Arme Eidgenossen! Viele Filme gelangen aus der Schweiz nicht gerade auf die deutschen Leinwände. Da ist der Eindruck, den Mike Eschmanns „Achtung, fertig, Charlie!“ hinterlässt, umso stilbildender. Dumm nur, dass die romantische Militär-Klamotte an allen Fronten ihren Dienst am Publikum versagt. Der Film bietet lächerliche Klischees, eine mehr als vorhersehbare, unausgegorene 08/15-Handlung und unterforderte Schauspieler. Schlimmer noch: Der „American Pie“-Verschnitt im Militärgewand aus der Alpenrepublik ist nahezu witzfrei und durchgehend langweilig.
Für das junge Paar Antonio Carrera (Michael Koch) und Laura Moretti (Mia Aegerter) soll es der schönste Tag des Lebens werden, doch vor dem Traualtar erlebt der Bräutigam sein blaues Wunder. Der gutaussehende 20-Jährige besitzt zwar einen Schweizer und einen italienischen Pass, konnte sich deshalb aber nicht wie erhofft vor dem Wehrdienst drücken. Die eidgenössischen Feldjäger zerren ihn kurz bevor er seiner Angebeteten das Jawort geben kann von der Kirche direkt auf den Kasernenhof. Die Hochzeitsgesellschaft wird verdutzt zurückgelassen. Die Braut ist geschockt und traurig, deren Vater Paolo (Mike Müller) tobt. Der Patriarch, der in der Schweiz eine Textilfabrik mit Hilfe der Mafia betreibt, ist stinksauer auf seinen Beinahe-Schwiegersohn. Durch mehrere Zufälle und Schikanen schafft es Antonio in der Grundausbildung nicht, aus der Kaserne zu kommen. Deshalb setzt er auf Plan B. Auf Anraten eines Kameraden will er mit Rekrutin Michelle Bluntschi (Melanie Winiger) schlafen und sich dabei von Hauptmann Reiker (Marco Rima) in flagranti erwischen lassen, um aus der Armee zu fliegen. Michelle ist nämlich die uneheliche Tochter des Offiziers...
Die Tatsache, dass „Achtung, fertig, Charlie!“ im Jahr 2004 zu den kommerziell erfolgreichsten Produktionen in der Schweiz gehörte, lässt den neutralen Betrachter schon einigermaßen erschaudern. Auf der Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner des jungen, männlichen Zielpublikums bediente sich Regisseur Mike Eschmann ganz tief unten im Keller der Klischeeabteilung Militär und Gross-Out. „Achtung, fertig, Charlie!“ will eine sanft satirische Kombination aus „American Pie“ und „M*A*S*H“ sein, Coming-Of-Age mit romantischer Komödie vereinen, scheitert aber kläglich bei dem Versuch, den Vorbildern nachzueifern. Das Unheil beginnt schon damit, dass die Prämisse des Films so strunzdoof ist. Bräutigam Antonio bekommt als Schütze Arsch keine freie Minute in der Kaserne gegönnt und kann deshalb nicht zur Fortsetzung seiner Hochzeit ausrücken. Okay, das tut weh, aber wenn’s trotzdem lustig ist, wird sich niemand beschweren. Die grandiose Idee, seine künftige Frau zu betrügen, um zum Heiraten zu kommen, ist nicht minder dumm, wie die gesamte Handlung, die recht plump zwischendrin auch noch „Top Gun“ und „Bodyguard“ zitiert.
Aber selbst eine unoriginelle Story lässt sich von packenden Charakteren und guten Darstellern retten. Allerdings steht „Achtung, fertig, Charlie!“ hier ebenfalls auf verlorenem Posten. Aus der versammelten Schar der Figuren schafft es nur Rekrutin Bluntschi, dem Zuseher so etwas wie Sympathie abzuringen. Und Melanie Winiger, Miss Switzerland 1996, ist es auch, die bei ihrem Spielfilmdebüt die meisten und leider einzigen Pluspunkte sammeln kann. Die bildhübsche Novizin strahlt eine erfrischende Natürlichkeit aus und bekommt vom klischeetriefenden, weit jenseits der Gürtellinie zentrierten Drehbuch des Duos David Keller/Michael Sauter die wenigsten Nackenschläge mit. Sie muss nicht wie Pascal Nussbaumer eine Gummipuppe vögeln, wie Michael Koch seinem Kollegen Marco Rima ins Gesicht kotzen oder sich wie Mike Müller als Pappkamerad-Mafioso der Lächerlichkeit preis geben.
Ein weiteres hartnäckiges Problem des Films sind die beiden Hauptdarsteller neben Melanie Winiger. Michael Koch ist ein attraktiver Typ, aber darin erschöpft sich seine Leistung auch schon. Schuld am Scheitern sind aber die Drehbuchautoren, die dem Schweizer Jungstar eine unvorteilhafte Charakter-Mischung aus linkischem Arschloch und Weichei auf den Leib schrieben. Dass er sich trotz bevorstehender Heirat in Rekrutin Bluntschi verliebt und am Ende alles gut wird, ist sowieso kein Geheimnis, das kann jeder nach ein paar Minuten voraussehen. Doch der Weg dorthin ist alles andere als lustig. Das gilt vor allem für die Leistung von „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“-Mimin Mia Aegerter. Die Schweizerin ist nicht unbedingt mit einem Übermaß an schauspielerischem Talent, das sich für eine Kinoproduktion eignen würde, gesegnet. Und wenn sie im Finale auch noch anfängt zu singen, ist das die Krönung des Ganzen. Ansonsten darf sie ihren Topolino nur theatralisch anschmachten, als sei sie bei RTL im Vorabendprogramm.
Marco Rima, der hierzulande in der „Wochenshow“ von SAT.1 zu Bekanntheit gelangte und in seiner Schweizer Heimat bereits als Kabarettist erfolgreich war, muss sich im undankbaren, weil öden, Vater-Tochter-Konflikt aufreiben, ohne daraus Witz zu beziehen. Als Schleifer seiner Männer hat er wie Martin Rapold als Korporal Weiss einige in Ansätzen dezent komische Szenen. Die weiteren Nebenakteure gehen in der Ausübung ihrer zugewiesenen Klischees unter. Der Schwule (Kaya Inan), der Schwanzgesteuerte (Pascal Nussbaumer), der Kiffer (Nicolas Steiner), das Landei (Lucas Frey), der intellektuelle Pazifist (Jean Vocat) etc. dürfen natürlich nicht fehlen. Gähn!
Was „Achtung, fertig, Charlie!“ ein Mindestmaß an Unterhaltungswert entlockt, ist nicht nur der ulkige Schweizer Akzent, sondern auch das moralische Einprügeln auf den Füsilieren. Diese Gattung steht ganz unten in der militärischen Nahrungskette und keiner würde freiwillig behaupten, bei den Füsilieren gedient zu haben. Daraus entwickelt sich ein Anflug von Underdogcharme. Darüber hinaus hat der Film nicht viel Positives (außer dem Anblick von Melanie Winiger) zu bieten. Beschließen wir also mit einem wahren Highlight. Was brüllt der geläuterte Rekrut Carrera seinem Vorgesetzen nach abgeschlossener moralischer Reifung entgegen? „Hauptmann, stecken Sie sich ihre Toblerone in den Arsch.“ Da lächelt Offizier Reiker stolz und weiß: Der Junge hat seine Lektion gelernt und lässt sich so einfach nicht mehr unterbuttern...