Was tun, wenn der Lebenstraum auf die bitterste erdenkliche Art und Weise brutal zerplatzt ist? Al Gore, Fast-Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, machte das, womit keiner gerechnet hat: Er besann sich auf seine Wurzeln als Umweltaktivist und ging mit einer multimedialen Show auf Tour, zog von Stadt zu Stadt, von Land zu Land, von Kontinent zu Kontinent, um seine Öko-Botschaft zu verbreiten. Die Menschheit sitzt auf einer Zeitbombe, die nächste Klimakatastrophe steht unmittelbar bevor. Wird in den nächsten zehn Jahren nichts unternommen, kollabiert das Weltklima, so Gores Fazit. TV-Regisseur Davis Guggenheim („24“, „Alias“, „Deadwood“) bringt das Anliegen des ehemaligen Vize-Präsidenten in der Dokumentation „Eine unbequeme Wahrheit“ auf die große Leinwand, um einer breiteren Masse Gores bewundernswerten Feldzug näher zu bringen. Auch wenn der ur-amerikanische Stil der Herangehensweise zuweilen nervt, sollte sich jeder verpflichtet fühlen, diesen Film anzuschauen.
Die Thesen, die Al Gore in seiner Präsentation unter das Volk bringt, sind für das gute alte Europa größtenteils nichts bahnbrechend Neues, aber in den USA - dem Land, das bis heute das Kyoto-Protokoll nicht unterzeichnet hat und als größter Energieverbraucher der Welt gilt - stoßen seine Botschaften auf enormes Erstaunen, weil sie für viele schlichtweg neu sind. So ist Gores Show, die er ohne großen Wirbel mehr als 1.000 Mal präsentiert hat, auch zu hundert Prozent auf die amerikanische Volksseele ausgerichtet. Daran kommt auch Regisseur Guggenheim nicht vorbei. Mit einer Mischung aus harten Fakten, Witz und Charme tritt Gore seine Aufgabe als Mahner mit riesiger Leidenschaft an. In einem oft humoristischen Grundton serviert er dramatische wissenschaftliche Daten, kombiniert diese mit Cartoons, Schaubildern und Grafiken, um jedem den Zugang zu erlauben. Aber Gores Botschaft ist einfach zu wichtig, als dass ein Herunterbrechen auf ein niedriges Level stilistisch ernsthaft zu kritisieren wäre.
Guggenheim hat das Potenzial von Gores famoser Personality-Show sofort erkannt, doch ihm war ebenso bewusst, dass für eine Kino-trächtige Dokumentation in großem Stil mehr nötig ist, als das schnöde Abfilmen der Präsentation. Und so wird „Eine unbequeme Wahrheit“ ganz nebenbei zur einer Light-Biographie von Al Gore, den das Drehteam rund um den Erdball begleitete. Der Demokrat gibt Einblick in seine Gedankenwelt, schildert seine Herkunft und seine Ziele. Drei Ereignisse dokumentieren die Eckpunkte in Gores Leben: ein Autounfall, der seinem kleinen Sohn beinahe das Leben kostete, der Tod seiner Schwester, die an Lungenkrebs starb und die historische, umstrittene Wahlniederlage im Jahr 2000 gegen George W. Bush. Diese zusätzliche Ebene der unaufdringlichen Charakterzeichnung bringt die Dokumentation spürbar voran.
Gore ist ein Medien-erfahrender Vollprofi, das ist in jeder Sekunde von „Eine unbequeme Wahrheit“ allgegenwärtig, doch das nahe liegende Verfallen in Politiker-Manierismen fällt selten auf, auch, wenn es nicht vollständig zu verhindern ist. Dennoch ist seine Warnung parteiunabhängig und tendenziell eher amerikaunfreundlich. Mit dem bloßen Aufzeigen der Missstände ist es aber nicht getan, Gore fordert jeden Filmbesucher explizit zum Handeln auf, dieser ur-amerikanische Pragmatismus ist selbst für die kühlen Europäer ein Stück weit erstrebenswert. Der Analyse und Erkenntnis folgt das direkte Reagieren.
