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    The Mutant Chronicles
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    The Mutant Chronicles
    Von Björn Becher

    Bereits nach den ersten Trailern stand Simon Hunters Sci-Fi-Abenteuer „The Mutant Chronicles“ bei Trash-Fans hoch im Kurs: eine komplett unabhängig finanzierte Produktion, die in den USA zwar immer noch keinen Verleih hat, aber neben einigen bekannten Namen wie Thomas Jane oder Ron Perlman auch noch eine vielversprechende Story und ordentlich Action im Köcher hat. Hört sich nach genau dem richtigen Futter für die Videothek um die Ecke an. Und dort gehört „The Mutant Chronicles“ auch hin, denn auf einer Kinoleinwand würden die eher mageren Effekte und die billigen CGI-Kulissen noch lächerlicher wirken als auf dem heimischen TV-Schirm. Dort versprüht das Ganze wenigstens noch ein bisschen Charme und unterhält zeitweise sogar ganz passabel. Aber eben leider nur zeitweise…

    Am Ende einer Eiszeit kam eine Maschine aus dem All, die die Menschen in Mutanten verwandeln sollte. Doch einem großen Krieger gelang es, die Menschheit zu vereinen und siegreich in den Kampf zu führen. Die Maschine wurde tief in der Erde vergraben. Im Jahr 2707 ist das Gerät aus dem All längst in Vergessenheit geraten. Die Ressourcen sind knapp geworden. Die Welt wird von nur vier Konzernen kontrolliert, die sich ständig im Krieg befinden. Besonders heftig tobt die Schlacht zwischen Bauhaus und Capitol im einstigen Europa. Was die Soldaten um Maj. „Mitch“ Hunter (Thomas Jane) und seinen Freund Capt. Nathan Rooker (Sean Pertwee) auf der Seite von Capitol sowie Lt. Maximillian von Steiner (Benno Fürmann) auf Seiten von Bauhaus nicht ahnen: Sie tragen ihr Gefecht genau über der verbuddelten Maschine aus. Durch ein heftiges Bombardement wird diese freigelegt. Im Nu fallen Mutanten über die Erde her. Die Führer der Menschheit um den weisen Constantine (John Malkovich) sehen nur eine Chance: die Flucht. Mit Hilfe von Raumschiffen wird die Erde evakuiert. Allerdings kann nur einen Bruchteil der Bevölkerung gerettet werden. Der Rest ist dem Tode geweiht. Da bittet der Geistliche Bruder Samuel (Ron Perlman) Constantine um einen Gefallen. Sein Orden, der über die Maschine wachen sollte, besitzt jene Chroniken, die ankündigen, dass ein Auserwählter die Maschine zerstören und die Menschheit retten wird. Samuel, der sich selbst für diesen Auserwählten hält, bekommt von Constantine die Erlaubnis, ein Team von Soldaten zusammenzustellen, um in das Herz der Maschine vorzudringen…

    Eine Verfilmung des Pen-&-Paper-Rollenspiels „Mutant Chronicles“ war schon seit einigen Jahren in Planung. Doch mehrere kontaktierte Regisseure - darunter Stephen Norrington (Blade, Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen), John Carpenter (Die Klapperschlange, Halloween) und Roger Christian („Battlefield Earth“) - lehnten ab. Schließlich zeigte Simon Hunter, der zuvor nur den Horror-Thriller „Lighthouse - Insel des Grauens“ abgedreht hatte, Interesse. Mit einem düsteren und klug geschnittenen Promotion-Trailer schaffte er es, den umtriebigen Produzenten Edward R. Pressman (Das Boot, American Psycho, Conan, The Crow) zu überzeugen, das Projekt ohne Beteiligung eines Studios zu finanzieren. Den Kontakten von Pressman sowie Hunters überzeugendem Promo-Trailer ist es zu verdanken, dass ein namhafter Cast für den Dreh zusammengekommen ist. Allerdings dürfte für diesen auch ein erheblicher Teil des Budgets draufgegangen sein, so dass an anderen Stellen der Mangel an finanziellen Mitteln nun umso deutlicher zutage tritt.

