Geld stinkt nicht. Warum den schnellen Dollar nicht mitnehmen, wenn ihn der Markt hergibt? Doch auch wenn diese Motive menschlich verständlich sind, so ist ein derartiges Vorgehen im Filmgeschäft nicht immer das cleverste. Mit Saw schufen James Wan und Leigh Whannell aus dem Nichts einen Mythos. Der dreckige, kleine hundsgemeine Genre-Faustschlag eroberte sich eine kolossale Fangemeinde. Doch der Fehler, der schon bei der Fortsetzung Saw 2 gemacht wurde, wird mit Sequel Nummer zwei wiederholt. Die Gier, die Kuh im Jahresrhythmus gnadenlos und ohne Rücksicht auf Verluste zu melken (ja Teil 4 und 5 sind bereits angekündigt), schlägt sich negativ auf die Qualität aus. „Saw 3“, wieder unter der Regie des zweitklassigen No Names Darren Lynn Bousman, reduziert sich gänzlich auf die Markenzeichen des Horror-Franchise und lässt dabei jegliche Finesse und Innovation vermissen.
Der quälfreudige Serienkiller Jigsaw (Tobin Bell, In The Line Of Fire, Die Firma) ist einfach nicht tot zu kriegen, die Polizei bekommt ihn auch nicht zu fassen. Doch die schwere Krebserkrankung macht dem Berufssadisten schwer zu schaffen. Deshalb hat er sich auch rechtzeitig um eine Nachfolge bemüht. Die ehemalige Drogensüchtige Amanda (Shawnee Smith) ist Jigsaws gelehrige Schülerin. Ihre Gesellenprüfung steht ins Haus, die Ärztin Dr. Lynn Denlon (Bahar Soomekh) hat dies auszubaden. Sie wird gekidnappt und in Jigsaws Folterlabor verschleppt. Ihre Aufgabe: Sie soll den todkranken Krebspatienten am Leben halten. Als kleinen persönlichen Anreiz bekommt sie eine schmucke Halskrause umgelegt, die in direkter Verbindung mit Jigsaws Herzschlag reagiert. Wenn der Killer stirbt, stirbt auch Lynn. An der zweiten Front bekommt der verbitterte Vater Jeff (Angus Macfadyen, Braveheart) die Chance, sich für den Unfalltod seines geliebten Sohnes zu rächen. Jigsaw und Amanda präsentieren ihm Schlüsselpersonen, die für das Ableben mitverantwortlich sind, auf dem Silbertablett in Folterfallen. Jeff darf über Leben und Tod entscheiden...
Keine Frage, an der Kinokasse geht das Spiel der Macher ganz klar auf. Auch wenn „Saw 3“ mit zwölf Millionen Dollar exakt das zehnfache des Originals kostete, ist dieses Budget im Verhältnis zum Einspielergebnis, das sich aus dem Franchise pressen lässt, kaum der Rede wert. Doch leider steht das Konzept der Fortsetzungen filmisch nicht auf standfesten Beinen. Die Kernpunkte des Erfolgs haben Leigh Whannell, der an allen drei Drehbüchern beteiligt war, und seine Mitstreiter haargenau erkannt. Die Fans stehen auf die aberwitzigen, brutal-harten Folterszenarien und die Hammerschlag-artige Wendung zum Ende des Films. Doch wie schon bei Teil 2 wirkt die Konstruktion des Films zu überhastet. Darren Lynn Bousman ist ein Glückspilz. Weil sein Serienkiller-Skript zu „The Desperate“ thematisch passte, er dafür keinen Abnehmer fand und „Saw 2“ so schnell wie möglich vor die Kamera sollte, wurde das Drehbuch kurzerhand auf Jigsaw umgestrickt.
