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    Oh je, du Fröhliche!
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Oh je, du Fröhliche!
    Von Christoph Petersen

    Es hätte eine echt lustige Anarcho-Comedy im „Kevin - Allein zu Haus“-Stil mit einem kleinen Schuss „Der Frühstücksclub“ werden können. Gewisse Zutaten deuteten einfach darauf hin, dass man mit der Weihnachtskomödie „Oh je, du Fröhliche!“ vielleicht eine ganze Menge Spaß haben könnte. So hat sich Regisseur Paul Feig einen Großteil seiner Lorbeeren mit den TV-Comedys „The Office“ und „Arrested Development“ verdient – beide sind für ihren herrlich sinnfrei-intelligenten Humor berüchtigt. Und eine Gruppe von wildgewordenen Teenies, die einen Flughafen als Abenteuerspielplatz missbraucht – was will das Kinder- oder Junggebliebenenherz mehr? Aber der wenig charmante Cast und der harmlose Showdown verhindern einen größeren Komödienwurf, statt der kompletten 90 sind so nur etwa 30 Minuten wirklich unterhaltsam, der Rest ist entweder zu süßlich oder zu kontrolliert geraten.

    Ein nie gesehener Schneesturm legt am Weihnachtsabend den gesamten Flugverkehr lahm. Besonders schlimm ist dies für all diejenigen Kinder, die allein reisen – sie müssen die Feiertage nun scheinbar ohne ihre Familien verbringen. Hinzu kommt noch, dass der schlechtgelaunte Airport-Manager Oliver (Lewis Black), der eigentlich nach Hawaii fliegen wollte, die Kinder unter Aufsicht des sympathischen, aber hoffnungslos überforderten Flughafen-Angestellten Zach Van Bourke (Wilmer Valderrama) in einer großen Halle zusammenpferchen lässt, um sie so besser unter Kontrolle zu haben. Doch da hat er die Rechnung ohne die Kids gemacht. Der Durchschnittsbengel Spencer (Dyllan Christopher), das verwöhnte Rich-Girl Grace (Gina Mantegna), der übergewichtige, erschreckend introvertierte Timothy „Beef“ Wellington (Brett Kelly), die eher alternativ eingestellte Donna (Quinn Shephard) und der superintelligente Jazztänzer Charlie (Tyler James William) können in einer unbeobachteten Sekunde fliehen und machen von nun an das eingeschneite Flughafengelände unsicher…

    Society ist not to blame! You are!

    So lautet die Aufschrift eines Plakats, das in jenen Zellen hängt, in die die jugendlichen Delinquenten nach ihrem zweiten erfolglosen Fluchtversuch gesteckt werden. Und wirklich hat der Film immer dann seine stärksten Momente, wenn er der anarchischen Ader seiner kleinen Helden freien Lauf lässt. Natürlich ist es im Endeffekt Geschmackssache, ob man es nun lustig findet, wenn die Kids mit einem Gepäckwagen alle möglichen Sachen umfahren oder sich durch das Lager mit den vergessenen Koffern wühlen, aber dieser absolut sinnfreie Humor im Stile der Kleinen Superstrolche darf auf jeden Fall eine Menge Spaß machen. Auch wenn sich Erwachsene wohl eher wünschen würden, eine Nacht allein in einem Kaufhaus zu verbringen, ist der Flughafen mit seinen unzähligen Verstecken, irrsinnig langen Gepäckbändern und schusseligen Security Guards für Kinder ganz einfach der perfekte Abenteuerspielplatz, um mal so richtig die Sau rauszulassen. Sicherlich zündet bei weitem nicht jeder Gag und an Charme mangelt es hier und da auch ein wenig, aber dennoch kann man sich von dieser actionreichen Abenteuerweihnacht zumindest anständig unterhalten lassen.

    Nur weil Du Dein Alleingelassensein kompensierst, indem Du Dich in enge, mutterleibsähnliche Räume quetschst, muss das nicht allen anderen genauso gehen.

    Leider hält „Oh je, du Fröhliche!“ diesen rebellischen Stil nicht die vollen 90 Minuten konsequent durch. Die Probleme fangen schon mit der Besetzung an. Die Kindertruppe besteht zum Großteil aus alten Hasen, die eher eine kontrollierte denn eine charmant-anarchische Performance abliefern. Tyler James Williams hat als festes Ensemble-Mitglied der amerikanischen Sesamstraße angefangen und seit 2005 mit „Everybody Hates Chris“ seine eigene TV-Sit-Com, Dyllan Christopher wirkte seit Mitte der 90er Jahre in zahlreichen Kinofilmen (Armageddon) und TV-Serien mit und Dominique Saldana kommt aus einer Familie, in der alle Schwestern Stars des amerikanischen Werbefernsehens sind - sie alle mögen ihren Job gut machen, aber man merkt immer, dass sie Schauspielen schon in ihrem jungen Alter als Beruf betrachten, von allen Zwängen befreiter Spaß überträgt sich so kaum von der Leinwand auf den Zuschauer. Lediglich Brett Kelly als übergewichtige Rambo-Parodie kann so von der jungen Garde wirklich überzeugen, weil seine Rolle als einzige nicht als bloßer Sympathieträger, sondern als herrlich überhöhte Kunstfigur funktioniert.

    Auch die Besetzung der beiden Erwachsenenrollen ist nicht wirklich zufrieden stellend. Lewis Black (Man Of The Year) gibt den Weihnachtshasser mit einer gehörigen Portion Dämlichkeit statt echtem Bösewichtcharme, wirkt so eher wie ein kleiner Sidekick denn wie ein ernstzunehmender Antagonist. Und Wilmer Valderrama, der vor allem durch seine Rolle als Fez in der Erfolgsserie „Die Wilden 70er“ einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangte, ist einfach viel zu harmlos, als dass man seinen ultranetten Auftritt nicht schon vorm verlassen des Kinosaals wieder vergessen hätte. Es ist nicht nur in Ordnung, es ist sogar angebracht, einen weihnachtlichen Familienfilm versöhnlich enden zu lassen. Aber es passt einfach nicht, wenn „Oh je, du Fröhliche!“ sich nach all der Rebellion zuvor in einem elend langen, alle vorherige Kritik vergessenden Finale verliert. Die breit ausgewälzte Süßlichkeit führt zu einem solch abrupten Tempoverlust, dass sich nicht nur die actionverwöhnten Kinder, sondern auch die sie begleitenden Eltern, die dieses Over-The-Top-Weihnachtsende eigentlich besänftigen soll, die letzte halbe Stunde hindurch extrem langweilen dürften.

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