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    Happy Family
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Happy Family
    Von Ulf Lepelmeier

    Absolventen von Filmhochschulen haben stets eine schwierige Aufgabe. Mit ihrem Abschlussfilm haben sie alle genau eine Chance, ihr Talent unter Beweis zu stellen und sich für zukünftige Aufgaben zu empfehlen. Heesook Sohn, Koreanerin mit amerikanischem Pass, war Studentin an der Film- und Fernsehakademie Berlin und wählte als Thema für ihren Abschlussfilm ein ganz persönliches Thema: Mit der Dokumentation „Happy Family“ macht sie sich selbst zum Objekt des Films und beobachtet sich bei der Suche nach ihren Wurzeln.

    Heesook Sohn hat vor kurzem einen Deutschen nach koreanischem Zeremoniell geehelicht und bewohnt mit ihm eine schicke Wohnung in Berlin. Doch irgendetwas fehlt ihr, lässt sie daran zweifeln, wirklich glücklich zu sein: ihre Familie. Sie glaubt, das wahre Glück nur als kleines Mädchen erlebt zu haben. Damals als die Ehe ihrer Eltern noch in Takt war und sie zusammen mit ihren drei älteren Geschwistern in Seoul wohnte. Von diesen Tagen ist aber nicht mehr als ein altes, streng choreographiertes Schwarz-Weiß-Foto übrig geblieben, das die gesamte Familie in den frühen 70er Jahren zeigt. Auf dem Bild ist Heesook erst drei Jahre alt, kurze Zeit nach der Aufnahme der Fotografie brach die Familie auseinander. Vater Younghyn wanderte zusammen mit den beiden jüngeren Geschwistern nach Amerika aus, während die Mutter mit den beiden älteren Kindern in Seoul blieb.

    In „Happy Family“, ihrem Abschlussfilm an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin, setzt sich Regisseurin Heesook Sohn mit ihrer tragischen Familiengeschichte auseinander und besucht dazu ihre über den gesamten Globus verstreuten Familienmitglieder. Erste Station auf ihrer Reise ist Los Angeles, wo ihr inzwischen pensionierter Vater zusammen mit seiner dritten Frau den Ruhestand genießt und auch ihr Bruder Henry, der das florierende Geschäft des Vaters weiterführt, mit seiner Familie lebt. Nächster Stopp ist New York. Hier hat sich ihre älteste Schwester niedergelassen, die zum Schrecken ihrer Familie Mann und Tochter in Korea verließ und im Land der unbegrenzten Möglichkeiten einem British American das Jawort gab. Letztlich kehrt die Regisseurin auch zu ihrem Geburtsort Seoul zurück und führt Gespräche mit ihrer an Leberkrebs erkrankten Mutter und ihrem älteren Bruder, der schon immer ein Träumer war und irgendwann seinen Bezug zur Realität völlig verlor. Als geschiedene Frau war und ist Heesooks Mutter in Korea eine von der Gesellschaft geächtete Person. Beide, Mutter und Sohn, sind finanziell von Heesooks Vater abhängig, der zwar ein Zweithaus in Seoul besitzt, mit seiner ersten Ehefrau aber seit Jahrzehnten überhaupt nicht mehr verkehrt und seinen verwirrten ältesten Sohn als Schmach für die ganze Familie ansieht.

    Mit „Happy Family“ beschreitet Heesook Sohn die schwierige Aufgabe, die eigene Familiengeschichte filmisch aufzuarbeiten, mit Bravour. Ihre Bilder zeigen das wahre Leben ihrer Familienmitglieder, die sich wie selbstverständlich authentisch und ungekünstelt vor der Kamera bewegen. Da Nesthäkchen Heesool Sohn von Kindesalter an alles auf Kamera bannte, waren die Filmaufnahmen für die Familie nichts Außergewöhnliches, was maßgeblich für das Gelingen des Projekts war. So entstanden Bilder des ganz normalen Alltags mit seinen spaßigen und ernsten Momenten und Familiengespräche, die realer, ehrlicher und teils – auch für die Regisseurin selbst – schmerzlicher nicht sein könnten. So erscheint Heesook Sohns Ziel, ein aktuelles Foto mit alle Familienmitgliedern zu erstellen, in Anbetracht der eingefahrenen Konflikte und schwierigen Konstellationen innerhalb der Familie von Anfang an so gut wie aussichtslos. Doch trotz all der harten Worte, Enttäuschungen, Vorwürfe und Anschuldigungen gibt es immer wieder etwas, worüber der Zuschauer schmunzeln kann.

    So ist es einfach amüsant, wenn die dritte Ehefrau des Vaters von Heesook erschrocken kontrolliert, ob der Gatte wirklich zwei Kilo zugenommen hat oder wenn eben diese Dame erklärt, warum der edle Parkettboden im Seouler Zweitwohnsitz aussieht, als habe er starke Akne, obwohl jedes Stuhl- und Tischbein zur Kratzervermeidung mit Tennisbällen versehen wurde. Die Regisseurin kommentiert die Vorkommnisse zudem stets mit einem herrlich selbstironischen Off-Kommentar. Nichtsdestotrotz fängt sie mit viel Gefühl und einem guten Gespür für ihren jeweiligen Gesprächspartner die Leben ihrer Geschwister und Eltern ein. Dabei wird deutlich, dass auch die unterschiedlichen kulturellen Einflüsse, denen die Familienangehörigen ausgesetzt sind, zur stetigen Entfremdung mit beigetragen haben. Auch werden die aktuellen Aufnahmen immer wieder durch kleine Filmeinspielungen aus dem Familienarchiv unterbrochen, die nochmals einen besseren Einblick in die bewegte Vergangenheit der untypischen koreanischen Familie ermöglichen.

    Mit ihrer Abschlussarbeit „Happy Family“ ist der Regisseurin Heesook Sohn eine packende Dokumentation über Familie, Vergangenheitsbewältigung und die Suche nach dem Glück gelungen, die es trefflich versteht, den ernsten Kontext immer wieder durch eigentlich alltägliche, dafür aber umso charmantere Gegebenheiten aufzulockern.

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