Teil 3 orientiert sich stilistisch wieder näher am Original und nutzt die beklemmende Enge der Räume voll aus. Doch dummerweise durfte sich Bousman noch einmal an der Regie versuchen. Die dünne Storyline ist selbstverständlich auch nicht sehr hilfreich. Das große Problem: Der Film reduziert sich nur noch auf die Markenzeichen. Dabei verkommen die expliziten Gewaltszenen jedoch zu purem Selbstzweck. Das altbekannte Höher-Schneller-Weiter-Motto kommt auch hier zur Anwendung. Der Blutzoll ist höher, die Gewalt noch ausufernder, das Tempo noch strammer. Doch diese Steigerung bringt dem Horror-Reißer rein gar nichts, weil sich daraus nur noch ein (Ekel)-Brei auf den Zuschauer ergießt. Der konstruierte Story-Twist am Ende wirkt mau und bemüht, ist meilenweit von der schockierenden Auflösung des Originals entfernt. Der Mangel an Sympathieträgern, die einzige stellt die von Bahar Soomekh (L.A. Crash) gespielte Ärztin dar, ist nicht gerade hilfreich. Jigsaw, der Foltermeister mit Gottkomplex, ist da auch keine Hilfe. Ihm fehlt als Antagonist einfach ein geeigneter Gegenspieler, stattdessen reiht sich von dröhnendem Industrial Metal angetrieben ein Folterszenario an das nächste. Die Folterkonstruktionen sind einfallsreich wie eh und je. Das machte auch Teil 2 ebenso gut und damit kann auch Nummer drei am meisten punkten, was dazu führt, dass die Hardcore-Fangemeinde auf ihre Kosten kommen wird. Ausgeklügelte Körpermasken, ein Opfer, das sich Metallhaken aus dem verketteten Körper reißen muss, ein Richter, der droht, an einem Dutzend pürierter Schweine zu ersaufen oder eine Frau, die in der Kältekammer harten Zeiten entgegen sieht... das ist der Stoff, aus dem die Genre-Träume sind.
Ein beliebtes Stilmittel im Horror-Genre kommt auch bei „Saw 3“ zur Anwendung: das Selbstzitat. Das geschieht in Form von diversen Flashbacks. Doch was sollen diese bewirken? Sowas wird allgemein für cool befunden, doch in der Praxis bringen sie Teil 3 keinen Schritt voran, es kann lediglich als löblich angesehen werden, dass versucht wird, ein paar alte Plotholes zu stopfen. Der Wiedererkennungswert ist da, doch als smarte Einbindung in die Storyline des Films versagt dieser Schachzug. Am besten ausgearbeitet ist noch die psychologische Verbindung Amandas mit Jigsaw, der den Junkie durch fragwürdige Methoden von der Drogensucht heilte, und dafür Hörigkeit verlangt. Hier ist wenigstens eine durchdachte Ausarbeitung der Charaktere erkennbar, auch wenn die endgültige Motivation Amandas, die eigene Erlösung mit dem Leben von anderen Menschen zu bezahlen, auf tönernen Füßen steht.
Was „Saw 3“ letztlich auszeichnet, ist seine hohe Intensität. Der Stresspegel des Zuschauers wird stets am Limit gehalten, was dem Werk auch Zuspruch einbringen wird. Die Mittel, mit denen dies erreicht wurde, sind nicht nur wenig elegant, sondern schlicht plump. Das war speziell bei Teil 1 und selbst bei Teil 2 nicht der Fall. Die Finesse geht dem zweiten Sequel komplett ab und schafft für die nächsten Filme der Serie ein ernsthaftes Problem. Was soll jetzt noch kommen? Der Härtegrad lässt sich kaum mehr effektiv steigern und das Tempo nicht konsumierbar erhöhen, ohne dass die Reihe zur eigenen Karikatur verkommt. Eine Rückbesinnung auf die Stärken des Originals würde notgedrungen im Selbstplagiat enden. Spannung verspricht diese Aufgabe allemal. Und das ist wenigstens das Schöne an diesem schnellen Schlagrhythmus. Auf die Antwort muss nicht lange gewartet werden, in einem Jahr wissen wir alle mehr...