Das ausgesprochen Sympathische an Gores Aktionismus ist die bescheidene Taktik, seine Botschaft zur Not persönlich anzubringen, egal ob in überfüllten Turnhallen oder schicken Kongresssälen, der Mann spricht auch vor 100 Leuten, wenn er denkt, etwas zu bewirken. Das beinhaltet natürlich auch eine gewisse Naivität, die seinem Vortrag manchmal nicht abzusprechen ist, aber eine Kritik hieran ist nicht relevant und entspräche nur europäischer Arroganz. Vielmehr sollte jeder froh sein, dass in der einflussreichsten Nation der Welt noch jemand aufsteht, dessen Wort Gewicht hat und der Menschen offensichtlich erreicht, wie die exzellenten Einspielzahlen aus den USA beweisen.
Eine bittersüße Frage drängt sich unabhängig von „Eine unbequeme Wahrheit“ förmlich auf: Was wäre passiert, wenn der kompromisslose Umweltschützer Al Gore 2000 bei der Mauschelei-umwitterten Präsidentenwahl gewonnen hätte? Es ist nicht schwierig, sich auszurechnen, dass die USA dann heute wohl kaum die aktuell meistgehasste Nation auf Erden geworden wäre und eine weit umsichtigere Umweltpolitik betrieben hätte, als die Bush-Adminstration, die Gores Warnungen nicht einmal ernst nimmt...
Anhang (Infos: Verleiher UIP)
Biographie Al Gore:
Der ehemalige US-Vizepräsident Al Gore ist Vorsitzender von Generation Investment Management, einem Londoner Unternehmen, das sich auf ökologisch orientierte Investitionen spezialisiert. Er ist zudem Vorsitzender von Current TV, einem unabhängigen Kabel- und Satellitenprogramm für junge Leute, dessen Programm eine Mischung aus Zuschauerbeiträgen und professionellem Journalismus bietet.
Al Gore ist Mitglied im Vorstand von Apple Computer, Inc. sowie Senior Advisor von Google, Inc. Als Gastprofessor unterrichtet Al Gore an der Middle Tennessee State University in Murfreesboro, Tennessee.
Al Gore wurde 1976 zum ersten Mal ins amerikanische Repräsentantenhaus gewählt und war dort vier Wahlperioden lang als Abgeordneter tätig. 1984 und 1990 wurde er in den US Senat gewählt. Am 20. Januar 1993 wurde er als 45ster Vize-Präsident der USA vereidigt. Al Gore arbeitete als führendes Mitglied im ökonomischen Beraterstab von Präsident Bill Clinton. In seiner politischen Karriere war er Präsident des Senats, Kabinettsmitglied, Mitglied des Nationalen Sicherheitsrats und leitete zahlreiche Gremien der Regierung.
Unter der Clinton-Gore-Regierung engagierte sich Al Gore maßgeblich für den globalen Umweltschutz und veröffentlichte 1992 den Bestseller „Wege zum Gleichgewicht. Ein Marshallplan für die Erde” (Earth in the Balance: Ecology and the Human Sprit).
Al Gore lebt mit seiner Frau Tipper in Nashville, Tennessee.
Gores Fakten über die globale Erwärmung:
Was ist die globale Erwärmung?
Ursachen der globalen Erwärmung sind die Emissionen von Kohlendioxid und die Freisetzung anderer Treibhausgase in die Atmosphäre. Diese Gase wirken wie eine dicke Decke, welche die Sonneneinstrahlung festhält und so für einen Anstieg der Temperaturen auf der Erde sorgt. Je mehr Gase freigesetzt werden, desto mehr steigen die Temperaturen an. Die Gase entstehen durch das Verbrennen fossiler Brennstoffe, vor allem in Fahrzeugen und Kraftwerken sowie den gleichzeitigen Verlust von Wäldern und Pflanzungen.