    Nach dem zu vernachlässigenden Intro gelingt Regisseur Hunter der Einstieg in die eigentliche Handlung noch recht ordentlich. Auf Schlachtfeldern, die sichtlich von WW1-Filmen beeinflusst sind und Assoziationen an die Schützengräben in Stanley Kubricks Meisterwerk Wege zum Ruhm wecken, tobt ein blutiger Krieg. Allerdings rückt dieser in den Hintergrund, als plötzlich ein neuer Feind auftaucht. Ab diesem Zeitpunkt fangen nicht nur die Probleme für die Helden des Films, sondern auch für Hunter selbst erst richtig an. Die Effekte geben nicht allzuviel her. Zum Beispiel ist das Make-Up der Mutanten ziemlich schlicht und einfallslos ausgefallen. Immer wieder versucht Hunter deshalb, seine begrenzten Mittel mit eindrucksvollen Bildern zu kaschieren. Das erweist sich allerdings teilweise als kontraproduktiv. Ausladende Kameraschwenks über eine zerstörte Endzeitwelt oder sepiafarbene Großstadtruinen wirken zwar einige Sekunden lang imposant (und durchaus kinotauglich), sobald die Kamera aber auch nur einen Moment verweilt, springt dem Zuschauer die Computerherkunft der Bilder ins Auge, was den gerade erzeugten Effekt wieder zerstört. Hunter ist zum Glück schlau genug, das Geschehen nach einiger Zeit zunehmend unter die Erde zu verlagern, wo solche Patzer deutlich seltener auftreten.

    Die Geschichte ist ein zusammengeklaubtes Sci-Fi-Sammelsurium. Hier ein wenig Endzeit und eine Alien-Invasion, dort ein paar Zombieelemente und Kriegsfilmanleihen, dazu viel religiöses Getöse. Eine durchdachte Entwicklung und neue Ideen hat das Skript von Drehbuchautor Philip Eisner (Event Horizon, „Feuerteufel - Die Rückkehr“) nicht zu bieten. Immerhin ist der Spannungsbogen in der ersten Hälfte gelungen, weshalb der Film in diesem Abschnitt noch recht kurzweilig ist. Dafür schleichen sich im zweiten Teil deutliche Längen ein, vor allem weil das Finale zu stereotyp abläuft. Die Actionszenen sind insgesamt ordentlich inszeniert, auch wenn die CGI-Effekte mangelhaft sind. Immerhin beweist der Regisseur, der ein paar nette Einfälle (etwa den stylishen Abgang eines Soldaten, der sich für seine Kameraden in einem Fahrstuhl opfert) unterbringt, ein ums andere Mal, dass er sein Handwerk beherrscht.

    Die einzelnen Charaktere sind größtenteils Stereotypen. Die Truppe, die offensichtlich unter Multi-Kulti-Geschichtspunkten zusammengestellt wurde, besteht fast ausschließlich aus den typischen Kampfkolossen und - zur optischen Aufwertung – sexy Amazonen. Die Einführung der Figuren ist platt. Mit pathetischer Erzählstimme werden sie steckbriefartig von Ron Perlman kurz vorgestellt. Anschließend reißt jeder noch einen Spruch, um zu zeigen, was für eine coole Sau er ist. Etwas mehr Hintergrund wird nur dem Charakter von Hauptdarsteller Thomas Jane (The Punisher, Der Nebel) zugestanden. Viel Potential wird verschenkt, weil kaum darauf eingegangen wird, dass Ron Perlman (Hellboy, Outlander) einen Priester spielt und damit eigentlich nicht in die Söldnertruppe passt. Das scheint den Machern zwar zwischendurch immer mal wieder kurz einzufallen (dann gibt es eine gefährliche Situation, in der seine Unerfahrenheit durchschlägt), im nächsten Moment gliedert er sich aber wieder in die Soldatenriege ein, als hätte er auch schon zig Schlachten geschlagen. Deutschland-Export Benno Fürmann (Nordwand, Nackt) bekommt etwas mehr Leinwandzeit als das Gros des Kanonenfutters, er reißt dabei aber lediglich eine Ansammlung von Deutschen-Klischees runter. Der einzige wirklich interessante Charakter ist die von Anna Walton (Hellboy – Die goldene Armee) verkörperte Severian, ein kein Wort sprechendes Mitglied des Ordens von Samuel, das aber mit dem Schwert besser umgehen kann als alle anderen. Severian wird von einer mysteriösen Aura umgeben und die Frage, welche Rolle sie für die Handlung eigentlich genau spielt, birgt zusätzliche Spannung. Die Auflösung enttäuscht dann aber. Der hochkarätige Charaktermime John Malkovich (In The Line Of Fire, Con Air, Burn After Reading) absolviert nur einen vergrößerten Cameo-Auftritt und ist nicht einmal fünf Minuten zu sehen. Aber ein so prominenter Name macht sich auf dem DVD-Cover halt immer gut.

    Fazit: „The Mutant Chronicles“ lockt mit für eine Direct-to-DVD-Produktion ungewöhnlich vielen vertrauten Namen, ist aufgrund der lahmen zweite Hälfte aber nur Trash-Junkies und Rollenspiel-Fanatikern wirklich zu empfehlen.

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