1962 erfand der Thriller-Autor Donald E. Westlake unter dem Synonym Richard Stark die Figur des abgebrühten, vornamenlosen Berufskriminellen Parker. „The Hunter“ war der erste Roman einer Serie, die Westlake zunächst bis in die 70er fortsetzte und erst vor kurzem wiederbelebte. 1967 erlebt Parker seinen ersten Leinwandausflug. John Boormans Point Blank mit Lee Marvin in der Rolle des Walker (=Parker) geht als Klassiker des Film Noir in die Geschichte ein. Was damals noch eher unblutig inszeniert wurde, wird 1998 schließlich in einer deutlich härteren Variante neu aufgelegt. In der Hauptrolle: Mel Gibson (Lethel Weapon, Braveheart, Signs, Die Passion Christi). Parker heißt nun nicht mehr Walker, sondern Porter, am eigentlichen Plot hat sich aber nicht allzuviel geändert. Regie führt (zunächst) Brian Helgeland, der für sein Drehbuch zu L.A. Confidential gerade einen Oscar einheimsen konnte. Nach Abschluss der Dreharbeiten wird das Endergebnis jedoch als zu hart für das Mainstream-Publikum befunden. Außerdem soll Mel Gibson angeblich um seinen Ruf als Saubermann fürchten. Ergo werden 30 Prozent des Films nach über einem Jahr Pause (Gibson war bei Lethal Weapon 4 eingespannt) nachgedreht. Darüber, welcher Regisseur für die Nachdrehs verantwortlich ist, herrscht Uneinigkeit: Paul Abascal wird ebenso genannt wie John Myhre. Viele Köche verderben sprichwörtlich den Brei – hier kann sich das Ergebnis aber dennoch sehen lassen: „Payback“ ist schnell, spannend und bietet einige überraschende und augenzwinkernde Schlenker. Die Nebenrollen sind mit Lucy Liu, Maria Bello, Kris Kristofferson und James Coburn konsequent hochkarätig besetzt und Gibson macht einfach wieder das, was er am besten kann: lakonisch leiden und zynisch zurückschlagen.
Das Leiden beginnt, als Porter mit seinem vermeintlichen Partner Val Resnick (Gregg Henry) einen Raubüberfall begeht. Dummerweise betrügt Val Porter, der am Ende vom Lied um seine Frau und 70.000 Dollar erleichtert wird. Weil an- nicht immer auch erschossen bedeutet und Porter sowieso ein zäher Hund ist, beginnt er einen erbarmungslosen Rachefeldzug, um wiederzubekommen, was „rechtmäßig“ ihm gehört. Val hat das Geld jedoch dazu verwendet, um sich in ein professionelles Syndikat namens „Outfit“ einzukaufen. Es braucht nicht viel Phantasie, um zu ahnen, dass der prinzipientreue Porter sich auch mit einer millionenschweren kriminellen Organisation anlegt, nur um sein Taschengeld wiederzubekommen. Und der Weg an die Spitze des Verbrechersyndikats ist lang, steinig und extrem schmerzhaft…
Porters kompromissloser Rachefeldzug spielt in einem schmutzigen Chicago, das direkt aus der Ära des Film Noir stammen könnte. Die Farben des Films wurden so ausgeblichen, dass ein nüchterner, blaustichiger Ton entsteht, der die überwiegend trostlosen und dreckigen Schauplätze der Handlung umso schäbiger erscheinen lässt. Kleidung, Autos und Requisiten, etwa die fast ausschließlich eingesetzten Wahlscheibentelefone, geben der harten Krimi-Ästhetik den letzten Schliff. In diesem Szenario prügelt und mordet es sich einfach prächtig. Regelmäßig kommentiert Porters durch Kettenrauchen gegerbte Stimme das Geschehen mit Binsen- und Gangster-Weisheiten. Die geschliffenen Schlagabtausche zwischen Porter und seinen zahllosen Antagonisten bergen einen bissigen, treffsicheren schwarzen Humor.
Ähnlich perfide wie die Welt der Protagonisten ist letztlich auch die subtil vermittelte Ideologie. Obwohl Porter stiehlt, schlägt, prügelt und mordet, hat er doch stets die implizite Legitimation des Zuschauers: Er ist eben nicht „ganz so schlimm“ wie die anderen, hat mehr gelitten, ist eben der toughe und prinzipientreue Einzelkämpfer, der ganz tief drinnen irgendwo doch zur Reue und Liebe fähig ist. Und überhaupt, 70.000 Dollar... da kann man doch mal ein Auge zudrücken. Letztlich ist Mel Gibson die Umstrukturierung des Films zugunsten einer nicht ganz unerheblichen moralischen Entlastung seines Charakters also erfolgreich gelungen. So dauerte es schließlich auch fast zehn Jahre, bis der kürzlich erschienene Director’s Cut unter dem Titel „Straight Up“ herauskam. Der zeichnet ein weniger eindeutiges Bild von Porter, wurde in diesem doch unter anderem eine Szene, in der Porter seine Frau verprügelt, wieder eingesetzt.
Inwiefern dieses Glattbügeln des Porter-Charakters Abzüge in der B-Note gibt, muss wohl jeder für sich selbst entscheiden. Natürlich wäre eine ambivalentere Hauptfigur filmisch spannender gewesen, doch der sympathischere Porter macht es dafür leichter, mit dem Streifen einfach nur Spaß zu haben. Als reiner Unterhaltungsfilm taugt „Payback“ für Freunde des schwarzen Humors allemal: Er ist hervorragend besetzt und gespielt, kurzweilig, kompromisslos, hart und mit einer kleinen Prise Romantik versehen.