Unkonventionell und erschreckend echt!
David Cronenberg ist einer der interessantesten Regisseure der letzten Jahrzehnte. Seine Body-Horror-Filme wie das großartige Remake von „Die Fliege“, begeistern die Fans düsterer Indie-Filme. Wobei Cronenberg auch seit dem „Fliege“-Remake deutlich mehr große Hollywood-Produktionen drehte. Einer davon war „Tödliche Versprechen“ von 2007. Das Gangster-Drama erlangte viel Lob und besticht durch einen erschreckenden Realismus. Doch was steckt hinter dem kühlen Thriller von Cronenberg?
Die Hebamme Anna lebt ein recht normales Leben. Doch eines Tages kommt eine schwangere, junge Frau ins Krankenhaus. Diese ist fast noch ein Kind und stirbt bei der Geburt, das Baby, ein kleines Mädchen, überlebt knapp. Ein Tagebuch der Mutter macht Anna stutzig. Sie kann es zwar nicht lesen, da es auf russisch geschrieben wurde, doch sie findet Hinweise, die auf eine Verbindung zu einem Restaurant in London führen. Der Eigentümer, Semjon, bietet Anna an, das Geschriebene zu übersetzen, doch das führt sie in eine düstere Spirale…
„Tödliche Versprechen“ gibt einen sehr authentischen und echten Blick in die Unterwelt der russischen Mafia. Viele der Szenen wirken nicht umsonst erschreckend kalt und emotionslos und das ist hier als Kompliment gemeint. Dazu die triste Optik eines verregneten Londons. Es gibt nur wenig Farbe, wenig Hoffnung in dieser hoffnungslosen Welt. Anna und auch das Baby der verstorbenen Tatiana sind hier die Ausnahme in der Geschichte. Sie stehen symbolisch für eine Parallelwelt, in der die meisten von uns leben, in der alles „normal“ ist. Nikolai hingegen ist als Figur extrem spannend, weil zwischen zwei Welten festhängt und man nie weiß, auf welche Seite er sich schlägt.
Das Gangster-Drama wirkt zunächst sehr geradlinig und scheint immer wieder in einige Klischees zu rutschen. Manche von denen bewahrheiten sich tatsächlich auch, aber das würde ich nicht unbedingt als großen Kritikpunkt benennen, da auf der Gegenseite auch viele Momente passieren, die man so nicht erwartet. Vor allem das Ende könnte viele überraschen und auch ich war zunächst überrascht, warum genau hier die Story beendet wurde. Doch Cronenberg und sein Autor Steven Knight schufen eine Geschichte, die wie aus dem echten Leben herausgerissen scheint. Eine Geschichte, die wie ein kleiner Auszug aus dem Leben echter Menschen wirkt. Man weiß, dass es danach weitergeht für bestimmte Charaktere und wahrscheinlich auch wie es weiter geht.
Sehr prägend für den Film, ist der Einsatz von Tattoos, die im Film wie ein offenes Buch für die Figuren funktioniert. Nikolai ist das Paradebeispiel hierfür, als er nackt in einer Sauna um sein Leben kämpft.
So durchdacht und realistisch das Ganze auch ist, so muss ich doch gestehen, dass der Film mich emotional am Ende dennoch etwas leer zurück gelassen hat. Ein bisschen mehr Background für manche Figuren hätte vielleicht dem Ganzen noch mehr Kraft gegeben…
Schauspielerisch gibt der Cast hier alles! Viggo Mortensen wurde zurecht für den Oscar nominiert hier und selbst Naomi Watts kann in ihrer etwas eingeschränkten Rolle überzeugen. Vincent Cassel und auch der deutsche Armin Mueller-Stahl sind beide großartig und machen diese Welt der russischen Kriminellen glaubwürdig und dreidimensional. Zudem gibt es zwei kleinere Rollen, die von „Game of Thrones“-Darstellern verkörpert werden.
Wie gesagt ist der Film optisch kühl gehalten, die Kameraarbeit von Peter Suschitzky ist sehr solide, aber eindrucksvoll. Vor allem überzeugt ein sehr tragischer Score von Howard Shore.
Fazit: „Tödliche Versprechen“ ist ein unkonventionelles, aber kraftvolles Drama über die russische Unterwelt in London. Starke Schauspieler und spannende Themen machen diesen Film absolut sehenswert!