Mein Konto
    Stepfather
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Stepfather
    Von Sascha Westphal

    Gegenwärtig ist kein Horrorfilm der 70er und 80er Jahre mehr vor einem Remake sicher. Langsam gehen den Produzenten und Filmemachern zwar die wirklich berühmten, oder oft auch nur wirklich berüchtigten Genreklassiker aus. Aber das scheint niemanden besonders zu stören. So lange die Zahlen stimmen und zumindest auf dem DVD- und Blu-ray-Markt noch Gewinne zu machen sind, geht die Suche nach wieder verwertbaren Filmstoffen weiter. Gelegentlich bringt dieses fabrikmäßige Recycling von Ideen und Geschichten sogar Werke hervor, die in zwanzig oder dreißig Jahren vielleicht selbst wieder in diesen schier endlosen Verwertungskreislauf gesteckt werden. Doch die meisten dieser Remakes sind nur Füllmaterial für Kinosäle, Videothekenregale und das Abendprogramm von Privatsendern. Auch das wäre letztlich gar nicht weiter bemerkenswert – die Filmindustrie hat immer schon diese Art von Gebrauchskino produziert, das dann ganz schnell wieder in Vergessenheit geraten ist. Doch in einer Zeit, in der die Originale so leicht verfügbar sind – und das oft auch noch in hervorragenden Editionen, die ihrem Status alle Ehre machen –, stellt sich wirklich die Frage, wer etwa eine neue Version von Joseph Rubens „The Stepfather“ („Kill, Daddy, Kill“), dieser bitterbösen Abrechnung mit den Lügen der Reagan-Ära, braucht? Hätten Nelson McCormick (Prom Night) und sein Drehbuchautor J.S. Cardone (8mm 2) einen Weg gefunden, ihre Version dieses beklemmenden bürgerlichen Horrorszenarios um einen mörderischen Stiefvater so fest in der heutigen Zeit zu verankern, wie es einst Ruben in den 80ern gelungen ist, würde sich diese Überlegung natürlich ganz schnell wieder erübrigen. Aber genau das haben sie erst gar nicht versucht. Also bleibt „Stepfather“ nichts als ein Ehrenplatz in der Galerie der überflüssigsten Remakes.

    Ein Mann rasiert sich den Bart ab, färbt sich die Haare und bringt noch einmal – oder auch zum letzten Mal – Ordnung in das schicke Vorstadthaus, in dem er offensichtlich längere Zeit gelebt hat. Doch nun will er anscheinend sein bisheriges Leben hinter sich lassen. Was zurückbleibt, sind die Leichen einer Frau und mehrerer Kinder, seiner Familie, wie die überall im Haus verteilten Fotos bezeugen. Monate später lebt der Mann, der sich nun David Harris (Dylan Walsh, Blood Word, serie,Nip/Tuck) nennt, in einer anderen Stadt und ist auf der Suche nach einer neuen Familie. In einem Supermarkt begegnet er der vor nicht allzu langer Zeit geschiedenen Susan Harding (Sela Ward, Auf der Flucht, The Day After Tomorrow). Die beiden kommen ins Gespräch und verstehen sich gleich blendend. Es dauert nicht lange bis David bei Susan und ihren Kindern einzieht, und schon bald ist von Hochzeit die Rede. Nur Michael (Penn Badgley, Rache ist sexy, „Gossip Girl“), der gerade ein Jahr an einer Militärschule verbracht hat und für den Sommer zu seiner Familie und seiner Freundin Kelly (Amber Heard, All The Boys Love Mandy Lane, Zombieland) zurückgekehrt ist, misstraut seinem zukünftigen Stiefvater.

    In Joseph Rubens subversivem Original war es noch die fast schon erwachsene Tochter, die sich ihrem neuen Stiefvater und dessen autoritären Regeln fügen sollte, die ahnte, dass hinter der biedermännischen Fassade dieses Mannes nichts als Gewalt und Despotismus lauern. In den Zeiten der Reagan-Ära mit ihren heuchlerischen Familienwerten und ihrem traditionellen, zutiefst konservativen Rollenverständnis war das eben weitaus mehr als nur ein Zugeständnis an klassische Genrekonventionen. Schließlich stellten die gesellschaftlichen Verhältnisse tatsächlich eine Bedrohung für Mädchen und Frauen jeden Alters dar.

    Seither hat sich einiges verändert. Insofern ist es tatsächlich reizvoll, dass die Rolle des Misstrauischen nun dem 17-jährigen Michael zufällt. Schließlich war dessen Bedarf an männlichen Autoritätspersonen endgültig gedeckt, als sein Vater die Familie verlassen hat. Seine Zweifel erwachsen nicht aus der Angst vor Unterdrückung, sondern aus einer tief sitzenden Furcht davor, dass alle Männer, er selbst auch, wie sein Vater sein könnten. Doch genau aus dieser Konstellation macht Nelson McCormick nichts. Er interessiert sich nicht einmal für sie. Ihm reicht es, den Stiefvater als mörderischen Soziopathen vorzuführen und Michael auf die Rolle des unverstandenen, pseudo-rebellischen Teenagers zu reduzieren. Die Family values und die Konservativen haben allem Anschein nach endgültig in Amerika gesiegt, wenn selbst ein „Stepfather“-Remake letztlich ihre Überzeugungen übernimmt: Alles wäre gut gewesen, wenn nur Michaels Vater zu seiner Verantwortung gestanden hätte.

    Nelson McCormick, der schon das uninspirierte „Prom Night“-Remake zu verantworten hat, ist ansonsten vor allem beim Fernsehen tätig. Dazu passt dann auch die Besetzung des Films mit Dylan Walsh, Sela Ward und Penn Badgley, die es eigentlich nur durch ihre Serienrollen zu einiger Berühmtheit gebracht haben. Grundsätzlich lässt sich dagegen nichts sagen. In den vergangenen zehn Jahren haben zahlreiche amerikanische Serien eindeutig Kinoqualitäten bewiesen und das Kräfteverhältnis zugunsten des Fernsehens verschoben. Die hohen professionellen Standards von serie,Dr. House, serie,Alias - Die Agentin, „Nip/Tuck“ oder serie,Prison Break – übrigens alles Serien, zu denen Nelson McCormick Episoden beigesteuert hat – bleiben natürlich auch in „Stepfather“ gewahrt. Nur ist das einfach nicht genug. Das Original von 1987 verdankt seine enorme innere Spannung wie auch seinen Kultstatus seinem eindrucksvollen Subtext. Den haben McCormick und Cardone nun gänzlich eliminiert, so dass ihre „Stepfather“-Variation niemals über die reine Genremechanik hinausweist; und die alleine kann diese ansonsten viel zu simpel gestrickte Psycho-Mär nicht tragen.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top