenenbaums). Dieses Mal geht die Rechnung aber nicht ganz so reibungslos auf. Die tragisch-beschwingte Komödie vermag zwar zu unterhalten, erfordert aber vom Zuschauer eine bedingungslose Hingabe zu Johnsons Konzept und kommt trotzdem nicht ohne Leer- und Schwachstellen aus.

    Schon seit jüngster Kindheit haben die Brüder Stephen (Mark Ruffalo) und Bloom (Adrien Brody) die Kunst des Betrügens erlernt. Der perfekte Coup ist für sie solch einer, an dessen Ende jeder das bekommt, was er sich wünscht. Und so sind die von Stephen ausgeklügelten und erdachten Geschichten immer deutlich komplexer als eine einfache Abzocke. Irgendwann tauchte aus dem Nichts die japanische Explosionsexpertin Bang Bang (Rinko Kikuchi) auf, die die Brüder seitdem tatkräftig unterstützt, auch wenn sie (fast) kein Wort spricht. Doch Bloom ist des Betrügens müde geworden und will aufhören. Sein älterer Bruder überredet ihn zu einem letzten Coup. Das Ziel ist die exzentrische Milliardärin Penelope (Rachel Weisz). Zur Unterstützung wird auch noch der belgische Betrüger „The Curator“ (Robbie Coltrane) an Bord geholt. Alles startet wie geplant, doch dann verliebt sich Bloom in Penelope, die sich auch noch als das ungewöhnlichste Opfer herausstellt, das die Brüder je hatten. Es taucht zudem auch noch ihr alter, ihnen nicht wohlgesonnener Lehrmeister Diamond Dog (Maximilian Schell) auf…

    Als Drehbuchautor von „Brothers Bloom“ ist im Abspann Rian Johnson gelistet, doch genauso könnte dort auch der Name von Mark Ruffalos Charakter stehen. Denn auch wenn der von Adrien Brody gespielte Bloom, wie es der Filmtitel bereits andeutet, stärker im Fokus steht, ist es immerzu Bruder Stephen, der die Fäden in der Hand hält und - im übertragenen Sinne - die Geschichte schreibt, während sie der Zuschauer, Bloom, Penelope und alle anderen erleben. Johnson wagt ein riskantes Spiel, weil er dem Kinopublikum diesen Umstand nie offensichtlich verrät, sondern nur zwischen den Zeilen andeutet. Das führt zu einer sehr unterschiedlichen Rezeption des Films. Denn nur, wer erkennt, dass er hier dem Masterplan eines der größten Betrüger-Genies aller Zeiten folgt, der kann den Schluss in seiner vollen Tragik, Romantik und optimistischen Aussage zugleich erfassen und wird unweigerlich von ihm ergriffen. Wer das nicht bemerkt, und das werden einige sein, wird auf das Finale hingegen deutlich nüchterner reagieren und damit den emotionalen Höhepunkt des Films ganz einfach verpassen.

    Leider hat „Brothers Bloom“ so seine dramaturgischen Probleme. Während Regisseur Rian Johnson den turbulenten Reigen meist mit sicherer Hand inszeniert, vergisst Autor Rian Johnson im Mittelteil plötzlich, seine Geschichte voranzutreiben. Ein Schiffstrip der bunten Reisegruppe zieht sich etwa eine gefühlte Ewigkeit in die Länge. Auch verliebt sich das hoffnungsvolle Regie- und Autorentalent zuweilen zu sehr in seinen eigenen Plot. Während das Intro als Beispiel für einen perfekt inszenierten Con-Film im Miniformat, an dessen Ende die Betrüger die Gefoppten und die Zuschauer glücklich sind, herhält, geht es Johnson danach oftmals zu sehr um die nächste Wendung. Während er seine Figuren immer wieder minutiös die genauen, immer gleichen Stufen eines jeden Betrugsplans herunterbeten lässt, ist er es selbst, der diesen klar strukturierten Aufbau vergisst und sich auf oft unnötigen, manchmal sogar langweiligen Pfaden um das eigentliche Geschehen herumschlängelt. Die Finte gibt es bisweilen nur um der Finte willen. Dazwischen finden sich zum Glück immer wieder witzige Momente wie der zum subtilen Running Gag ausgebaute Wechsel eines Geldbündels.

    Nachdem Rian Johnson bei „Brick“ noch auf einen jungen Newcomer-Cast zurückgreifen musste, kann er bei seinem zweiten Film aus dem Vollen schöpfen. Oscarpreisträger Adrien Brody (Der Pianist, King Kong), die bezaubernde Rachel Weisz (Der ewige Gärtner, In meinem Himmel), der vielseitige Mark Ruffalo (Zodiac, Die Stadt der Blinden), die Japanerin Rinko Kikuchi (Babel, Map Of The Sounds Of Tokyo), das britische Schwergewicht Robbie „Cracker“ Coltrane („Harry Potter“, From Hell) und sogar Schauspiellegende Maximilian Schell (Das Urteil von Nürnberg, Das Haus der schlafenden Schönen) stehen hier gemeinsam vor der Kamera. Vor allem die weiblichen Mitglieder des Casts ragen dabei heraus. Rachel Weisz gibt mit großer Naivität und einer Art kindlichem Zauber das überneugierige Betrugsopfer. Allein die Präsentation ihrer skurrilen Hobbys, darunter auch das Jonglieren von Kettensägen, fordert Lachkrämpfe heraus. Rinko Kikuchi schafft es, mit einem gelungenen Wechsel zwischen alberner Mimik und zurückgenommener Gestik, dass ihr Part als schweigsamer Comic Relief nie der Lächerlichkeit preisgegeben wird. Ausgerechnet Hauptdarsteller Adrien Brody steht da deutlich zurück, hat aber auch hier die schwierigste Rolle zu bewältigen. Seine Figur versinkt ein wenig zu stark im Selbstmitleid, was Brody mit gequälten Blicken auch noch zu oft sehr in den Vordergrund rückt. Sein großer Bruder Mark Ruffalo gibt den Autor der Geschichte mit viel Lässigkeit und einer Prise Undurchschaubarkeit. Sehr undankbar ist hingegen der Part von Altmeister Maximilian Schell, der eine nur zur kurzzeitigen Dramatisierung eingebaute Rolle verkörpert, die man viel lieber auf dem Boden des Schneideraums als auf der Leinwand gesehen hätte.

    Fazit: Die hohen Erwartungen, die an „Brothers Bloom” nach Rian Johnsons hervorragendem Debüt „Brick“ und dem immensen Buzz im Vorfeld gestellt wurden, kann das romantisch-tragische Betrüger-Lustspiel nicht ganz erfüllen. Dafür hängt die Komödie im Mittelteil viel zu sehr durch und offenbart unnötigen Leerlauf. Nur in den brillanten Anfangsminuten und im schwungvollen Finale findet Johnson das richtige Erzähltempo, das seinen Film qualitativ auf eine Stufe mit dem Erstling gehievt hätte. Der Rest ist einfach nur nette Unterhaltung mit einem namhaften Cast, der sichtlich viel Spaß bei der Arbeit hatte.

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