Nach dem ziemlich gut gelungenen und erfolgreichen „Unter Geiern“, ein Starvehikel eher für den designierten Hollywoodstar Stewart Granger alias Old Surehand als für Pierre Brice aka Winnetou, folgte in der Karl-May-Reihe „Der Ölprinz“. Auch in diesem Falle muss der Zuschauer weitgehend auf Winnetous edel-naive Aussagen verzichten und mit Old Surehands süffisanten Kommentaren vorlieb nehmen. Trotz Schwächen und dank eines Heinz Erhard macht das Ganze dann zugegebenermaßen doch genug Spaß, um die Winnetou-Fans bei der Stange zu halten.
Er ist bekannt als der Ölprinz (Harald Leipnitz) und verkauft nicht existente Ölquellen an reiche Investoren, um mittels deren Geld tatsächliche Grundstücke mit verborgenen Reichtümern für sich zu kaufen. Doch ein Siedlertreck kommt seinen Schwindeleien in die Quere und möchte sich just am Schauplatz seiner Geschäfte, dem Shelly-See, niederlassen. So tut er alles, um sie zu stoppen, hat aber nicht mit Winnetou (Pierre Brice) und Old Surehand (Stewart Granger) gerechnet.
„Der Ölprinz“ verläuft in den üblichen Bahnen Karl May’scher Verfilmungen: Weißer Oberbandit bedroht arme Siedler (hauptsächlich Deutsche), korrumpiert enttäuschte Indianer und der weiße und der rote Bruder biegen die Geschichte zurecht. In diesem Falle ist der weiße Bruder ganz Buch-ungetreu einzig und allein Old Surehand. Wie bei den meisten Karl-May-Filmen hat „Der Ölprinz“ nicht viel mit Mays Vorlage gemein. Das muss aber nicht weiter verwundern, ist doch die buchstaben- und handlungsgetreue Verfilmung eines Karl-May-Romans nahezu unmöglich. „Der Ölprinz“ gehört aufgrund Mays epischen Ausschweifungen und einer gewissen Langweile, gleichwie „Winnetou II“, auch zu seinen am schwersten verfilmbaren Büchern. Jene völlig umgemodelte Geschichte, die mit der Vorlage gar nichts mehr gemein hat, bietet denn auch nichts Besonders, außer dem aparten Winnetou-Charme der Filme. Diese Wildromantik steckt aber im Vergleich zu den Vorgängern („Der Schatz im Silbersee“, „Winnetou I-II“) ein wenig zurück und macht dafür etwas mehr Selbstironie, personifiziert durch Stewart Granger, Platz. Die Härte des Vorgängers „Unter Geiern“ ist etwas herausgenommen worden, während die Tonart sich schon erwachsener als die naiv-romantischen „Der Schatz im Silber-see“ und „Winnetou I-II“ geben möchte. Ein wirklicher Pluspunkt ist das nicht unbedingt.
Stewart Granger und Pierre Brice sollen sich gar nicht verstanden und Granger in der ganzen Geschichte ohnehin nur ein großen Scherz gesehen haben. Diese Haltung legte er Überlieferungen zufolge auch während den Dreharbeiten an den Tag und war sich zu schade für vieles; das aber schlägt sich nicht negativ auf den Film nieder. Grangers Interpretation von Old Surehand, zwar weit an Mays Büchern vorbei, ist ganz spaßig und kann dem uneinvorgenommenen Betrachter durchaus gefallen. Von den Differenzen zwischen ihm und Pierre Brice merkt der Zuschauer nichts, sondern nimmt ihnen ihre Leinwandbruderschaft ohne Probleme ab.
Regie- und Kameraführung fallen gegenüber den anderen Vertretern aus der Winnetou-Reihe nicht ab. Routiniert vollführten Regisseur Harald Philipp und Crew ihre Arbeit, ohne sich inszenatorisch eine Blöße zu geben. Einen Originalitätspreis hätte der Film mit seiner biederen Inszenierung kaum gewonnen, die netten Bilder gefallen aber und gerade die sichere Regieführung bügelt einige Drehbuchschwächen aus. Diese Schwächen treten in Form einer ziemlich dünnen Story und mehrerer logischer Fehler auf, aber der Film unterhält, bietet für deutsche Verhältnisse sehenswerte Action und reichlich Humor. Mit dazu bei trägt Heinz Erhardt als verkannter Operettenkomponist. Es macht Spaß, ihm zuzusehen. Die Szenen mit seiner Beteiligung sind auch die stärksten am Film, wobei „Der Ölprinz“ in jenen Momenten der Komödie näher kommt als einem Western. Harald Leipnitz gefällt als aalglatter Bösewicht und Terence Hill (damals noch Mario Girotti) als der typische Jungspund an der Seite des Helden, der im Laufe der Zeit eine Wandlung durchmacht, über sich hinauswächst und am Ende das hübsche Mädchen kriegt. Er hat sich übrigens bestens mit Pierre Brice verstanden.
An sich ist „Der Ölprinz“ nichts Außergewöhnliches und wer mit Winnetou nichts anfangen konnte oder noch gar keinen dieser Filme gesehen hat, der sollte mit „Der Ölprinz“ nicht unbedingt anfangen. Wer sich aber zur Fangemeinde des edlen Häuptlings und seiner sympathischen Handlanger zählt, der kann am soliden, kurzweiligen Western seine Freude haben.