Wissenschaftler finden Hinweise auf die globale Erwärmung durch Untersuchungen von historischem Gletschereis, von Sedimenten am Meeresboden sowie den Jahresringen von Bäumen.
Die Bedrohung der globalen Erwärmung für die Menschheit liegt in der Zunahme von Stürmen und Dürren, von schmelzenden Gletschern, ansteigenden Meeresspiegeln, Veränderungen des Wetters sowie der Ausbreitung von Krankheiten.
Autos und Kohlekraftwerke gehören zu den größten Kohlendioxid-Verursachern in Amerika. Weltweit gehören Brandrodungen und das Abholzen von Wäldern zu wichtigen Ursachen für die globale Erwärmung.
Wissenschaftler gehen davon aus, dass ohne Reduzierung der Emissionen die Durchschnittstemperaturen bis zum Ende des Jahrhunderts um 2 bis 5 Grad ansteigen könnten.
Erstaunliche wissenschaftliche Fakten über die globale Erwärmung
Jüngste Messungen von Eiskernen aus der Antarktis zeigen, dass die Kohlendioxid-Konzentrationen heute höher sind als jemals in den vergangenen 650.000 Jahren – dem ältesten Datum, das heute bestimmt werden kann.
2005 war das wärmste Jahr seit Aufzeichnung von Wetterdaten. Die zehn wärmsten Jahre wurden alle seit 1990 gemessen. Im Sommer 2005 wurden in Hunderten von amerikanischen Städten neue Hitzerekorde verzeichnet.
In den letzten 50 Jahren stieg die durchschnittliche Temperatur auf der Erde schneller an als in allen Zeiten der Wetteraufzeichnung.
2003 kamen in Europa 30.000 Menschen, in Indien 1.500 Menschen durch Hitzewellen ums Leben.
Seit 1978 schmilzt das Eis der Arktis um 9 Prozent pro Jahrzehnt.
2000 wurden zum ersten Mal Seemöwen am Nordpol gesehen.
Der Schnee des Kilimandscharo wird bei der jetzigen Geschwindigkeit seines Abschmelzens im Jahr 2020 verschwunden sein.
Erwartete Folgen durch den Temperaturanstieg
Die globale Erwärmung wird die Intensität von Hurrikans verstärken. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Zahl von Hurrikans der Kategorien 4 und 5 weltweit fast verdoppelt. Durch die Erwärmung der Meere können tropische Stürme mehr Energie aufnehmen und werden stärker.
Während schwere Stürme in einigen Gegenden zu Überflutungen führen, breiten sich anderswo Dürren und Waldbrände aus.
Tieferliegende Inseln werden durch den Anstieg des Meeresspiegels unbewohnbar.
Wälder, Farmen und Menschen werden durch neue Epidemien und Krankheiten bedroht, die von Moskitos übertragen werden.
Die Zerstörung von Korallenriffen und Alpenwiesen führt zum Aussterben vieler Pflanzen und Tiere.
Was getan werden kann?
Effiziente Nutzung von Energie, Umweltschutz, erneuerbare Energiequellen und eine neue Politik sind alle Teil der Lösung. Ein Großteil der Technologie steht bereits zur Verfügung, um einen Anstieg der globalen Erwärmung zu verhindern. Zu den unmittelbaren Schritten gehören der Umstieg auf schadstoffarme Autos, die Entwicklung effizienterer Technik sowie die Einsparung von Energie auf internationaler Ebene.
Jeder Einzelne kann unmittelbar helfen, indem er seinen persönlichen Anteil an der Produktion von Treibhausgasen reduziert.
Große Unternehmen erkennen bereits den geldsparenden Effekt von Schadstoffreduktionen – doch bieten sich hier noch enorme Potenziale für Innovationen.
Die Entwicklung neuer, sauberer Energietechnologien wie Windkraft, Solarenergie, Hybridmotoren und alternativer Brennstoffe wird zu einem Schlüssel, um die globale Erwärmung in den Griff zu bekommen.
Weitere Informationen
www.climatecrisis.net