In Marokko werden gut zwei Drittel des Marihuanas des europäischen Marktes hergestellt. Der Anbau der Hanfpflanzen hat hier eine lange Tradition, momentan leben noch ungefähr 200.000 Kleinbauern von ihrem Ertrag. Allerdings ist die Haschischgewinnung auch hier illegal, doch das Verbot wird kaum akzeptiert. Die Dokumentation "Haschisch" von Daniel Gräbner versucht ein Portrait des Lebens der Bauern zu entwerfen, indem sie diese bei ihrer täglichen Arbeit zeigt und sie davon und ihrem Land sprechen und philosophieren lässt. Ein Bild des Lebens in dem für uns fernen Land kann er damit liefern - leider ist die Entscheidung gegen einen Kommentator der Geschehnisse allerdings eine problematische. Denn letztlich hätte man als Titel vielleicht auch "Marokko" wählen können oder "Marokko und Haschisch". Die Betonung der Droge im Titel jedenfalls lässt eine stärkere Konzentration auf diese vermuten.
"Haschisch" verzichtet weitestgehend auf einen roten Faden und setzt eine Reihe von Panoramabildern von Marokko und etliche Gespräche mit Einwohnern aneinander. Generell wird dabei nur von den Marokkanern geredet, die Interviewfragen hört der Zuschauer nicht, was aber das Verständnis nie erschwert. Die Filmaufnahmen entstanden unter zahlreichen Vorsichtsmaßnahmen mitten in Nordmarokko, wobei sehr darauf geachtet wurde, dass die Menschen möglichst anonym bleiben konnten. Dennoch gibt es etwa keine schwarzen Balken vor den Augen, sondern die Interviewten reden ganz einfach direkt in die Kamera hinein. Das schafft viel Authentizität und es gelingt dem Film, eine gewisse eigene Stimmung aufzubauen, die ganz offensichtlich die dem Land eigene wiedergeben soll.
Neben der Atmosphäre, die auch von der netten Musikuntermalung unterstützt wird, fehlen dem Film aber schlicht und ergreifend mehr Informationen. Informationen über Haschisch selbst, darüber, wie es von den Marokkanern hergestellt wird usw. Hier wäre ein Kommentator sinnvoll gewesen, der dem Zuschauer einige Vorgänge auf der Leinwand erklärt. Man fühlt sich wie in einer Doku über das Herstellen von Wein, bei der nicht erklärt wird, warum Leute in riesige Töpfe steigen und darin rumstampfen, wenn zwei Männer mit Stöcken auf eine mit Stoff bespanntes Gefäß schlagen. Das gehört augenscheinlich zum Produktionsvorgang, wird aber nicht verständlich rübergebracht.
Informationen erhält der Zuschauer außschließlich über die Aussagen der Einwohner und auch wenn diese oft sehr interessant sind, wären ein paar grundsätzliche Hintergründe doch erläuternswert gewesen. Etwa die bereits oben erwähnte Tatsache, dass in Marokko zwei Drittel des Haschischs des europäischen Marktes hergestellt wird. Solche Fakten sind in der richtigen Dosis oft sehr wichtig, wenn auch nicht immer von Nöten, wie etwa die grandiose Ozeandokumentation "Deep Blue" beweist. In diesem Fall gibt "Haschisch" aber zu wenig über das eigentliche Hauptthema her, es wird ein anspruchsvolles Bild von Marokko gezeichnet, das einen auch Einblick in die Kultur und Lebensweise sowie die Träume der dort Lebenden gibt, aber das Marihuana kommt letztlich zu kurz. Aufklärung über dessen Wirkung etc. kann man sich auch woanders holen und der Anspruch diese müsse der Film bieten würde sicherlich zu einer Fehlbewertung führen.
Aber leider wirkt die Beschränkung auf Monologe und Bilder vom Geschehen nunmal stark begrenzend auf den gesamten Bildungsgehalt von "Haschisch". Wer ihn gesehen hat, wird ein genaueres Bild von Marokko haben, die dort vorherrschenden Träume und Weltbilder kennen. Grob gesagt jedoch wird damit nur im Kopf eine Vorstellung geschaffen, die nur schwer anderen Menschen zu erklären sein wird. Über die Droge Haschisch an sich lehrt der Film fast nichts, auch kaum etwas über die Produktion - das einzige was komplett klar wird ist, dass es verschiedene Qualitätsstufen gibt, aber das werden die meisten ohnehin schon wissen.
Alles in allem ist "Haschisch" kein schlechter Film, sondern lediglich einer, bei dem mehr Auskünfte fehlen. Einiges hätte man auch hinter den philosophisch gestalteten Anfang packen können. Mit viel Hintergrundwissen ist der Film unter Umständen sogar eine Hochgenuss, da er sich ganz auf das Portrait von Marokko konzentriert. Abstriche müssen allerdings auch wegen des schlicht nur bedingt zutreffenden Titels gemacht werden, der publikumsfördernd wirken mag, aber den Film auch als etwas verkauft, was er gar nicht ist. Es handelt sich hier eher um ein künstlerisches Werk als um eine Dokumentation mit hohem Informationsgehalt, ob er Interesse an so etwas hat, muss letztlich ohnehin jeder selbst entscheiden - eine Fehlinvestition sind die achtzig Minuten nur für ein anspruchsloses Publikum, das nur auf pure Unterhaltung aus ist. Wer Interesse am Film hat, sollte vorher am besten die Website besuchen und sich dort über die Hintergründe informieren.